Gesellschaft

sechzehnter vierter

Zweitausendelf

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Genau eine Woche ist jetzt vergangen, dass sich mein Familienstand offiziell geändert hat und die Flughafendurchleuchtungsanlage einen Ehering am Finger meldet. Der letzte Dienstag war ein sehr schöner Tag, die Bilder haben Sie im Kittyblog gesehen. Gefreut habe ich mich über die zahlreichen Glückwünsche. Echte Followerpower eben. Danke dafür.

Vorgestern hatte ich nun angekündigt, etwas zum Datum zu schreiben. Sechzehnter Vierter, 16.04. Nun, das ist kein Zufall. Aufmerksame Leser und Follower von Miz Kitty und mir haben es mitbekommen, dass wir uns ja zum ersten Mal im Keller eines Supermarktes, im Kaisers am Kotti, begegnet sind. Das war am 10. März 2011, das darf ich Ihnen gerne verraten, das wissen Sie nämlich schon. Miz Kitty schrieb darüber, lesen sie dort. Wir hatten nämlich ein Jahr später, am 10. März 2012, zum Flashmob anlässlich des Einjährigen aufgerufen. Gleicher Ort, bei Kaisers im Keller, danach gleiche Bar in der Dresdner Straße, nur eben ein Jahr danach und mit Duo-Infernale-Einlage zu später Stunde. Vorsichtshalber haben wir den Flashmob dann dieses Jahr ausfallen lassen…

Am 10. März haben wir uns also zum ersten Mal gesehen. Wenn man sich dann so kennenlernt und sich etwas anbahnt, gibt es natürlich weitere Meilensteine. Der 16. April 2011 wurde zum sehr wichtigen Datum für uns. Ich kann das so genau rekonstruieren, weil am Abend des 16. eine Party zum Abschluss der re:publica stattfand, im Haus der Sinne in der Ystader Staße, nicht weit entfernt von meiner Wohnung am Zionskirchplatz. An diesem Abend waren wir dort und lernten den Herrn Beethoven und den Herrn Ennomane kennen.

… Also zwei Jahre später geheiratet. Ziemlich den ganzen letzten Dienstag über habe ich immer wieder daran gedacht, was ich vor exakt zwei Jahren gemacht habe. Um elf Uhr aufgestanden, die halb leere Wohnung gestyled. Miz Kitty die Wohnung gezeigt, Einkaufen bei Kaisers, diesmal nicht am Kotti, sondern um die Ecke am Teuto(burger Platz). Kochen, Essen mit diesen total heruntergekommenen Ikea-Messern, in denen die Schneide nur so klapperte. Twitter-Party in der Ystader, zurück,… Und jetzt. Hochzeit, Essen im Vau, Hotel de Rome,… Glücklich. Irre, was zwei Jahre ausmachen.

Gesellschaft

Alles sehr aufregend…

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Glücklich Verheiratet

Nun, seit letzten Dienstag bin ich Ehemann, mein erstss Mal. Im Standesamt Zehlendorf flutschte das Zwei-Buchstaben-Wort genauso flink wie das Aufstecken der Ringe. Ich habe Miz Kitty geheiratet und wir sind sehr glücklich. Ich wette, sie haben es schon ausfürlich im Blog von Miz Kitty gelesen und die Fotos gesehen, hier. Ein paar Details zum letzten Dienstag habe ich noch in petto, z.B. wie wir genau zum Datum des 16.04. gekommen sind. Das erzähle ich Ihnen im Lauf der Woche. Bleiben Sie dran…

Gesellschaft

Ja, nich!

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Aufregend ist die ganze Sache schon etwas

Nun, man heiratet ja nicht soo oft im Leben. Nach christlicher Lehre sowieso nur einmal, wobei es manch einer auch auf fünf bis sechs Mal schafft. Dazu gehöre ich nicht. Es ist mein erstes Mal. Vielleicht daher diese angenehme Aufgeregtheit.

Dienstag ist es soweit. Einen kleinen Ausblick gebe ich Ihnen schon mal. Wenn Sie bald Edelmetall am Finger sehen, so richtig goldgelb, pur sozusagen, dann bei mir oder bei Miz Kitty. Gestern Nacht haben wir beide unabhängig voneinander einmal heimlich probiert. Sehr schön, ein gutes Gefühl. Wie auch sonst alles.

