Bar Milano – Mitte Stylewalk #01

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Gestern war so ein typischer Januar-Samstagnachmittag, an dem es den ganzen Tag nicht richtig hell wird. Dazu noch stürmisch, so dass man keinen Hund vor die Tür schickt. So sind wir gestern nur kurz zur Apotheke gelaufen. Auf dem Rückweg wollte ich für das Netznotizen’14-Jahrbuch noch schnell ein Foto vom Gebäude des ehemaligen Kaufhaus Jandorf an der Kreuzung Brunnenstraße/Invalidenstraße machen. – Apropos Jahrbuch, in 2-3 Wochen ist es fertig, stay tuned ;)

Also schlenderten wir das kurze Stück der Brunnenstraße vom Rosenthaler Platz bis zur bis zur Kreuzung Invalidenstraße, ich fotografierte in der Nachmittagsdämmerung, und bevor es wieder zur Wohnung ging, musste ein Außer-Haus-Kaffee in der Nachbarschaft sein. Locations gibt es hier mehr als genug dafür. Gestern kehrten wir in die Bar Milano in der Brunnenstraße 11 ein.

Diese kleine Bar mit ihren vier Ledersesseln und dem kleinen Galeriepodest gibt es erst seit wenigen Monaten. Schon einmal habe ich hier einen kurzen Stop auf der 300 Meter langen Strecke zwischen dem U-Bahn-Eingang an der Brunnenstraße und unserer Wohnung eingelegt und war recht angetan. Bereits beim ersten Besuch gefiel mir das schnörkellos- nüchterne Ambiente. Vor allem, weil es hier mit Gold und gelblichem Licht kombiniert wird und daher alles etwas angenehmer und wärmer anmutet als sonst so oft.

Gestern saßen wir oben auf der Galerie bei Cappuccino, Latte Macchiato und sehr schön hergerichtetem Ciabatta. Die leckeren Snacks werden im vorderen Bereich der Bar Milano frisch zubereitet und dafür Fleisch und Salami frisch aufgeschnitten. Neben denen Ciabatte gibt es einiges an Antipasti und Roastbeef. Mit etwas Glück werden – so wie gestern Nachmittag – italienische Schlager-Highlights der 60er gespielt. Hach.

So sie in der Nähe vom Rosenthaler Platz unterwegs sind, verbringen Sie Ihre Zeit nicht in gewöhnlichen Stehcafés zweiter Klasse sondern kehren in der Bar Milano ein.

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Langsam aber sicher, wie heiße Lava

Der Betreiber des Imbiss in der Nähe des Rosenthaler Platzes, in dem ich früher oft Snacks auf die Hand  gekauft habe und jetzt wirklich lange nicht mehr dort war – nicht, weil sein Angebot schlecht ist, sondern weil sich meine Lebensumstände geändert haben – fragt mich, wie es mir geht und erzählt, er sei mit seinem Geschäft nur noch bis Mitte nächsten Jahres hier. Er ist jetzt seit 13 Jahren hier, sein Mietvertrag laufe aus, und der neue Eigentümer habe ihm zwar eine Verlängerung in Aussicht gestellt, allerdings nur für 3000 Euro Miete mehr. Das Internet-Café nebenan, das mal zum Imbiss gehörte, hat er schon länger nicht mehr. Das braucht am Rosenthaler in 2014 auch kein Mensch mehr. Ein Szene-Stehimbiss ist dort eingezogen. Schade, da geht wieder ein Guter. Vom Stil her passt der Laden allerdings auch eher nach Neukölln. Hier in Mitte, Grenze Prenzlbg. fand ich ihn immer bereichernd, nicht der Einrichtung wegen, aber wegen des netten Betreibers .

Wie heiße Lava breitet sie sich langsam aus, die Gentrifizierung, die ich auch manchmal befürwortet habe. Kommt langsam aber sicher und breitet sich flächendeckend aus. Unser Haus wird sie nicht erreichen, da muss ich mir keine Gedanken machen, darüber sind wir uns einig. Wir sind Insel, trotz Edelgrundstück eines der letzten unsanierten Häuser. Nur Insel ist eben Insel – wo soll ich dann meinen Spätkauf-Schnickschnack, die Flasche Bier und den kleinen Snack zwischendurch kaufen? In der Bio-Company mit angegliedertem Edel-Spätkauf?

