Design & Typo

F25 Minimalquadrat

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F25 Minimalquadrat

Wer etwas Design- und Typo-interessiert ist, kennt bestimmt das Typodarium. Es ist ein praktischer Abreißkalender. Jedes der 365 Kalenderblätter ist in einer anderen Schrift gesetzt. Ein Klassiker, den es nun schon ein paar Jahre gibt. Vom Stil her sehr unterschiedliche Schriften wechseln sich auf den Kalenderblättern ab, von professioneller Satzschrift über Fonts, die nur in einem Schriftschnitt als Freefont verfügbar sind bis hin zu recht experimentellen Schriften. Eine schöne Mischung, die mich immer wieder inspiriert.

Heute bin ich mit meiner Schrift auf den vielen Schreibtischen präsent, auf denen ein Typodarium steht. Das Kalenderblatt für den 27. November 2015 ist in meiner Schrift F25 Minimalquadrat gesetzt, die ich vor einiger Zeit unter meinem alten Label F25 Type Design veröffentlicht habe.

Experimenteller Font trifft sicher ganz gut auf die F25 Minimalquadrat zu. Jeder Buchstabe besteht aus einem Quadrat, Öffnungen (Punzen) sowie die Buchstabenform allgemein wird durch viel kleinere, heraus- oder abgetrennte Quadrate modelliert. Tatsächlich, damit kann man Buchstaben machen. Schauen Sie selbst.

Wer Grafik-Design studiert hat, kennt diese Experimente. Mit minimalen Mitteln, hier eben nur große und sehr viel kleinere Quadrate, wird ein komplettes Alphabet dargestellt. Diese Systematik habe ich bei der F25 Minimalquadrat relativ konsequent durchgezogen. Die Schrift entstand damals in einer Reihe mit dem Arbeitstitel „hidden fonts“ für ein Projekt „hidden messages“. Das sollte ein kleiner Fotoband werden. Mit einer Handvoll abstrakter Schriften sollten typografisch minimalistische und damit nur versteckt wahrzunehmende  Nachrichten dargestellt werden. Nach wie vor eine interessante Idee, nur dass mein Buch nie fertig wurde.

F25 Minimalquadrat ist jedoch ganz gut vorzeigbar als Teilergebnis aus diesem Projekt. Die abstrakte Schrift habe ich schon oft eingesetzt. Gewiss ist erst auf den zweiten Blick und in der Regel auch nur mit Vorwissen zu erkennen, dass es sich hier um eine Schrift handelt und nicht um ein abstraktes, bewusst zufälliges Muster. Genau das hatte ich auch damit intendiert.

Kein Font zum Ausdrucken

Natürlich kann man die Schrift ausdrucken und in Printmedien verwenden, zum Beispiel im Flyer oder als Wortmarke auf einer Visitenkarte. In kleinen Größen ist das jedoch schwer erfassbar und auch die Botschaft wird vermutlich nur jemand erfassen können, der entsprechend grafisch vorgebildet ist.

Viel interessanter finde ich den Einsatz der Schrift in der Raumgestaltung, an Fassaden, etc. Bildet man die F25 Minimalquadrat negativ (invers) ab, wird es spannender. Vielleicht gibt es ohnehin eine Gitterstruktur, Quadrate, Kacheln, oder ähnliches. Dann müssen doch nur die kleinen Quadrate in dieser kachelartigen Struktur aufgebracht werden. Kleine, leuchtende, aufgeklebte Miniquadrate machen das abstrakte Ensemble zu Buchstaben – und Buchstaben machen bekanntlich die Botschaft.

Kleben Sie kleine rote Quadrate auf eine Kachelwand (indem man Klebebandstücke zum Beispiel in der Breite des Bandes abschneidet), und schon haben Sie ein abstraktes Muster, gleichzeitig mit einer Botschaft darin. Oder eine weiße Leinenbettdecke, aus Quadraten zusammengenäht, wird mit kleinen roten Miniquadraten verziert, die die großen weißen Quadrate zu Buchstaben werden lassen.

Für Nichtkenner, nicht Eingeweihte, mutet das alles als nur als Muster mit zufälliger Ordnung an. – Kenner und Eingeweihte erkennen die Textbotschaft.

DIY

Seien Sie also gerne kreativ mit diesem Font und der Idee, die dahinter steckt. Das würde mich sehr freuen. Egal, ob T-Shirt, Beutel, Handtuch, Decke, Wand- oder Fassadengestaltung, Anwendungsbereiche gibt es genug.

