Gesellschaft · Reisen

Altenbeken, Oebisfelde, Bebra, Ohligs

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Orte, die Sie vermutlich schon gelesen haben und in denen Sie noch nie waren – es sei denn, Sie wohnen dort. Eisenbahnorte, genauer gesagt: Eisenbahnknoten. Sie bilden mit dem Schienennetz das Rückgrat der Eisenbahn. Es gibt sie bereits seit frühen Reichsbahnzeiten. Die Liste der Eisenbahnknoten ist lang. Einige liegen inzwischen im Ausland, andere gibt es längst nicht mehr und wieder andere sind zwar noch Knoten, allerdings in der überregionalen Wahrnehmung verschwunden, da sie nur noch ohne Halt durchfahren werden.

Was ist so besonders an den Orten mit Eisenbahnknoten? Die größeren fallen praktisch nicht auf. Warum sollen sich in einer Großstadt, in der sich sowieso alles tummelt und kreuzt, nicht auch Eisenbahnen treffen und kreuzen? Das ist nur logisch. Anders ist es mit den Eisenbahnknoten, die Kleinstädte sind und meist irgendwo in der Provinz liegen. Ihre Namen werden oft im gleichen Atemzug mit größeren Orten genannt. Meist ist man nur durchgefahren, höchstens aber umgestiegen.

Altenbeken fällt mir spontan dazu ein, in der Region, in der ich aufwuchs. Oder Oebisfelde, Bebra und Solingen-Ohligs. Gestern sprachen wir über den Ort Oebisfelde und deswegen gibt es jetzt diesen Blogbeitrag. Eisenbahnort, war meine erste Assoziation, Grenzort sodann meine zweite.

Seit Kindertagen schwirren mir diese Ortsnamen im Kopf herum. Niemals war ich dort. Gelesen habe ich sie auf Zuglaufschildern, in Kursbüchern und Fahrplänen. Schon damals faszinierten sie mich, weil sie in einer Reihe mit oft viel bedeutenderen Städten zu lesen waren.

In unserer Familie wurde nicht mit der Bahn gereist. Das machte die westdeutsche Mittelschicht in den 70ern nicht mehr und bei uns erst recht keiner. Alle waren ziemlich Auto-affin und Bahnreisen galt als Synonym für zugige Bahnsteige, unverständliche Lautsprecherdurchsagen, ewiges Warten oder schnelles Rennen nach dem Anschlusszug und sich ein Zugabteil mit fremden Leuten teilen zu müssen. Wie kommod war da das Auto doch. Zum Reisen mit der Bahn bin ich daher erst kurz vor Ende meines Studiums gekommen.

Allerdings war ich als Kind öfter auf dem Bahnhof, denn mein Großvater war Bundesbahnbediensteter gewesen, dort allerdings eher mit Autos befasst, als mit Zügen. Und mein Großonkel war noch im Dienst, als Zugführer. Da wurde dann vorher geschaut, wann der Onkel im Bahnhof war, ihn abgepasst, und immer gab es dort auch noch Bekannte von den Großeltern zu treffen. Die Arbeitsdichte war damals noch nicht so hoch.

Das war also mein kindliches Bahnerlebnis. Statt selbst mit der Bahn mitzufahren, den Onkel im Bahnhof zu treffen und dabei Lokomotiven und große, lange Personenzüge zu bewundern. Dieser Bahnhof ist ein großer und liegt an einer wichtigen Ost-West-Fernbahnstrecke, die schon vor dem ersten Weltkrieg vierspurig ausgebaut wurde. Auf dem Bahnhof gab es immer einiges anzuschauen, und freilich wollten alle Bekannten und vom Sehen her Gekannten von Großeltern und Onkel mir als Kind die großen Lokomotiven, Führerstände von Rangierloks, Bremsen an Güterwagen und so weiter zeigen. Bis bis hin zum Dienstmütze aufsetzen, Trillerpfeife und Kelle inklusive. Hätte es damals Smartphones mit Kameras gegeben, es gäbe mit Sicherheit Bilder davon. Was ich bei diesen Besuchen jedoch nicht erlebt habe, waren Dampfloks. Die gab es zwar damals in Deutschland noch, hier jedoch nur noch selten.