Die zweite Frage ist natürlich: Was und wer kommt kommt danach in dieses Ladenlokal? Vielleicht Sie? Als Gattin eines gut verdienenden Managers, die sich mit dem drölfzigsten Café für mediterrane Spezialitäten als Steuerabschreibeobjekt selbständig macht oder als alterndes blondes Marketing-Girl, dass sich den Traum vom Designer-Label mit einer eigenen T-Shirt-Kollektion erfüllt und Shirts vegan und im Kartoffeldruck bedruckt? Bitte nicht.

Oder ziehen Sie dort ein als jemand, der es sich leisten kann, dort einen Schnickschnack-hach-ist-ja-alles-Kunst-Laden zu eröffnen, eine veritable Miete zu zahlen und Ihr westdeutsches Erbe so zu vernichten? Bitte, tun Sie das meinetwegen, nur woanders. Wir haben hier schon genug von diesen Läden.

 

 

Brunnenstraße

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Gerade sitze ich in der Konditorei →Du Bonheur an der Berliner Brunnenstraße, genauer gesagt im Teil der Brunnenstraße zwischen dem ehemaligen Modeinstitut der DDR (vormals Kaufhaus Jandorf) und der Berliner Mauer, also zwischen Kreuzung Invalidenstraße und Kreuzung Bernauer Straße. Ziemlich oft bin ich hier unterwegs. Zwar ist die U-Bahn Rosenthaler Platz näher zur Wohnung an der →Barnimkante, jedoch erscheint der Weg vom Rosenthaler Platz bergauf die Veteranenstraße empor mental beschwerlicher als die locker und schnellen Schrittes zu beschreitende Strecke von der U-Bahn Bernauer Straße zur Wohnung, ein Stück die Brunnenstraße entlang.

»Brunnenstraße«, das ist so ein Feld-, Wald- und Wiesen-Straßenname, den es eben neben der Feldstraße, Waldstraße und Wiesenstraße in fast jeder Gemeinde gibt. Umso erstaunlicher ist es, dass es in Berlin nur eine einzige Brunnenstraße gibt, wo doch viele Straßennamen durch Eingemeindungen doppelt vorkommen. Nein, es gibt sie nur einmal, die Brunnenstraße. Sie ist eine besondere Straße, die jeder Berliner kennt und von der es zu Mauerzeiten einen Ost-Teil und einen West-Teil gab. Die Mauer durchschnitt diese Verkehrsader direkt. So wird beim Wort »Brunnenstraße« heute noch schnell klar, ob jemand im Osten oder im Westen Berlins aufgewachsen ist – der viel zitierte Ossi-Wessi-Unterschied also. Spricht man beiläufig von der Brunnenstraße, so assoziieren die im Osten aufgewachsenen oft damit den Bereich zwischen Rosenthaler Platz und Bernauer Straße, während die zu Mauerzeiten im Westen aufgewachsenen meist die Gegend um den Gesundbrunnen meinen.

Nun, der West-Teil der Brunnenstraße ist nicht meins. Hochhausbebauung der sechziger und siebziger Jahre, heute mit Quartiersmanagement und der dazu passenden Bewohnerschaft. Kein Hauch von Gentrifizierung, zu der ich so eine Art Hassliebe haben, mag ich es doch heute etwas gediegener und trinke lieber Champagner als Faber Sekt, so es denn irgendwie geht. Den Ost-Teil der Brunnenstraße beobachte ich nun schon ziemlich lange. Ich kenne dieses kurze Stück zwischen Rosenthaler Platz und Bernauer Straße schon seit 1997, seitdem ich in Berlin bin. Ziemlich vergammelt war es hier vor 16 Jahren noch. Nicht verwunderlich, war das Stück zwischen Invalidenstraße und Bernauer doch eine Sackgasse, abgeschnitten durch die Mauer.