Wer die Schrift ausdrucken möchte, muss etwas probieren und einen passenden Zeilenabstand finden, wenn der Text mehrzeilig sein soll. Verringern Sie so lange den Zeilenabstand, bis der Abstand der Buchstaben vertikal und horizontal gleich ist. Je nach Anwendungsprogramm ist das mit etwas Fummelarbeit verbunden, jedoch durchaus machbar. Ganz zu Beginn können Sie natürlich erst einmal den Abstand zwischen den Buchstaben verringern, so dass eine schöne Kachel-Optik mit Fugen entsteht.

Regel und Ausnahme

Jedes Regelsystem hat freilich seine Grenzen. So auch das Konzept einer Schrift, die minimalistisch nur aus einem großen und sehr wenigen sehr viel kleineren Quadraten besteht. Wie stellt man also ein i da? Ganz einfach, durch ein komplettes Quadrat, wird jeder zuerst einmal sagen. Das funktioniert, es kollidiert jedoch mit der Idee, für das Leerzeichen ebenso ein komplettes Quadrat zu verwenden. Das i bekommt also einen i-Punkt, hineingesetzt in das Quadrat. Weder logisch noch konsequent, aber eben zielführend. Eine Muss-man-wissen-Regel, die sich erst im Kontext mehrerer Zeichen erschließt. Die kleine, feine Unlogik dieser Schrift.

Privates

Ich habe die F25 Minimalquadrat selbst schon oft verwendet und sehe sie jeden Tag beim Duschen. Als ich Miz Kitty kennen gelernt hatte, stand ich eines Samstagabends, kurz bevor sie zu mir kam, in der Badewanne und dekorierte die weißen Kacheln mit kleinen Quadraten. Kacheln hatte ich zu Buchstaben gemacht, mit einer Nachricht für Miz Kitty – und für den Rest der Welt vermutlich nur ein mittelmäßig abstraktes Muster kreiert. Sie erkannte es, verblüfft, erfreut, gerührt. Vermutlich erkannte es sie es, weil ich ihr vorher mal beiläufig die F25 website gezeigt hatte. Eine gelungene Aktion. Und ich habe damals am Samstagabend eine Klebefolie erwischt, die sich als extrem haltbar erweist. Sie klebt auch nach Jahren noch, unbeeindruckt von ständigem Wasser und Putzmittel.

Hier, für Sie, zum Download

F25 Minimalquadrat. Experimentieren Sie !!!


Was man so machen könnte …

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Design & Typo · Gesellschaft

Design-Ärgernis

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Hervorstehende Kamera

Nach wie vor ärgert mich am iPhone 6 —  im speziellen an meinem neuen iPhone 6S — die hervorstehende Kamera. Im Gegensatz zum iPhone 5 liegt das Gerät nicht plan auf dem Tisch und das Kameraglas ist praktisch dafür prädestiniert, schnell Schaden zu nehmen, wenn das Gerät auf dem Tisch oder auf einer anderen Oberfläche hin- und herrutscht und das ggf. auch mal auf einer rauhen Oberfläche erfolgt. Bitte, wer macht so ein Produktdesign? „Unter Steve Jobs wäre das nicht passiert!“, sagt gerade ein Gesprächspartner dazu. Müßig, darüber zu spekulieren. Faktisch funktioniert dieses Gerätedesign nur mit einer Hülle, die eine Öffnung für die Kamera hat und deren Dicke das Hervorstehen ausgleicht. Die Hülle habe ich längst, freilich ein Original-Apple-Produkt. Sie schützt das Gerät, macht es jedoch dick und nimmt ihm Design und Smartheit. Zudem  verwende ich schon lange keine Smartphonehüllen mehr. Zwei Jahre hält ein Gerät auch ohne durch, ohne dass ich es schone. Ein paar Schrammen bekommt es in dieser Zeit, und dann gibt es ohnehin ein neues. Eine defekte Scheibe kalkuliere ich in zwei Jahren ein (da hilft auch kaum eine Hülle), mag aber kein defektes Kameraglas akzeptieren. Ärgerlich, diese hervorstehende Kamera.

Allerdings: Ein Komplettwechsel ins Androidsystem kommt im Moment nicht in Frage.

Design & Typo

Schriften und Türklinken

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Gemeinsamkeiten. – Dinge, die man nur wahrnimmt, „wenn etwas nicht stimmt“.