Gesellschaft

Sportunterricht – Einfach abschaffen

Peer Steinbrück, eher Zählkandidat als nächster Bundeskanzler, äußerte sich nach einem Bericht der Welt gestern zum getrennten Sportunterricht für muslimische Jungen und Mädchen. Sportunterricht, weltfremdes Sommerlochthema, könnte man denken.

Nun, was hab ich damit zu tun? Das Wort Sportunterricht triggerte mich an, als ich die Nachricht heute Morgen in der Timeline las. Mein schlimmstes Fach, verständlich für ein damals dickes Nerdkind. So fragte ich kurz im Büro: »Wie war das eigentlich früher mit Sportunterricht?« – »Grauenvoll«, kam es zurück. Bestätigung für mich. Hier mein Statement dazu, das ich schnell twitterte: »Ganz ehrlich, ich bin fürs Abschaffen des Sportunterrichts. Eine Kette von Demütigungen, die die Welt nicht braucht.« Wohl kein Unterricht ist demütigender und deklassierender für spätpubertierende dickliche Nerdkinder. Stress pur, und die zwei Wochenstunden Sport machen einen auch nicht beweglicher und gesünder. Eher im Gegenteil, Schulsportunfälle lassen grüßen. Wollen wir uns das antun? Wollen Sie ihren Kindern das antun?

Keine Frage, Bewegung ist gesund und wichtig. Das hab ich nach diesen Negativerfahrungen dann ganz alleine entdeckt und wurde zum Marathonläufer, mit 36. Vielleicht hätte ich ohne diesen leidigen Schulsport 10 Jahre früher damit angefangen. Wahrscheinlich.

Schaffen wir ihn einfach ab, diesen Sportunterricht. Oder machen daraus ein Wahlfach ohne Noten, für diejenigen mit erhöhtem Bewegungsbedarf. Das würde der Psyche vieler Jugendlicher gut tun.

Gesellschaft · Reisen

Nach Madeira, oder zu den Kanaren

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Mit dem Reisebuch anno 1928 – Hier als epub

Beim Wiener Schnitzel entstehen ja bekanntlich nicht nur gute Ideen, sondern auf dem Weg dahin gibt es manchmal auch einiges Inspirierendes. So fand ich letztens, als wir auf dem Weg ins Alt Wien waren, eine Kiste mit Büchern, die nette Menschen so vor die Tür stellen, damit die Bücher vielleicht noch einen Liebhaber finden. In dieser Kiste fand ich neben einigen eher uninteressanten Taschenbüchern einen Reiseführer von 1928. »Führer für Mittelmeerfahrten, nach Madeira und zu den Kanarischen Inseln« steht auf dem Buch.

Solche Bücher habe ich früher gesammelt, baue im Moment jedoch meinen Fundus immer mehr ab. Nun, das Herz siegte an diesem Abend. Ich nahm das Reisebuch mit. Sehr interessant, auch die Anzeigen im hinteren Teil des Buches. Madeira und die Kanaren mit ihren Hotels und Etablissements in längst vergangener Epoche. Als Flugreisen und Massentourismus noch unbekannte Worte waren und der Besuch dieser schönen Inseln fast nur Besserverdienenden und Wohlhabenden vorbehalten war.

Herausgegeben wurde das Reisebuch von der Woermann-Line und der Deutschen Ostafrika-Linie. Klar, nach Madeira und auf die Kanaren reiste man damals per Schiff. Und so gibt es in dem Buch ganz selbstverständlich einige Informationen zu den Hafenstädten, die zwar weitab von Mittelmeer und Kanaren sind, in denen man aber auf dem Weg dorthin Station machte. Rotterdam, Lissabon und auch Southampton, um nur die größeren zu nennen.

ZEITREISE 1928

Natürlich frage ich mich immer bei so alten und gut benutzen Büchern, wer sie besessen und benutzt hat, wer es war, der die handschriftlichen Anmerkungen einst gemacht hat. Wie war er unterwegs, und in welcher Mission? Ein wohlhabender Privatier, ein Kaufmann, der in der Ferne Geschäfte macht? Spekulationen, aus denen ich mir Geschichten zusammenspinnen kann. Zeitreise 1928. Dampfer fuhr man damals, und die großen Passagierdampfer hatten Personal und Unterhaltungsangebot, das heute manch‘ Kreuzfahrer relativiert (das brauchte man auch z.B. bei einer Atlantiküberquerung, damit die Fahrgäste genügend Kurzweil hatten, bei 10 Tagen nur Wasser).