Anders als Kollwitzplatz und Kastanienallee war die Brunnenstraße auch 2005 noch, in dem Jahr, in dem ich am Zionskirchplatz die Wohnung bezog, eine ziemlich vergammelte Durchgangsstraße. Aus dem Wedding fuhr man leicht bergab mit dem Fernsehturm im Blick vom Schlicht-Wohngebiet der späten 60er in die Ost-Straße mit mehr oder minder rekonstruierten Altbauten, Hinterhöfen und hier und da mal Einzelhandel, nicht der feinsten Art. Rasant hat sich dieser Teil in den letzten Jahren gewandelt. Gentrifizierung. Mit Verknappung der Grundstücke in Mitte auch hier, an der Durchgangsstraße. Cafés ziehen ein, so wie diese Patisserie, in der ich gerade sitze und von der die Berliner Zeitung schreibt, sie hätte →Pariser Niveau. Vielleicht ganz treffend, diese Formulierung. Schön und gediegen ist es hier, das Glas Champagner nicht weit. Publikum mit Hipster- und Medien-Faktor, zu dem ich ja durchaus dazu gehöre. Ok, bei mir nur der Medien-Faktor, aber schon lange. Und für später zu Hause die Qual der Wahl: Birnen-Schokoladen-Tarte, Paris-Brest, Tarte Citron, Dulcey, Ribisel Tarte, Millefeuille, Mont Blanc, Nadja oder Eclair Chocolat? Ich nehme das Eclair Chocolat. Schön, er macht sich also, dieser Teil der Brunnenstraße, die mehr und ältere Geschichte hat, als von der Mauer durchschnitten zu sein.

Das Buch zur Straße

Es gibt ein Buch darüber, in dem man vieles über diese Straße lesen kann. Die einzelnen Kapitel gibt es auch direkt online zu lesen. Mich interessieren diese Einzelheiten, weil es um die unmittelbare Nachbarschaft geht. Allerlei interessantes lese ich dort. Z.B., dass der junge Moses Mendelssohn in 1743 als Jude nur durch das Rosenthaler Tor in die Stadt einreisen durfte. In etwa dort, wo heute der Rosenthaler Platz ist – die Stadtgrenze verlief ungefähr entlang der heutigen Torstraße, die es freilich erst viel später gab. Berlin-Historie abseits der Wilhelms und Friedrichs.

Einiges weiteres lässt sich noch im Internet über die Brunnenstraße finden, z.B. über das Kaufhaus Jandorf an der Kreuzung Brunnen-, Veteranen-, Invalidenstraße, in dem das spätere Modeinstitut der DDR (Haus der Mode) untergebracht war oder über das lange besetzte Haus Nummer 183, über das ich im letzen Sommer schon schrieb.

Hier eine kleine Link-Sammlung:

Wikipedia

Kauperts Straßenführer durch Berlin

Contemporary Art – Kunst und Galerien

Kaufhaus Jandorf (Warenhaus am Weinberg)

Modeinstitut der DDR (Haus der Mode)

Quartiersmanagement des West-Teils der Brunnenstraße im Wedding

Brunnenstraße 183

Das Buch zur Straße

 

 

Brunnenstraße 183

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Mehr oder weniger durch Zufall waren Miz Kitty und ich am Freitag im Haus Brunnenstraße 183, dieser von Hausbesetzern bis 2009 besetzten Ruine, deren Sanierung jetzt wohl beginnt, nach einigem Hin- und Herverkauf mit der im Kiez üblichen Wertsteigerung. Das Haus Nummer 183 hat ja eine interessante Geschichte, es war mehr als 20 Jahre besetzt und wurde 2009 mit großer Beachtung gräumt. Von unserer Wohnung am Zionskirchplatz sind es nur gute 300 Meter.

Wir hatten Freitag morgen außer Haus gefrühstückt, da kein Kaffee mehr da war und hatten uns danach den Neubau an der Brunnenstraße angesehen, der von hinten direkt an den Weinbergspark grenzt. Man muss wissen, im Moment sitzen wir öfter im Park und hatten uns letztens noch über diesen Neubau unterhalten. Zufällig ergab es sich, dass die Durchfahrt des auf der anderen Straßenseite der Brunnenstraße gelegenen Hauses Nummer 183 offen war. Das ehemals besetzte Haus. Nun, ich bin seit den Neunzigern hier unterwegs. Ich kenne viele Häuser und Innenhöfe hier im Kiez an der Grenze von Mitte und PrenzlBg. Einerseits, weil mich Abbruchhäuser und Sanierungsobjekte in den damals noch grauen Straßen der Nachwendezeit immer anzogen und andererseits, weil ich ziemlich lange eine geeignete Wohnung suchte. In vielen Häusern bin ich schon gewesen, nicht jedoch im Haus Brunnenstraße 183.