Dieses Nichtwahrnehmen ist es, was Türklinken und Schriften gleichermaßen auszeichnet. Wir benutzen beide sehr oft und nehmen sie selten intensiv wahr. Mehrmals täglich fassen wir Türklinken an. In der eigenen Wohnung, im Wohnhaus, am Arbeitsplatz oder in öffentlichen Gebäuden. Aber fragen Sie einmal jemanden, wie die Türklinke und Drückergarnitur da und dort ausschaut, wo er ständig ein- und ausgeht und den Drücker mehrfach in der Hand hält. Eine Antwort zwischen Schulterzucken und detaillierter Beschreibung werden Sie erhalten, letztere manchmal weit ab der Realität, prüft man nach, wie die Klinke dort genau aussieht.

Wir nehmen Sie also kaum richtig war, die Türklinken und Drückergarnituren. – Solange sie ihren Dienst tun, gut und zuverlässig schließen, nicht schwergängig aber auch nicht zu leichtgängig sind und nicht durch ihr Eigengewicht herunter hängen, solange sich der Drücker passend anfühlt, nicht zu dick und nicht zu dünn ist und eine angenehme Oberfläche hat, solange wir nicht ständig mit Kleidungsstücken daran hängen bleiben und die Oberfläche nicht unangenehm das Licht reflektiert. Und natürlich sofern die Türklinken nicht übermäßig unästhetisch und proportional sind und nicht frühzeitig durch Kratzer überbeansprucht, sprich gammlig aussehen. Freilich sollte sich auch der Drücker so fest verschrauben lassen, dass er sich nicht alle paar Monate löst oder gar ständig wackelt und der Schlüssel oder Schließzylinder muss gut in die vorgesehene Öffnung passen. Eine Drückergarnitur muss also ziemlich viele Anforderungen erfüllen. Die große Mehrheit der Garnituren erfüllt sie problemlos, vom Budget-Bauteil bis zur exklusiv vergoldeten Klinke. Kein Thema, sie lassen uns nicht im Stich. Bis auf Ausnahmen. Dann nämlich nehmen wir die Drückergarnitur ganz anders und viel intensiver wahr. Erst dann, wenn „irgendetwas nicht stimmt“.

Das können Kleinigkeiten sein, zum Beispiel man bleibt ständig mit einem Kleidungsstück am Drücker hängen, das Modell fühlt sich irgendwie unangenehm an, glatt, speckig, so als ob da der Dreck von 20  Händen vorher dran klebt. Oder das Metall reflektiert unangenehm das Licht. Es sind Kleinigkeiten – nicht wirklich schlimme Unzulänglichkeiten, die die Tür nicht aufgehen lassen – die plötzlich Drücker samt Garnitur in unseren Fokus rücken, von der Nichtwahrnehmung zum sehr genauen Betrachten des Objektes. So genau, dass wir diesen Drücker und sein Problem, mit dem wir eben nicht nur einmal, sondern fortlaufend konfrontiert werden, oft noch Jahre später in Erinnerung haben und ihn genau beschreiben können.

Ähnlich wie mit den Drückern verhält es sich mit den Schriften. Stimmt alles, ist der Text lesbar und mutet alles einigermaßen angenehm und mindestens nicht störend an – Laien haben oft nicht den Vergleich, wie Textinhalte schneller, besser, ermüdungsfreier erfasst werden könnten –, dann werden die verwendeten Schriften und deren Anordnung in der Fläche, die Platzierung von Buchstaben, Worten, Zeilen, Absätzen und Kolumnen, die Typografie, kaum wahrgenommen.
Oft reichen Wahrnehmung und Erinnerungsvermögen selbst bei regelmäßig gelesenen Publikationen kaum dafür aus, zielsicher sagen zu können, ob eine Serifenschrift oder eine serifenlose verwendet wird. Die bewusste Wahrnehmung von Überschriften und deren Auszeichnungen ist genau so mau wie die Wahrnehmung konkreter Charakteristika von Schreibschriften oder Fraktur. Schrift und Typografie wird bei den meisten Menschen, die kein besonderes typografisches Interesse haben, offensichtlich eher unterbewusst wahrgenommen. Der Merksatz, den man ab und zu in den Grafik-Design-Lehrbüchern findet, trifft es: „Gute Typografie sieht man nicht, schlechte jedoch sehr wohl.“

Wer sich etwas in die Welt der Typo und Schriften begeben hat, kennt diesen Satz. Es ist genau wie mit den Türklinken. „Stimmt alles“, sind Buchstaben, Wörter, Zeilen, Abschnitte und Kolumnen so arrangiert, dass man den Inhalt gefühlt gut erfassen kann, dann erfüllt das Schriftarrangement seinen Zweck erfüllt. Vorrangig nehmen wir den Inhalt wahr, die Typografie und Gestaltung jedoch nur sehr begrenzt, manchmal gar nicht.