Damit Sie mitkommen können auf diese Zeitreise ins jahr 1928, habe ich Ihnen ein eBook von diesem Reisebuch gemacht. Ein sogenanntes »fixed-layout-ebook«. Im epub Format, das sehr schön zum Lesen mit dem iPad geeignet ist. Probieren Sie es aus. Öffnen Sie das Reisebuch in iBooks, blättern Sie, lesen Sie, schauen Sie Anzeigen aus alter Zeit… Und falls Ihr Reader nicht mit fixed-layout-ebooks kann, dann gibt es noch ein PDF.

» zum eBook (fixed-layout-epub, optimiert für iPad)
» zum PDF

SATZ UND TYPO, ANNO 1928

Bei der Produktion des eBooks habe ich mich entschieden, direkt die Scans der Seiten zu verwenden. Damit sind die Seiten 1:1 wie im Original abgebildet, bis auf die letzte Pore im Papier. Typo, Schriftsatz, Lesbarkeit, alles anno 1928. Buchdruck, Bleisatz. Mit den Schriften, die man als Druckerei hatte, und Papier sparend. Sie werden mir zustimmen, dass heute jedes Buch und jedes klassische eBook im floated-layout-Stil besser lesbar ist. Bücher waren damals teuer. Es gab nicht soo viele und man hatte nicht soo viele davon. Man konnte langsamer lesen – und musste dieses ob der Typo oft sowieso – und las damit auch bewusster.

PS: Das eBook, in dem eine Reise nach Südamerika anno 1924 beschrieben ist, und das ich vor eniger Zeit schon vorgestellt hatte, gibt es hier im epub– oder hier im mobi-Format zum Download.

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Design & Typo · Gesellschaft

Buchmesse & Autorenrunde

Gestern war ich mit Miz Kitty auf der Buchmesse in Leipzig. Vor einiger Zeit hatte Leander Wattig, der das Portal wasmitbuechern.de betreibt und die pub’n’pub-Veranstaltungen in Frankfurt (und manchmal auch in Berlin) organisiert, zur Leipziger Autorenrunde eingeladen. Ziel dieser Veranstaltung war ein Zusammenkommen von hauptsächlich Autoren und anderen, die am Veröffentlichen von Büchern beteiligt sind. Da Miz Kitty ja schon lange bloggt, kreative Freiberufler berät (dabei auch Hörbuch-Sprecher und Slam-Poetristen), selbst noch das ein oder andere Manuskript hat, und ich mich mit eBook-Produktion und eBook-Anwendungen befasse, sind wir nach Leipzig gefahren. Zusätzlich wollten wir natürlich über die Buchmesse schauen.

Die Leipziger Autorenrunde war für uns beide ziemlich inspirierend. Vor allem, weil hier nicht wie üblich Vorträge präsentiert wurden, sondern die Form der Rundtisch-Gespräche gewählt wurde. An 10 runden Tischen mit jeweils ca. 12 Plätzen gab es jeweils einen Experten oder eine Expertin, der/die ein Thema kurz vorstellte. Danach kam die kleine Runde schnell ins Gespräch. Diese Idee der Roundtable-Gespräche war es wohl, warum die Veranstaltung so rockte. Ich habe einige interessante Impulse mitgenommen, eine Sache wirkt unmittelbar auf’s eigene Stories-&-Places-Projekt. Außerdem ist es doch immer schön, wenn man anderen selbst mit kleinen Infos weiterhelfen kann. Danke für dieses Event, das hoffentlich im nächsten Jahr wiederholt wird.

Insgesamt bestätigte mich Buchmesse und Autorenrunde darin, dass sich in der Verlagswelt in der nächsten Jahren viel Grundlegendes ändern wird, mehr als sich viele im Moment eingestehen wollen. Der billigste eBook-Reader kostet zur Zeit 59 Euro. Da ist es abzusehen, wann er Taschenbuchpreis erreicht hat. Und notfalls (wenn wir denn ganz kopflos vorhandenes Equipment vergessen haben) kaufen wir dann am Bahnhofskiosk oder im Urlaubsort diesen dann 19,90-Euro-eReader, ziehen schnell unsere eBooks und eMagazines aus der Cloud darauf und lesen los, ohne Bücher mitzuschleppen… Darüber in einem späteren Blog-Beitrag hier mehr.