Später, als Schulkind, als ich schon ganz gut lesen konnte und die wichtigsten deutschen Städte vom Hören und Lesen sowie aus dem TV kannte, habe ich mich immer gefragt, wo die Orte sind, die manchmal auf den Zuglaufschildern zwischen richtig großen und bedeutenden Städten zu lesen waren. Auf dem Bahnhof hieß es dann manchmal: Das ist ein D-Zug, der kommt von weit her und fährt schnell. Manchmal auch: Der fährt durch die Ostzone bis nach Berlin.

Die Ortsnamen, die mich so faszinierten, las ich auch in den Zugläufen in den den alten Kursbüchern und Fahrplänen, die ich von Nachbarn bekam, die ebenfalls bei der Bundesbahn arbeiteten. Zum Beispiel Solingen-Ohligs, auf der Strecke nach Köln. Solingen, das war ein Begriff, das stand früher in Westdeutschland auf jeder ordentlichen Schere, aber Ohligs? Das wäre ein Ortsteil, erklärte man mir.

Später, in Studienzeiten in Hannover, war es Bebra, dass ich auf den Zuglaufschildern zwischen den größeren Orten wahrnahm. Oder Oebisfelde, beides Grenzbahnhöfe „in die Ostzone“. Längst wusste ich, es sind eigentlich bedeutungslose Provinzorte. Orte, die eben nur Eisenbahnknoten sind, mit Umsteigebahnhof, mehr nicht. Orte, denen der Eisenbahnknoten dazu verhilft, dass man sie in einem Atemzug mit viel größeren, bekannten Orten nennt oder in eine Reihe schreibt.

Oebisfelde. Zack, da war sie wieder, gestern, die Erinnerung an alte Kursbücher und Fahrpläne. Ich begann, etwas zu Eisenbahnknoten zu recherchieren. Dieses und jenes findet man im Netz dazu. Jeder dieser kleinen Eisenbahnknoten-Orte hat eine Eisenbahngeschichte und heute mindestens einen Verein, der sich darum kümmert und machmal auch ein Buch darüber herausgegeben hat, für Eisenbahn-Romantiker und Schienenjunkies. Schön.
Nur eine Klammer, die das Merkmal des kleinen, unbedeutenden Ortes mit großem, bedeutendem Eisenbahnknoten aufgreift, so etwas gibt es nicht. Kein Coffeetable-Bildband und keine Internetseiten über diese Knotenpunkt-Städte und ihre unterschiedlichen Entwicklungen, wo es doch Regal-Kilometer an Eisenbahnliteratur gibt. Schade.
Lesen wir sie also weiter auf den Zuglaufschildern und Zuganzeigern. – Und das inzwischen auch nur noch bei den nicht so schnell den Zügen, denn ICEs sind Flugzeugkonkurrenz, sie halten nicht in Eisenbahnknoten, die zu einer Stadt gehören, in der nur ein paar 1000 oder ein paar 10.000 Menschen leben.

Ach, vielleicht interessieren Sie ja vielmehr die Orte, nach denen Autobahnkreuze oder Autobahnraststätten benannt sind. Die sind oft genauso unbedeutend. Jeder kennt ihren Namen, nur keiner war schon einmal richtig dort.

Gesellschaft · Reisen

Elbeschwimmen 2015

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Schön, wenn sich schöne Dinge wiederholen. So war es heute mit dem Elbeschwimmen in Dresden, über das ich heute wort- und bildreich schreiben könnte. Das habe ich jedoch schon letztes Jahr ausführlich getan, im Freistilstaffel-Blog, dem ersten deutschen Gemeinschafts-Schwimmblog. Lesen Sie hier, und am besten dort den Bericht von Miz Kitty gleich mit.