„Stimmt irgendetwas nicht“, dann ist die Wahrnehmung der Typo und Gestaltung hingegen gut und intensiv. Sei es nun eine vollgepfropfte Seite ohne Struktur und Absätze – eine Bleiwüste, wie man früher sagte –, seien es überlange Zeilen, die bei jedem Zeilenumbruch Auge und Hirn erneut vor die Herausforderung stellen, den nächsten Zeilenanfang zu finden. Oder seien es eng übereinander geschichtete Zeilen, nahezu ohne Abstand dazwischen, Zeilen mit viel zu großem Abstand, der uns ständig auf den präsenten Weißraum dazwischen blicken lässt, oder seien es viel zu große Wortzwischenräume im Blocksatz, regelrechte Löcher, die das Auge so aus der Zeile fliegen lassen. Oder eine Schrift, die in der gewählten Größe zu mager, zu blass, zu klein, zu fett oder von ihrem Schriftbild her einfach zu unruhig anmutet, deren Buchstabenformen schwer erfassbar sind. Sei es der Stand der Schrift auf der Seite, der anmutet, als sei alles einfach runtergerutscht – so, wie die tadellose Drückergarnitur, die nur auffällt, weil sie 10 cm zu tief in der Tür montiert ist. Oder, oder, oder …

Viele Kleinigkeiten gibt es, die nicht optimal sein können und die Schrift und Typografie blitzschnell und intensiv in den Fokus rücken. Nimmt auch der Laie diese „Kleinigkeiten“ wahr und beschwert sich, liest nicht weiter, dann ist das Kind im Brunnen, mausetot, dann ist es schlechte Typografie. Beschwert sich keiner, nimmt die Schrift und Typo allerdings auch nicht bewusst war, dann ist alles in Ordnung, zumindest ist es keine grottenschlechte Typografie.

Schriften und Türklinken – oder, weiter gefast, Typografie und Türen – haben also einiges gemeinsam. Allerdings mit einem wesentlichen Unterschied. Türklinken lassen sich schnell tauschen lassen, wenn sie beim Benutzer unangenehm auffallen. Mit Schriften geht das nicht. Die „So, ich hab mich jetzt genug darüber geärgert! Ich gehe jetzt zu Obi kaufe eine Türklinke für zehn Euro, und die schenke ich euch!“- Nummer funktioniert nur mit Türklinken, nicht mit Schriften.

Neue Drücker, neue Schriften – braucht die Welt nicht mehr?

Und trotzdem entwerfen Schriftgestalter immer wieder neue Schriften und Produktgestalter machen sich immer wieder an das Objekt Türklinke. Wenn es um die optimale Form für Nutzung geht, brauchen wir sicher beide nicht mehr. Das war nicht immer so, aber das ist Stand 2015. Neuerscheinungen haben längst die Ebene der Formverbesserung für die noch bessere, geräuschlosere Funktion verlassen. Mit einer neuen Schrift wird der Text nicht besser erfassbar sein, und sie wird auch nicht mehr auffallen als die bereits vorhandenen – und mit der neuen Türklinke lässt sich die Tür ganz sicher nicht besser öffnen. Ziel ist in beiden Fällen nur noch die ästhetische Kurzweil – Modeströmungen – und eine Individualisierung. Die Nutzer bekommen von beidem oft nicht viel mit. Bedeutend ist diese ästhetische Kurzweil jedoch für die Gestalter, Designer, Architekten und für deren Kunden. Wer arbeitet nicht gern mit etwas Neuem, so noch nicht da gewesenem, mit einer neuen Schriftfamilie für ein umfangreiches Grafikprojekt, einer neuen Serie von Tür- und Fensterbeschlägen, und welcher Bauherr oder Grafiker-Kunde möchte für sein Produkt nicht in Teilen etwas ganz besonderes haben, und sei es nur die neue Türbeschlags-Serie oder die neue Schriftfamilie. Freilich, von bekannten Gestaltern entwickelt oder an noch größere Namen stilistisch anknüpfend, kann man da herum hervorragend eine intellektuelle Aura entwickeln. Was davon nachher von den Benutzern wahrgenommen wird? Na ja.