Ach ja, zudem waren gestern auf der Buchmesse noch jede Menge Cosplayer unterwegs, von deren Outfit und Auftritt Kitty sehr angetan war. Wäre sie doch wohl selbst Cosplayer geworden, hätte es diesen Trend damals schon gegeben. Schön anzuschauen. Vielleicht bloggt Kitty ja einige Fotos, die sie gemacht hat.

Gesellschaft

Digital — Danke, und schnell weg…

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Im Moment arbeite ich immer öfter mit iPad und iPhone und setze so nach und nach konsequent mein papierloses Büro um. Deshalb habe ich mir inzwischen auch die APP zur Speicherung von Online-Tickets der Deutschen Bahn auf dem iPhone installiert. Ein sehr praktisches Tool, muss ich Fahrkarten dann doch nicht ausdrucken.

Nun sitze ich gerade im Zug von Leipzig nach Berlin. Der Zugbegleiter naht, schiebt die Tür des Zugabteils auf und fragt mit dem bahntypischen Standardspruch »Hier noch jemand zugestiegen?«. Ich hatte ihn kommen sehen und halte ihm meine Bahncard und das iPhone griffbereit hin. Auf dem Display des iPhone leuchtet hell das QR-Code-ähnliche Muster und wartet darauf gescannt zu werden. So als hätte ich ihm irgendwelches giftiges Teufelszeug gezeigt, sagt der Mittfünfziger blitzschnell »Danke«, klappt die Tür des Zugabteils genauso blitzschnell wieder zu und verschwindet auf Nimmerwiedersehen…

Gesellschaft

»Ich erzähle euch mal, wie toll das da ist«

BLOGHYPE

Reiseblogger ist sicherlich eines der Wörter, die ich in der letzten Woche oft gebraucht habe. Dieser Art des Bloggens, den Hintergründen und Verflechtungen wollte ich auf die Spur kommen und besuchte dazu vorgestern die ITB. Klare Erkenntnis: Sie sind hype, die Reiseblogger. In 2012/2013 haben die Touristik-Unternehmen, Destinationen und Ausrüster die Blogger entdeckt.

HOLZMEDIEN

In den Redaktionen der Holzmedien gibt es Reisejournalisten, die den Reiseteil der Zeitung regelmäßig füllen. Ganz ehrlich sind sie oft richtig schlecht, besonders wenn sie für Lokal- und Regionalzeitungen schreiben. Ihre Artikel werden bei heutigem Informationsangebot kaum noch als Mehrwert empfunden. Der Reiseteil schrumpft langsam und sicher in Umfang und Qualität, wie manchmal auch die ganze Zeitung.

HINTERGRÜNDE

Grob gesagt funktioniert es so: Touristik-Unternehmen oder Destinationen laden über ihre PR-Agenturen zu sogenannten Presse-Reisen ein. Ziel ist, dass die mitfahrenden Journalisten darüber schreiben. Ein paar Unwägbarkeiten sind natürlich dabei, der Journalist muss am Leiter des Reiseressorts vorbei, und vielleicht wird sein Text einfach nicht gedruckt. Deswegen nimmt man am liebsten Redaktionsleiter mit, da die gute Platzierung der Destination im Reiseteil dann gesichert ist. Einem geschenkten Gaul – sprich einer Presse-Reise mit diversen Annehmlichkeiten – schaut eben keiner ins Maul und schreibt dann auch nicht über die faulen Zähne.

Dieses System von Presse-Reisen funktioniert in Zeiten von Internet, Facebook und sterbenden Holzmedien immer noch, bröckelt aber ziemlich. Journalisten muss man etwas bieten, denn auch die Konkurrenz bietet Presse-Reisen an. Und der gedruckte Text ist zwei Tage später im Altpapier.

Gleichzeitig bricht das System Reisebüro zusammen. Man muss nur abzählen, wo früher in der Großstadt überall ein Reisebüro war und wo heute noch eines ist. Wer bucht noch eine Reise im Reisebüro? Die, die es noch gibt, sind inzwischen weit davon entfernt, dass Mitarbeiter dort schon einmal in den wichtigsten Destinationen waren und ernsthaft beraten könnten.

Die klassischen Kontaktkanäle der Touristiker und Destinationen zu ihren Zielgruppen versanden also zunehmend. Internet und Apps sind hinzugekommen, können jedoch die persönliche Ansprache kaum ersetzen. Was also tun?