Heute lief es genauso wie im letzten Jahr ab und war ebenso schön und entspannend, sich über die 3,5 Kilometer vom Blauen Wunder bis zum Fährgarten Johannstadt treiben zu lassen. Anschließend gab es noch ein kleines Bloggertreffen im Fährgarten. Alles in allem ein schöner Sonntag.

Falls Sie dann in der Freistilstaffel gelesen haben, auf den Geschmack gekommen sind und sich im nächsten Jahr auch im Strom treiben lassen möchten: Das Elbeschwimmen 2016 kommt im nächsten Sommer so sicher wie Ostern und Weihnachten. Der Termin steht immer schon Anfang des Jahres fest. Ein »Oh, hätte ich das gewusst, da wäre ich auch gerne mitgeschwommen!« gilt im nächsten Jahr nicht mehr. Und wenn Sie im Internet weiter suchen möchten, geben Sie sowohl »Elbeschwimmen« als auch »Elbschwimmen« ein. Manchmal wird es mit e geschrieben, manchmal eben nicht. Seit diesem Jahr verwende ich daher immer beide Hashtags.

Reisen

Im Haus des Philosophen

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In der letzten Woche waren wir wieder einmal östlich der Oder. Wer regelmäßig mitliest, weiß inzwischen, dass es Miz Kitty und mir polnische Paläste und Herrenhäuser angetan haben. Solange man dort noch für den Preis einer mittelmäßigen Pension an der deutschen Ostsee verweilen kann, müssen wir es nutzen. Interessanter und erkundungsreicher ist es dort meist allemal. Dieses Mal waren wir in Wierzenica, ein paar Kilometer nordöstlich von Poznan (Posen). Es ist eher eine Lagebezeichnung als ein richtiger Ort und besteht aus dem Herrenhaus, einer Holzkapelle aus dem 16. Jahrhundert, zugleich Mausoleum, einer Bushaltestelle und ein paar umliegenden Gehöften.

Philosophen brauchen weder Portikus noch Balkon

Der Dwór Wierzenica gehörte einst dem polnischen Philosophen August Cieszkowski. Ein kleines, niedriges, langgestrecktes Gebäude, mit klassizistischen Elementen und einem Portal, das wohl mal eines werden sollte. Miz Kitty hatte sich in dieses Haus verguckt, es gefiel ihr. Mich erinnert es mit seiner Niedrigkeit und Langgestrecktheit, den beiden Fallgiebeln und dem fehlenden Portikus und Balkon eher an ein großes, aufgepepptes Bauernhaus.

Nun, der Philosoph mochte es so, hat hier wohl nicht sonderlich gefeiert, sondern gearbeitet und die eine oder andere Kulturelite empfangen. Was wollte er da mit Portikus und Balkon? Nachdem im Haus während der sozialistischen Zeit Wohnungen und Büros untergebracht waren, ist es jetzt von einem Geschäftsmann aus Poznan mit guter EU-Förderung saniert worden. Einen eher kleinen Saal gibt es, einen richtigen Hotelbetrieb oder ein Restaurant dagegen nicht. Wir haben es uns drei Tage in der Suite gut gehen lassen. Zwar ohne den üblichen Balkon, den wir in dieser Jahreszeit auch nicht vermisst haben, dafür aber mit Ausblick auf Wiese und Wald, inklusive jaulender Hunde vom Nachbargehöft und giganischer Vollmond-Nachtstimmung.

Wie das Internet verrät, gibt es hier auch einen Billardtisch und ein Mini-Kino – was Businessmen eben so brauchen. Beides haben wir jedoch nicht gesehen und hatten auch kein Bedürfnis danach. Der kleine Saal ist im Seitenflügel untergebracht, einen Ballsaal gab es früher nicht. Das passte passte nicht zur Arbeitsstätte des Philosophen. Der Dwor Wierzenica liegt schön auf einem Hügel, und ein paar Tage lässt es sicher hier ganz gut aushalten. Das WiFi ist wie so oft in der Suite mau, auf dem Flur jedoch akzeptabel und natürlich gratis (was man nur in Deutschland betonen muss). Einen richtigen Restaurantbetrieb gibt es nicht, das freundliche Personal macht jedoch etwas zu essen – sofern man vorher richtig kommuniziert, dass man das wünscht. Piroggen hätte man da, sagte uns der freundliche junge Eigentümer. Also gab es zwei Abende hintereinander Piroggen aus der Tiefkühltruhe. Vermutlich gibt es rund um Poznan inzwischen auch Firmen, die Tiefkühl-Convenience-Produkte herstellen. Dann wären es tatsächlich regionale Produkte, womit bei booking.com geworben wird. Bei Veranstaltungen und Hochzeiten wird die Küche, die eher dem Typ große Wohnküche als Küche zum Kochen entsprichtvon externen Köchen bespielt.