Schriften und Türklinken. Man könnte ein ganzes Buch darüber schreiben. Bestimmt gibt es noch eine Reihe anderer Alltagsdinge, die ebenso fast nur unterbewusst wahrgenommen werden. Es sei denn, „irgendetwas stimmt nicht.“

Design & Typo · Tools & Technik

Gestickt

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Letzten Sonntag war Sticktag. Meine Großmutter war Damenschneiderin und Nadel, Faden und Nähmaschine gehörten schon in meiner Kindheit zu den vertrauten Dingen, auch wenn man mir als Junge andere Werkzeuge näher brachte. So freue ich mich über Miz Kittys Nähaktivitäten und freilich auch darüber, dass es hier seit zwei Jahren eine ganz passable Nähmaschine gibt, mit der ganz gut und präzise genäht werden kann. Seit dem letzten Sommer gibt es bei uns auch das Stickmodul dazu, so ein ganz klein wenig auch für mich angeschafft, denn – Sie ahnen es – damit kann man Buchstaben sticken. Normalerweise mag ich diese Bohrmaschine-zur-Kreissäge-Erweiterungen nicht und ein kleiner Brother-Stickcomputer wäre sicher die günstigere Alternative gewesen. Nur ist die Bernina eben ein präzises Arbeitspferd und solche Eigenschaften projiziert man schnell und gerne auf das Zubehör. Also besitzen wir jetzt zwar immer noch keine Bohrmaschine-zur-Kreissäge-Erweiterung, aber eine Nähmaschine-zum-Stickcomputer-Erweiterung. Gekauft im fernen Bayern, da hier in der 4-Millionen-Hauptstadt kein Händler in der Lage ist, einen kulanten Preis zu machen, was jedoch ein anderes Kapitel ist.

Noch nicht so recht weiter gekommen sind wir mit einer Sticksoftware, mit der man auch selbst entworfene grafische Motive sticken kann. Das ist relativ aufwendig, denn jede Vektorgrafik muss in viele einzelne Stiche umgewandelt, das heißt gepuncht werden. Eine gute Sticksoftware kann so etwas automatisch, aber auch dann muss manchmal manuell nachbearbeitet werden, damit das Stickbild so ist, wie man es sich wünscht. Sticken ist eben nicht so einfach wie ausdrucken. Im Moment nutzen wir die kostenlos verfügbare und mitgelieferte Bernina-Art-Design-Software, mit der man fertig gepunchte Motive und Grafiken, die es im Internet zu Tausenden für den Apfel und das Ei gibt, platzieren, kombinieren und sticken kann, nur eben keine eigenen, individuellen Vektorgrafiken, Logos, Wort-Bild-Marken, etc.

Mit einem Trick

gelingt dieses allerdings schon. Genau so haben wir nämlich die vor Wort-Bild-Marke Miz Kitty 2015 auf die Unterseite von Miz Kittys neuem Quilt-Projekt gestickt. Mit der einfachen Art-Design-Software ist es nämlich möglich, Buchstaben, Worte und kleine Texte mit TrueType-Fonts zu sticken. Gedacht ist das wohl eher für den Namen auf dem Kinderlatz in Comic Sans oder für das Namensschild in Arial auf dem Kittel.

Ich habe diese Funktion jetzt etwas aufgebohrt, denn mit Schrift-Dateien kenne ich mich ganz gut aus. Letztlich besteht eine Schrift-Datei aus einer Sammlung von Vektorgrafiken, – von jedem Buchstaben eine – die in einer Datei verpackt sind. Also muss man doch nur das Logo, Symbol oder die Wort-Bild-Marke, die gestickt werden soll, als Vektorgrafik in einer Schrift-Datei im TrueType-Format (.ttf) speichern. In dieser Schriftdatei wird die Vektorgrafik dann der Position eines (beliebigen) Buchstabens zugewiesen. Wenn man das Logo zum Beispiel auf die Position des A gelegt hat, dann erscheint später beim Tastenanschlag des A eben dieses Logo anstatt des Buchstabens A.

Kurz: Logo, Symbol, Wort-Bild-Marke, Grafik – was auch immer, Hauptsache es ist eine Vektorgrafik und einfarbig – zeichnen, in einer TrueType-Font-Datei speichern und diese Font-Datei auf dem Rechner installieren, auf dem Sticksoftware läuft. In der Sticksoftware dann mit dieser Schrift das Zeichen platzieren, das das Logo, Symbol, etc. enthält. Vergrößern (skalieren), sticken, fertig. Das klingt einfach, hat allerdings qualitative Einschränkungen. In der Art-Design-Sticksoftware werden TrueType-Fonts automatisch gepuncht, was manchmal mehr oder weniger gut klappt, vielleicht auch mal gar nicht richtig. Bei der Miz-Kitty-2015-Wort-Bild-Marke klappte es zumindest ganz gut.