VIRALES MARKETING & CROWDSOURCING

Entdeckung der Blogger. Immer wieder gibt es meist junge Globetrotter, die über ihre subjektiven Reiseerlebnisse bloggen. Oft nur aus dem Grund, die Daheimgebliebenen auf dem Laufenden zu halten. Oder aus Spaß am Schreiben und Fotografieren. Engagierte Laien eben, jedoch oft nicht unbegabt. Denn wer mit Anfang 20 Weltreisen macht, gehört nicht zur Minderintelligenz. Manchmal können sie besser schreiben als der Reisejournalist der Lokalzeitung. Man entdeckt ihr Potential, lädt sie ein, finanziert ihnen die Reisekosten, bietet ihnen Presse- oder Blogger-Reisen an, rüstet sie gratis mit Fotomaterial aus, und schnell ist das Spiel mit dem geschenkten Gaul und dem Artikel über die schönsten weißen Zähne desselben verstanden. Blogbeitrag folgt garantiert. Den lesen zwar nicht sofort so viele, er verschwindet jedoch im Gegensatz zum Reiseteil der Zeitung nicht nach zwei Tagen im Altpapier, sondern steht allzeit bereit im internet, wird durch Google gefunden, etc. Von diesem Sponsoring kann sicher keiner leben, sich aber wohl von Destination zu Destination hangeln, Kost und Logis oft frei. Gegen Blog-Artikel, wohlmeinende Blog-Artikel natürlich.

REISEBLOGGER

Es gibt durchaus eine ganze Reihe Reiseblogger, die dieses Spiel letztlich gekaufter Beiträge – ich nenne sie mal informelle Auftragsarbeiten – nur sehr moderat mitspielen. Vielleicht, weil sie kompetenzmäßig etwas vorzuweisen haben, weil sie Storytellung und Content-Arrangement ganz gut beherrschen, weil die Story von den Zähnen des Gauls tatsächlich rockt, wenn sie die erzählen. Weil sie es nicht nötig haben, sich kaufen zu lassen zudem offen angeben, dass sie zur Reise eingeladen wurden, über die sie schreiben.

FAULE ÄPFEL IM SACK

gibt es überall und schaden dem ganzen Sack. Auch bei den Reisebloggern. Die beschädigen die Reiseblogosphäre, wenn nicht sogar die ganze Blogosphäre. Erkennungsmerkmal: In Ich-Form nachgebetete Pressetexte mit Pressefotos und gesponsorten Links dazwischen, null Storytelling-Charakter. Keine Angabe, wo in informeller Auftragsarbeit über gesponorte Reisen geschrieben wird. Dafür jede Menge Links und im Impressum vielleicht noch Mediadaten mit Klickraten. Bitte, wer möchte so ein Blog lesen?

KEINE SELBSTREGULIERUNG

An eine Selbstregulierung hinsichtlich – literarischer und fotografischer – Qualität glaube ich nicht. Dafür steht die Auftraggeberseite im Weg. Großunternehmen, oft mit Marketingmanagern, deren Qualitätskriterien nicht Storytelling und individuelle Reiseerlebnisse sind, sondern Klickraten, SEO und der ständige Focus auf die Destinationen und Angebote des Unternehmens. Wie sagte Mario Köpers, Executive Director Unternehmenskommunikation der TUI, in einer Diskussionsrunde zu Reisebloggern vorgestern auf der ITB: Der Blogpost über den Töpfer aus Timbuktu ist uninteressant, der Blogpost über das Pura Vida Ressort auf Mallorca dagegen sehr. Da wissen wir, worüber bald mehrere schreiben, und auch, warum gerade darüber.

GETÄUSCHT

Bei bestimmten publizistischen Angeboten merken wir ganz schnell, wenn Sponsoring im Spiel ist. Beim Automagazin oder beim Computermagazin zum Beispiel. Dort ist von vornherein klar, dass die Geräte kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Und wenn viele Hersteller ihre Produkte für Tests und Reportagen zur Verfügung stellen, relativiert es sich natürlich, stromlinienförmig den Sponsoren nach dem Munde zu schreiben.