Einige Fotos habe ich vom Haus und von unserem Spaziergang im Schnee in der wunderschönen Winterlandschaft gemacht (siehe am Ende dieses Beitrags), weitere Fotos gibt es in den Weiten des Internets.

Poznan

Ein paar Mal war ich schon in Poznan / Posen, meist im Rahmen eines Zwischenstops auf der Reise. Immer wieder habe ich diese Stadt als groß und grau empfunden, eine Großstadt in Polen eben. Gestern haben wir dort wieder einen Stop gemacht, bevor wir nach Berlin aufbrachen. Jahreszeitlich bedingt war es kalt und grau und scharfer Ostwind. Wie schon im Sommer rund um Breslau bemerkenswert: Industriebetriebe galore. So, wie man es 1990 dachte, es in Ostdeutschland zu bekommen. Hier ist es Realität geworden – inklusive einer verschwindend geringen Arbeitslosenquote.

Antiquitätengeschäfte und Läden mit Porzellan und Designobjekten der Moderne haben wir in der Innenstadt besucht. Gute Angebote zu gutem Preis (zumindest für deutsche Verhältnisse). Und es scheint in Poznan Menschen zu geben, die durchaus für schöne Dinge ganz gut Geld ausgeben und das auch haben.

So Sie in Poznan, lohnt es sich, im Bistro La Cocotte einzukehren und sich durch die Speisekarte zu essen.


Miz Kitty schreibt übrigens hier über unsere Reise.


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Reisen

Trzęsacz (Hoff)

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Die Rückwand der Kirche

Über den Ausflug an die polnische Ostseeküste hatte ich schon in meinem letzten Beitrag geschrieben. Bei deutlich wärmeren Temperaturen als am Vortag geht es am Sonntag Mittag nach dem Frühstück im Palac Ptaszynka noch einmal nach Rewal, zur Kirchenruine Trzęsacz (Hoff), einen guten Kilometer westlich von Rewal.

Die Ruine ist eine Sehenswürdigkeit. Kirchenruine ist vielleicht etwas übertrieben, denn von der Kirche steht nur noch ein Teil der Rückwand. Anders als bei den zahlreichen Ruinen in Polen sind hier nicht Kriegsereignisse die Ursache, sondern ganz einfach die Natur und der Lauf der Dinge. Vor Jahrhunderten stand die Kirche 2 km von der Küste entfernt. Die Ostsee nahm sich das Land und rückte immer näher an den Bau heran, bis 1874 der letzte Gottesdienst dort war. Die Kirche wurde geräumt und der Natur freigegeben. 1901 war dann schon die vordere Wand komplett eingestürzt.

Es handelt sich hier um einen Ort, zu dem viele Menschen immer wieder hinfahren (u.a. Lionel Feininger hat diese Ruine gemalt). Hat man die Ruine vor zehn Jahren noch über ein einfaches Treppengestell vom Strand aus erreicht, so gibt es heute eine übergroße Aussichtsplattform inklusive einer leicht futuristisch anmutenden Zufahrtsstraße mit in den Boden eingelassenen Leuchten. EU-Finanzierung macht’s möglich. Etwas viel Aufwand um die Reste einer durch Naturgewalt ins Meer gestürzten Kirche, die schon lange zuvor nicht mehr in Berieb war. Dass das Meer manchmal landeinwärts rückt und sich so manches holt, ist Lauf der Dinge und zuweilen auch ganz gut so, entstehen so doch neue Dinge. Dass solche Prozesse Touristen und Einheimische anlocken, ist schön. Naturgemäß sind diese Prozesse jedoch irgendwann beendet. Muss man diese natürlichen Vorgänge dann mit viel Aufwand so stoppen, damit ihre Reste – hier die Kirchenrückwand – noch ein paar Jahrzehnte länger zu besichtigen sind?