Wenn Sie bis jetzt folgen konnten, erscheint Ihnen das Erzeugen der TrueType-Font-Datei bestimmt als Knackpunkt. Eine Software zur Erstellung von Schriftdateien (OpenType oder TrueType), wie ich sie hier habe, weil ich mich ja früher mit der Gestaltung eigener Schriften befasst habe, ist nicht sonderlich verbreitet und gehört auch nicht zu den Standardwerkzeugen des Grafikers.

Andererseits geht es hier nicht darum, eine komplette Schrift zu realisieren, inklusive Zeilenabstand, Buchstabenabständen, etc. Es muss lediglich eine einzige Vektorgrafik auf der Position eines Zeichens in einer Schriftdatei gespeichert werden. Das funktioniert auch mit Tools, mit denen man komplette Schriften besser nie erstellen sollte. Mein Tipp dafür sind die alten Corel-Draw-Versionen, mit denen man gezeichnete Vektorgrafiken als TrueType-Font-Datei speichern kann. Außerdem gibt es Freeware, mit der man Schriften erstellen kann (Google und die Suchphrase font creator hilft garantiert).

Wie auch immer, ob Sie nun mit professioneller Sticksoftware arbeiten oder meinen Behelfs-Workflow nachvollziehen wollen: etwas Knowhow über Grafikdaten, Vektorgrafiken und wie man sie erstellt (geschlossene Pfade, Unterschied von Flächen und Linien, Anzahl und Position der Ankerpunkte, Definition von Öffnungen, etc.) ist auf jeden Fall erforderlich. Und wie überall gilt auch hier, Versuch macht klug.

Miz Kitty 2015 – Die Wort-Bild-Marke.

Miz Kitty mag es eher sachlich und hat sich deshalb für diese klare, serifenlose Variante und gegen eine Schreibschrift entschieden. Die Schlaufen im m und y assoziieren zudem Näharbeiten. Letztlich besteht die Wort-Bild-Marke aus zwei verschiedenen Schriften und wurde von mir in Details optimiert, damit sie in dieser Buchstabenkombination schön harmonisch anmutet. Anschließend habe ich die Wort-Bild-Marke als Vektorgrafik in eine TrueType-Font-Datei auf die Position des Zeichens A kopiert, die Schrift installiert und in dieser Schrift eben das A gestickt, das jetzt aus der Vektorgrafik Miz Kitty 2015 besteht. Mit dem Ergebnis sind wir durchaus zufrieden.

Noch ein Handtuch …

Schließend hatte ich noch das Bedürfnis, ein Handtuch zu besticken. Englische Schreibschrift, klassisch rot auf weiß. Miz Kitty und der Graf – Voilà, schön geworden.

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Design & Typo · Schreibgeräte & Kontor · Tools & Technik

Visualisierung

 Visualisierung ist inzwischen in nahezu alle Kommunikationsbereiche eingezogen, sei es nun in Form von Fotos, Videos oder als Icons, Piktogramme oder Cliparts. Manchmal hilft man sich mit kleinen Zeichnungen mit Figuren, die trockene oder problematische Sachverhalte etwas auflockern sollen. So kennen Sie bestimmt alle noch Karl Klammer, die lustige, animierte Kunstfigur des Hilfeassistenten von Microsoft-Office in Form einer Büroklammer. Ganz bestimmt kennen Sie auch die Screen Beans, auch Screen Bean Characters genannt, die man zur Illustration in PowerPoint-Präsentationen verwendete oder auch in so manchem Word-Dokument. Von dem Fakt abgesehen, dass diese Figuren durch übermäßigen Gebrauch visuell abgenutzt sind, erfüllen Sie ihre Funktion durchaus ganz gut.

Nun, PowerPoint und Mind-Map-Software sind inzwischen auch überbenutzt und in fast jeden Besprechungsraum gibt es Flipchart und Pinwand, auf denen ganz gerne ToDo-Listen, Szenarios und Abläufe grafisch festgehalten werden. Freihand, mit dickem Filzstift, neudeutsch Flipchart-Marker genannt. Hier stellt sich wieder oft die Frage nach einer einprägsamen Visualisierung. Einfach mit Copy und Paste eine lustige Screen-Bean-Figur einzufügen geht natürlich nicht, wenn man mit Filzstift auf den großen Papierbogen zeichnet. Und wenn es dann noch um die Visualising von so abstrakten Begriffen wie Konferenz oder Verhandlung geht, dann wird die treffende Visualisierung schnellum Problem. Vor allem, wenn man nicht ein begnadeter Zeichner ist.