Bei Blogs ist die Wahrnehmung eine andere. Blogs sind publizistische Do-it-yourself-Angebote mit meist recht individuellen und subjektiven Inhalten. Mit einer One-Man-Show dahinter. Wir lesen Blogs, um an Erlebnissen der Menschen dahinter teilzuhaben. Weil wir spannend finden, was dieser Blogger schreibt, was er erlebt, was ihn bewegt. Und wenn wir dann plötzlich – vielleicht zufällig – feststellen, dass dieser Blogger positiv über etwas schreibt, ohne offen zu legen, dass er es geschenkt bekommen hat, wenn er lobend über eine Destination schreibt, ohne offen zu legen, dass ihm Reise und Aufenthalt bezahlt worden sind, dann fühlen wir uns zurecht ziemlich getäuscht. Ha, habe ich immer mal wieder mitgelesen, was der für Erlebnisse in der großen weiten Welt hat. Und jetzt stellt sich raus, dass war ein informeller Auftragstext, und die Nikon Dxy, mit der er die Bilder gemacht hat und von der er so positiv schreibt, die ich schon in meiner engeren Wahl hatte, die hat er geschenkt bekommen. Aha, auch ein informell positives Platzieren der Kamera, gesponsort von Nikon. Bitte, wer lässt sich denn gern so täuschen?

ANTI–FAKE–KODEX

Dass diese Täuschung ganz schnell nach hinten kippt, wissen Reiseblogger selbst sehr gut. Nicht umsonst haben sie sich den Reiseblogger-Kodex verordnet. Ob den nun alle einhalten und ob man das wirklich prüfen kann, sei mal dahingestellt. Außerdem, nehmen wir mal an, da schreibt jemand kodex-vorbildlich zu Beginn seines Artikels, er sei durch die Destination eingeladen worden. Möchte ich das dann noch lesen? Möchte ich einen Text lesen, der unbewusst schnell in eine Richtung abgleitet, ähnlich wie man manchmal zähneknirschend eine Referenz für jemand schreibt, der einen im Gegenzug großzügig bedenkt? Das muss dann schon ganz große Story-Qualität sein. Gibt es zweifellos, aber wie oft?

PFERDE SIND SCHNELL TOT

Dieses virale »Ich erzähle euch mal, wie toll das da ist«-Undercover-Promoten einer Destination oder eines Touristik-Angebotes kann ganz schnell der Hype von gestern sein. Vor allem auch, weil Blogs erst ab den mittleren Bildungsgraden aufwärts gelesen werden, die solche Täuschungen schnell erkennen. Das Pferd ist dann schnell tot. Genauso wie heute keiner mehr Scripted Reality TV mehr sehen will.

Ehrlich gesagt finde ich das für die oben beschriebenen Reiseblogger und die Destinationen, die diese informellen Auftragsarbeiten fördern, nicht schlimm. Es gibt doch keinen Grund, dass wir uns diese Pseudo-Erlebnisse unterjubeln lassen. Eigentlich gut, wenn sich so etwas schnell totläuft.

Und um Euch guten Reiseblogger, die Ihr gut Schreiben könnt und das Storytelling beherrscht, mache ich mir keine Sorgen. Eure Texte werden gebraucht, auch im Tourismusbereich. Unerheblich, in welchen Medien die dann publiziert werden. Gesponsorter Reiseblogger ist ohnehin kein Job für Menschen über 35. Ok, ab 55 kann man das dann wieder machen, aber ohne irgendwelche Informellen Gegenleistungen für Einladungen, versteht sich.

INDIKATOREN

Auffällig finde ich in vielen Reiseblog-Beiträgen – verglichen mit Urlaubsberichten in anderen Blogs –, dass dort Erlebnisse auf der Hinfahrt und Rückfahrt kaum Thema sind, ebenso nicht größere Pannen (Zug verpasst, Krankheit, verspätet zum Flughafen, etc.). Das sind doch gerade prägende Urlaubserlebnisse. In vielen Reiseblogs Fehlanzeige. Genauso fehlen oft Bilder von Partnern und Mitreisenden. Ok, wenn jemand eingeladen ist und Hinreise sowie Abreise stramm durchgebucht sind, kann er nichts schreiben über Erlebnisse während dieser Zeit? Und zur Blogger-Reise wird man nicht als Pärchen eingeladen. Da bildet die Story vom demolierten Mietwagen auf Island, Ausreiseverbot, etc. schon eine wirkliche Ausnahme.

LESEN SIE SELBST

Das waren einige Ansichten zum System Reiseblogger. Unabhängig und subjektiv, so wie sich das für einen Blogger gehört. Machen Sie sich selbst ein Bild, googlen Sie nach Reiseblogs oder Reiseblogger und lesen Sie dort.