Vielleicht ist es aber ganz gut für Sie, wenn Sie in Berlin oder in Norddeutschland wohnen und die polnische Ostseeküste noch nicht kennen. Dann ist Trzesac (Hoff) auf jeden Fall ein Ausflugspunkt. Rewal ist nicht weit. Im Sommer ist es vermutlich sehr crowded und unkommod dort, im Herbst und Winter können Sie dort jedoch kilometerweit spazieren gehen und die Ostsse genießen – ganz ohne die deutsche Kurtaxe.

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Größenverhältnisse: Die Kirchenruine und ihre Aussichtsplattform.

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Kirchenruine von Trzęsacz / Hoff (unbekannter Künstler)

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Kontinuität: Jedes Mal, wenn ich nach Rewal komme, liegen diese typischen Fischerboote im Sand. Immer wieder ein interessantes Fotomotiv mit Urlaubsgefühlen. Schöner wie hier natürlich an einem sonnigen Herbstnachmittag und nicht nur mit dem iPhone fotografiert.

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Genau. Da können Sie sich dann hinter stellen und ein Facebook-Foto machen. Oder Sie machen es mit Photoshop.

 

Reisen

Palast-Stop im Herbst

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Palac Ptaszynka w Rybokartach.

Manchmal überkommt es mich, und ich habe das Bedürfnis, ans Meer zu fahren. Einmal auf’s Wasser schauen, soweit der Horizont reicht. Für uns Berliner ist die Ostsee quasi das Synonym zu Meer. Diese ist nur gute 200 km von der Hauptstadt entfernt und in einem Sonntagsausflug bequem zu erreichen. So eine Tour haben wir am letzten Wochenende gemacht. Dieses Mal sollte es an die polnische Ostseeküste gehen. Weil wir beide etwas gesundheitlich angeschlagen waren, haben wir gleich eine Übernachtung eingeplant, um nicht an einem Tag hin- und zurückfahren zu müssen. Dass es wieder in Richtung Polen ging, hat mehrere Gründe. Nicht nur, dass ich dieses Land mag, dass es schön ist, zu sehen was sich hier entwickelt, sondern es gibt noch einen ganz banalen Grund. Noch ist hier vieles preiswerter als in Deutschland. Das müssen wir nutzen.

Also los zur polnischen Ostseeküste. Vor guten zehn Jahren war ich ein paar Mal in Reval in Hinterpommern. Vor dem zweiten Weltkrieg war dieser Ort schon ein Ostsee-Badeort. Badeort im Sinne von Kurort und nicht im Sinne von im Wasser planschen. Heute ist es ein typisch polnischer Ferienort. Einer der Ostseeorte, in denen im Sommer viele polnische Urlauber pulkartig aufeinanderhocken. Jetzt im Herbst ist dort jedoch nicht viel los. Wir könnten am Strand spazieren gehen und zum Beispiel zur Kirchenruine in Trzęsacz (Hoff) fahren. Die Übernachtung wollten wir jedoch nicht direkt in Rewal buchen, sondern vielleicht etwas gediegener unterkommen. Also die Booking-App geöffnet und geschaut, welche Orte in der Nähe bzw. im Umkreis von ca. 20 km sind und wo es eine interessante Unterkunft gibt. Schnell finde ich den Palac Ptaszynka w Rybokartach, das ehemalige Schloss Ribbekardt, Kreis Greifenberg in Pommern. Eine schöne Ergänzung zu unserem Palast-Hopping im Sommer. Dazu das Doppelzimmer für 180 Zloty und eine gute Bewertung bei Booking.com. In wenigen Minuten ist die Unterkunftssuche für den Ostseetrip beendet. Viel verkehrt machen kann man für diesen Preis nicht. An der deutschen Ostseeküste bekommt man dafür ein Zimmer in der Jugendherberge, wenn überhaupt. Schnell erreichen wir das Gutshaus via Autbahn und polnische Landstraßen und werden vom Schlosshund begrüßt. Neben der freundlichen Besitzerin mit ihren Töchtern sind wir allein dort. Freilich, das Zimmer ist kein Luxus, jedoch fehlt es an nichts – abgesehen vom WiFi, dass bei meiner Unterkunftssuche für eine Nacht aber bewusst kein Kriterium war. Einige Zeit machen wir es uns erst einmal vor der Heizung gemütlich und genießen den melancholischen Herbstblick auf auf den kleinen See hinter dem Palast. Dann schauen wir uns kurz draußen um und gehen runter zum See.