Ich selbst bin ja ein Mann der Buchstaben und kann selbige ganz gut skizzieren und zeichnen, Freihand-Illustrationen sind jedoch nicht meins. Daher habe ich vor kurzem einige teure Bücher zu Moderationstechniken durchgeblättert und mir gezielt die Kapitel zur einfachen Freihandvisualisierung von Personen angesehen. Einfach mit dem Ziel, das eine oder andere Flipchart aufzupeppen. Bei meinen Recherchen bin ich dann unter anderem auf die kostenlose Web-App der Designerin Sandra Schulze gestoßen, die ich inzwischen auf allen Homescreens meiner digital Devices habe. Die Web-App kann man unter diesem Link aufrufen und wie alle guten Web-Apps ist sie so programmiert, dass sie den Application Cache des Browsers nutzt und somitt auf dem Smartphone auch ohne Internetzugang funktioniert. 

Viele Begriffe sind in dieser Web-App gesammelt, die alle leicht nachgezeichnet werden können. Vielleicht ist das ja auch etwas für Sie, wenn Sie ihre Flipcharts und Metaplan-Karten etwas pimpen möchten. Mein Dank geht natürlich an die Designerin, die uns kostenlos die Web-App und die Grafiken zum Abzeichnen zur Verfügung stellt.

Design & Typo · Gesellschaft

Die bewusste Zufälligkeit

Darüber musste ich im Kunstunterricht ein Referat halten. Obwohl mir der Kunstunterricht recht viel Spaß machte und ich dort immer ganz gut Erfolg hatte, gelang mir dieses Referat nur mittelmäßig. Mich interessierte damals der praktisch-bildende Bereich des Kunstunterrichts mehr als theoretische Betrachtungen und reden über Kunst. Das Thema hat mich jedoch seinerzeit angefixt und die bewusste Zufälligkeit spielt immer mal wieder eine Rolle bei mir.

Vorgestern hatte ich die Aufgabe, in alter Kanzleischrift ein fiktives, historisches Dokument zu erstellen. Also ein passendes Schreibgerät gesucht und bis die Tinte richtig fließt, muss natürlich etwas probiert werden. Sie kennen das bestimmt von ihrem Füllfederhalter. Bis er richtig schreibt, dauert es etwas. Wenn man die Tinte schnell in die Spitze treiben will, nimmt man den Stift und macht eine ruckartige, von sich weg weisende Handbewegung. Die Schreibflüssigkeit bewegt sich so schnell zentrifugal Richtung Feder. Damit man nicht in die Gegend kleckst, wickelt man zuvor gewöhnlich ein Papiertaschentuch oder einen alten Lappen um die Feder. Letzteres hatte ich vorgestern nicht zur Hand, und nahm statt dessen einfach ein Blatt Papier. Mit ruckartiger trieb die Tinte zur Feder – und kleckste freilich auch ins Papier. Ein schneller Vorgang. Die Tinte floss gut, und ich konnte loslegen. Dem Blatt Papier, das ich um die Spitze gewickelt hatte, schenkte ich keine Beachtung und legte es zerknüllt in den Altpapierkasten. Der besseren Ordnung wegen – geknülltes Papier trägt ziemlich auf und macht sich in der Rundablage nicht gut – faltete ich es vorhin auseinander und glättete es. Ein filigran-skurriles Geflecht aus Rinnsalen und Klecksen sprang mir ins Auge. Da war sie wieder, die Zufälligkeit. Zu schade, dieses wegzuwerfen. Also gescannt, etwas nachbearbeitet, in ein Format gebracht. Digitaler Rahmen drum. Die Zufälligkeit der Tinten-Rinnsale, bewusst arrangiert und in Szene gesetzt. Mindestens ein individuelles Bild für’s Blog und für Facebook ergibt es doch.

Freilich, wem es Symmetrien angetan haben, kann auch nach Rohrschach klecksen und knicken und zu tieferen Erkenntnissen kommen – oder einfach am nächsten Silvester Blei gießen.

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Design & Typo · Schreibgeräte & Kontor

Der perfekte Bleistift

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Schön, aber nicht perfekt.

Dass ich ihn gerne hätte, hatte ich bereits geschrieben, als ich von den grünen Faber-Castell-Bleistiften berichtete, die Herr Schneck mir geschenkt hat. Nun besitze ich ihn, den perfekten Bleistiftverlängerer mit integriertem Spitzer. Nicht in Sterling-Silber, wie es meinem Geschmack am nächsten kommt, sondern in der günstigeren platinierten Ausführung.