Als ich nun vorgestern sah, dass die Durchfahrt zur Nr. 183 offen stand und die zweite Durchfahrt ebenso – im hinteren Hof war ein Radlader zugange –, sagte ich zu Miz Kitty, ich müsste einmal dieses Grundstück erkunden. Sehr gerne, meinte sie. Sie hat nämlich Ende der 80er Jahre für einige Monate im heute sanierten Nebenhaus gewohnt. Zu der Zeit, als ich noch in Hannover lebte, sie im Weinbergspark für ihre Dramaturgie-Prüfung lernte, die DDR zwar schon kaputt, aber eben noch DDR war und die Vorstellung ziemlich absurd gewesen wäre, dass wir beide in 2013 hier in der Nachbarschaft wohnen und sommerabends im Weinbergspark Champagner trinken.

Wir betraten also das Grundstück und stellten fest, dass der hintere Eingang des Seitenflügels offen war. Vorher hatte ich bereits einige Fotos mit meinem iPad gemacht, das ich zum Frühstücken mitgenommen hatte. So eine Ruine vor der Sanierung, dazu offen begehbar, das ließen wir uns nicht entgehen. Auch die Miz hatte ihre Freude und Neugier. Also nichts wie rein. Ok, sagten wir uns, wenn Bauarbeiter da sind, die uns wieder rausschmeißen, gehen wir halt wieder. Die waren jedoch nur mit ihrem Radlader draußen zugange und so konnten wir uns im lange entwohnten Haus mit seinem ruinösen Zustand ausgiebig umsehen. Ich finde diese Stimmung in solchen Lost Places ja immer sehr schön und etwas kribbelnd. Man arbeitet sich langsam vor, ist neugierig und hat immer ganz ungewohnte und neue Erkenntnisse. Natürlich interessierten uns vor allem Bauweise, Grundrisse und Architektur, wohnen wir doch nicht weit in einem ähnlich alten Haus. Neu waren für uns die fachwerkartigen Innenwände, die früher wohl mit Steinen gefüllt waren. So eine ähnliche Wand scheint eine der Trennwände in unserer Wohnung zu sein, mit schräg verlaufendem Balken darin. Insgesamt ist es so, dass schon vieles entkernt wurde, da überhaupt keine Innentüren und Einbauten mehr vorhanden waren und von den bereits genannten Fachwerk-Innenwänden auch nur noch die Balken stehen. Das sieht man ganz gut auf den Fotos und ist möglicherweise schon bei der Räumung 2009 erfolgt.

Wir haben uns dann eine gute Stunde bis zum Dachboden hochgearbeitet und ich habe einige Fotos gemacht – leider nur mit dem alten iPad2, d.h. niedrig aufgelöst und etwas unscharf. Zwischenzeitlich gabs dann auch noch ein Stück DDR-Zeitung zu studieren, das an einem Balken klemmte. Von 1976, mit Anzeigen, in denen der Wartburg 311 für 6000 Mark angeboten wird, Privatdarlehen gesucht werden und Schulabgängern der Job des Textilreinigers in der Komplexannahmestelle angetragen wird. Miz Kitty hatten es übrigens die Buchendielen angetan, die zum Teil noch vorhanden sind. Unverwüstlich und mit dem Anstrich der dunkelroten Ochsenblut-Farbe aus alten Zeiten. Gut, könnten wir mit dem Eigentümer Kontakt aufnehmen und damit vielleicht unsere knarrenden Dielen aus DDR-Zeiten gegen einen Obolus ersetzen? Könnten wir nicht: Die, die noch da sind, sind zu kurz, die anderen sind längst abgebaut.

So wurde der Freitag zu einem richtigen Urlaubstag, mit dem besten und einmaligen Erlebniswert – 300 Meter von zu Haus. Klar, ich hätte einmal kurz nach Hause gehen können und die große Kamera holen. Das war mir dann doch etwas zu aufwendig, denn die Lost Places wiederholen sich auch irgendwann.

Wer sehen möchte, wie die Brunnenstraße 183 zur Zeit innen aussieht, schaut sich ▸hier meine FOTOS an. Weitere Infos zu diesem Haus, seiner Geschichte und den aktuellen Sanierungsplänen gibt es via Google ▸hier.

Ach ja, sehr gespannt bin ich natürlich, wie das Luxusobjekt in drei Jahren aussieht und wieviel TDE für den Quadratmeter gezahlt werden.