Es ist Nebensaison und die Restaurants in diesen Schloss-Unterkünften sind geschlossen. Also fahren wir im Dunkeln über die polnischen Landstraßen Richtung Meer. Nach Rewal. Gourmet-Restaurants finden sich hier nicht. Wir bekommen im California jedoch ganz guten Fisch. Das California ist ein Restaurant mit Tanzfläche, im Sommer wohl eher eine Disco. Jetzt im Herbst vergnügen sich ein paar Best-Ager und Jüngere und tanzen Disco-Fox nach polnischen Schlagern. Sehr amüsant. Schade, dass Miz Kitty sich noch etwas auskurieren muss. Sonst hätte sie ran müssen zum Disco-Fox. Der Rhytmus ist eher mein Ding als ihrs. Im California hängen übrigens eine ganze Reihe Schwarz-Weiß-Fotos, die dieses Haus, das ehemalige Kurhaus des Ostsee-Badeortes, vor dem zweiten Weltkrieg zeigen.

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Herbstausblick aus dem Palac.

 

Reisen

Palast-Hopping 2014: Die Rückreise – Adersbacher Felsen, Hancova-Bouda und 8 kg Persil

adersbachDer Tag der Rückreise sollte nach dem Flop mit der letzten Unterkunft noch für etwas Sightseeing genutzt werden. Neben wunderschönen, kleinen Bergstraßen mit genialen Landschaftsansichten besuchten wir die Adersbacher Felsen. Skurril, wie da plötzlich riesige Sandsteinfelsen aus dem Boden kommen. Noch skurriler die Formen, und wie sich einzelne Bäume regelrecht an den Felsen festklammern und darauf noch gedeihen. Miz Kitty erinnerten die Felsen an das Elbsandstein-Gebirge und die Schrammsteine. Einige Fotos habe ich gemacht, freilich nicht reisebuchtauglich, aber nach dem Motto »wenn man schon mal hier ist«. Eine kleine Fotostrecke habe ich zusammengestellt. Schauen Sie ▸ hier.

Nach einer Stunde mit vielen anderen Touristen zwischen den Adersbacher Felsen ging es weiter in den Wintersportort Benecko, auf der tschechischen Seite des Riesengebirges. Miz Kitty war hier vor guten zehn Jahren einige Mal zum Skiurlaub und kennt aus dieser Zeit die Hančova Bouda. Ich wollte mir die Bouda einmal ansehen – vielleicht für spätere Erholung – und mindestens Kaffee trinken wollten wir hier. Wie Miz Kitty mir vorher schon erzählte, hebt sich dieses Lokal wohltuend von den anderen in Benecko ab. Das sollte ich eigentlich gar nicht schreiben, das ist Geheimtipp-Wissen. Statt Kaffee und Kuchen wurde es dann ein leckeres Schnitzel. Benannt ist die Hancova Bouda übrigens nach Bohumil Hanč, einem tschechischen Skilangläufer, der 26jährig im Jahr 1913 einen dramatischen Erfrierungtod starb.

hancova-boudaVon Benecko fuhren wir bei schönem Nachmittags- und Abendlicht an Liberec (Reichenbach) und Frýdlant vorbei, kurz durch Polen, und über Görlitz nach Berlin. Falls Sie verlassene Fabriken sehen möchten oder gar ruinöse Fabrikgrundstücke, zum Teil noch mit Architektur aus K.u.K-Zeiten kaufen möchten, rund um Liberec werden Sie fündig und haben die Auswahl. Wir müssen noch einmal klären, warum es hier so viele verfallene Fabriken gibt.