Im Internet habe ich den Bleistift-Aufsatz recht günstig erstanden, quasi als kleines Adventskalender-Geschenk für die vorweihnachtliche Stimmungsaufhellung. Ein ganz billiger Spaß war es trotzdem nicht. Ich habe den Preis für zwei gute Essen dafür gegeben, und so Sie den perfekten Bleistift-Verlängerer beim Schreibwarenhändler Ihres Vertrauens kaufen, zahlen Sie deutlich mehr. Für Ausführung in Sterling-Silber ist dann noch einmal ein guter grüner Schein fällig.

Wie ist dieser Bleistift-Aufsatz aus Metall mit integriertem Spitzer nun? Schön, zumindest schön anzuschauen. Die klassische Form erfreut, der federnde Clip ebenso. Wie fast alle Schreibgeräte aus der Graf-von-Faber-Castell-Serie macht sich der perfekte Bleistift in der Hemdentasche und versprüht etwas Understatement. Mit einem Holzbleistift schreibe und skizziere ich gern und verwende seit langem die einfachen Bleistiftverlängerer in der grünen Kunststoffausführung. Sie haben auch einen integrierten Spitzer. Mehrere dieser Budget-Artikel habe ich in Gebrauch, und bei ihnen ist es mir reichlich egal, wenn sie sich abnutzen oder verloren gehen. Diese Aufsätze bzw. Verlängerungen schützen die Spitze und sorgen gerade bei kurzen Bleistiften für eine angenehmere Haptik. Wenn sie etwas besser spitzen als ein Cuttermesser, dann haben sie ihren Zweck erfüllt.

In der Preisklasse der Edel-Variante erwartet man jedoch perfekte Funktionalität, mindestens wenn ein Produkt vom Hersteller selbst als perfekt bezeichnet wird. Die Schönheit der klassischen Form ist sicher gegeben, der Spitzer dagegen enttäuscht mich etwas. Er spitzt kaum besser als die Spitzer in der beschriebenen grünen Kunststoffausführung. Schade. Ok, das Messer kann man mit einem Mini Schraubendreher auswechseln, sofern es denn gelingt, ein neues zu bestellen. Das Spitz-Bild des angespitzten Bleistiftes ist hingegen bei vielen Bleistiftspitzern unter zehn Euro besser (was Konus, Span und Form der Spitze betrifft).

Ein weiteres Manko hat der Edel-Bleistiftverlängerer zudem. Richtig perfekt passen nämlich nur die kannelierten Holzbleistifte, die mitgeliefert werden, und die man freilich auch nachkaufen kann. Diese sind etwas dicker als die sechseckigen Standard-Bleistifte, z.B. aus der 9000er-Serie von Faber-Castell oder von anderen Marken wie Derwent oder Staedtler. Kurz, ich mag die Kannelierten nicht besonders. Ich besitze viele Marken-Bleistifte, zum Teil aus alten Zeiten, die ich gerne in den kommenden Jahrzehnten aufbrauchen möchte. Sie passen alle in den perfekten Bleistift-Aufsatz hinein, der auch stabil darauf sitzt. Leider passen sie eben nur hinein, nicht jedoch perfekt. Die Öffnung ist für die sechseckigen etwas zu groß. Darüber das wurde schon in einem Forum diskutiert. Etwas besser passen runde Bleistifte hinein. Zur Zeit brauche ich alte, runde Stenobleistifte auf und damit macht der Bleistift-Aufsatz eine ganz gute Figur. Trotzdem frage ich mich, was sich Designer und Produktentwickler dabei gedacht haben, diese Bleistiftverlängerung so zu konstruieren, dass sie nur mit den mitgelieferten Bleistiften perfekt funktioniert.

Soll das Stück mehr als ein Besserverdienenden-Geschenk sein, das ein paarmal verwendet wird und dann in der Ecke oder im Internet-Auktionshaus landet, dann müssten doch diejenigen im Mittelpunkt stehen, die tatsächlich Holzbleistifte verwenden. Viele Künstler, Architekten, Grafiker und Autoren sind das. Zu diesem Kreis der Holzbleistiftnutzer gehöre ich auch. Wir haben unsere favorisierten Bleistifte, mit denen wir besonders gut schreiben und skizzieren können. Manchmal Budget, manchmal Marke, manchmal exotische Härtegrade, die es nur von bestimmten Herstellern gibt. Das werden ganz selten diese kannelierten sein. Schade, dass nimmt dem Bleistift-Aufsatz seine perfekte Alltagstauglichkeit. Sicher funktioniert das Stück mit fast allen Bleistiften, nur sitzen diese eben nicht perfekt darin – wie man es preisklassenadäquat erwarten könnte.