In Polen sind viele Supermärkte auch Sonntags bis 21 Uhr geöffnet. Ein letzter Stop also irgendwo im nirgendwo, an einem Supermarkt während der paar Kilometer, die wir durch Polen nach Görlitz fahren. Ziel: Zlotys ausgeben, vorrangig für Persil Color. Das hatte Miz Kitty geplant, von der Reise mitzubringen. Nach ihrer Aussage (mir fehlt da etwas der Überblick) ist es in Polen deutlich billiger als bei uns. Also, Urlaubsmitbringsel: zwei mal vier Kilo Persil. Auf der Packung steht, vier Kilogramm wären so ergiebig wie fünf. Schauen wir mal… In Zgorzelec, der früheren Oststadt von Görlitz wird noch einmal getankt. Etwas billiger ist das Benzin in Polen noch. Kurz vor der Tankstelle durchfahren wir eine Straßenunterführung mit einem Rundbogen. Déja-vu. Da bin ich schon mal durchgelaufen, sage ich zu Miz Mitty. Damals, als ich zweimal Halbmarathon in Görlitz gelaufen bin und die Strecke über Zgorzelec genau durch diese Brücke führte. Um Mitternacht sind wir in Berlin.

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Was Miz Mitty über Adersbach und die Hancova Bouda schreibt, lesen Sie hier.

 

Reisen

Waldbeeren im Eulengebirge

WaldbeerenDer vorletzte Reisetag war gedacht zum Entspannen auf der Terrasse mit dem schönen Ausblick in Janovičky und zum Spazieren in den Bergwäldern. Mit letzterem fingen wir am Samstagmittag an. Nur einige hundert Meter laufen bis zur polnischen Grenze und schauen, ob man dort mit dem Auto rüberfahren kann. Aus einigen hundert Metern wurden dann ca. 13 km. Zuerst regnete es zwar zeitweise in Strömen, aber Miz Kitty war in ihrem Element. Beeren pflücken, das ist es. Herrlich, über die Waldwege zu streifen und Waldhimbeeren, Brombeeren und seltener Walderdbeeren zu pflücken. Dazu über den Kammweg laufen, auf einem polnisch-tschechischen Grenzstein stehen und in die Landschaft fotografieren.

So wanderten wir gleich weiter als nur bis zur polnischen Grenze. Eine Wanderkarte hatten wir freilich nicht, nur die Karten-Apps von Google und Apple auf den Schlauphones. Kein wirkliches Problem, denn als wir losgingen, kamen uns nämlich vereinzelt Crossläufer mit Wettkampf-Nummern entgegen. Am Samstag Morgen fand hier gerade ein Crosslauf statt und Start und Ziel waren vor unserer Unterkunft. Die Laufstrecke war im Wald gut mit gelber Neonfarbe gekennzeichnet. Wir könnten ja einfach die Strecke der Crossläufer laufen. Getan, nur war die wohl eben nicht ein acht oder zehn Kilometer langer Rundkurs, sondern deutlich länger. Als uns das auffiel, waren wir schon ca. acht Kilometer gelaufen. Also bis in die nächste Zivilisation laufen, was nicht ein Ort war, sondern ein einzelnes Haus mit einer Fischzucht. Freundlicherweise rief man den Touristen dort ein Taxi, das dann auch schnell kam und uns im Höllentempo gute 9 km zur Unterkunft zurück brachte. Eine halbe Stunde Terrasse war dann noch drin, bevor es wieder kühl und regnerisch wurde.

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Was Miz Mitty über unsere Wanderung schreibt, lesen Sie hier.