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Adventskranz-Variationen

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Dieses Foto hatte ich in der letzten Woche schon unter »Bilder der Woche« in der Rubrik »Kurz berichtet« veröffentlicht. Auf Facebook, Twitter und sonst in der Welt gab es viele Favs und Likes dafür. Deswegen nehme ich es hier noch einmal in die Hauptbeiträge der Netznotizen auf.

Die Serie entstand eher zufällig. Wir sprachen über den bei uns nur digital vorhandenen Adventskranz (siehe anderer Beitrag), und ich setzte vier Teelichter in eine kleine Holzschale, spielte etwas damit rum und fotografierte jeweils mit dem iPhone. Wenn der Advent vorbei ist, geht das ganze auch noch als Familien- bzw. Beziehungsinterpretationen von Viererkonstellationen durch.

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Adventskranz

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Digital, nadelt nicht – #sosimple

Heute ist der erste Advent, und spätestens jetzt ist auch mit viel Ignoranz klar, dass bald Weihnachten ist. Viele Jahre war mir dieser Weihnachtstrubel zuwider. Ich bin diesbezüglich jedoch nicht allein. Vielen Menschen ist dieses Vorweihnachtsgehuddel nicht angenehm. Ich persönlich bin beeinflusst durch die Weihnachtsvorbereitungen in meiner Ursprungsfamilie. Alles musste dort perfekt sein. Dazu nicht ein Adventsgesteck, sondern in jedem Raum eines, damit alles schön weihnachtlich wird, für das große »Fest der Liebe«. Vielen aus meiner Generation geht es genauso, mit unseren westdeutschen Müttern, die ihrem Job als Hausfrau nachgingen.

Natürlich gab es in meinem Umfeld auch Familien, die immer ein richtig großes Weihnachtsfest feierten, oft der Familientreff des Jahres. In unserer kleinen Familie war das nicht so. Alle sahen sich sowieso jeden Tag. So hatte das Weihnachtsfest selten richtige Herzlichkeit und die Weihnachtsvorbereitungen waren oft mehr mit selbst gemachtem Stress und Gerädertheit verbunden, als mit Gelassenheit und Freude. Die Familien mit vielen Geschwistern der Kinder und Eltern habe ich immer beneidet. Bei ihnen war vieles sichtbar weit weg vom Perfektionismus, was bei den vielen Personen auch gar nicht anders gehen konnte. Bei uns war es anders. Bei uns war alles schön. Scheinbar. So hab ich die Weihnachtsvorbereitungen und das Weihnachtsfest in meiner Kindheit und Jugend nicht in positiver Erinnerung.

Nach meinem Auszug zum Studium befreite ich mich sofort von diesem Weihnachtsgedöns. Mit einer Ausnahme, denn eine meiner Freundinnen war christlich engagiert, gab es in all meinen Studentenwohnungen und -WGs keinen Weihnachtsbaum und kein Adventsgesteck. Im Laufe der Jahre wurde mein Umfeld erwachsen und ich auch. Freunde und Bekannte bekamen Kinder und manch einer kam tatsächlich aus so einer Großfamilie, wo Weihnachten »nach Hause« zu fahren einem großen Familientreffen gleichkommt, auf das sich die Betreffenden schon Wochen vorher freuen. Andere unternehmen in der Vorweihnachtszeit mit den eigenen Kindern viel und freuen sich daran, wie sich ihre Kinder darüber freuen. Über Helloween, Martinssingen, Laternenumzüge, Kekse backen, Adventsgestecke basteln, gemeinsames Adventsingen mit Kindern und Eltern und über das Basteln von Weihnachtsgeschenken. Alles das, was in meiner Kindheit oft mit Stress, Ungeduld und dem Druck, nichts falsch zu machen, verbunden war. Durch die Erfahrungen, dass es Menschen gibt, denen diese Zeit etwas bedeutet und die sich herzlich ungestresst und ohne Anspruch nach irgendetwas, mindestens nicht nach Perfektion, darüber freuen, kann ich diese Zeit heute selbst ganz gut genießen.

Meine letzte Beziehung konnte mit Weihnachten genauso viel anfangen ich damals noch, nämlich fast gar nichts. Jetzt wohne ich schon drei Jahre mit Miz Kitty zusammen und bin längst mit ihr verheiratet. Sie als Weihnachtsenthusiastin zu beschreiben wäre um 180 Grad verdreht. Sie hat viele Jahre Weihnachten recht außergewöhnlich verbracht. So kommt es, dass hier zwar Weihnachtskekse und Stollen gebacken werden, – weil gut, lecker und selbstgemacht – wir jedoch am ersten Advent weder einen Adventskalender noch Adventskranz oder -gesteck haben.

Freilich, hier gibt es Kerzen und Teelichter galore. Brauchen wir jetzt noch einen Adventskranz mit Tannennadeln, Zapfen und die Kerzen in kitschigem Rot? Manchmal konterkariere ich solche Situationen. Zum Beispiel, indem es dann doch den kitschigen Adventskranz mit roten Kerzen, Schleifchen, Nadelgewächs und Zäpfchen gibt. Das tue ich in diesem Jahr nicht. Während Kitty gerade sagt, »Können wir morgen noch kaufen,… ist morgen billiger, weil der erste Advent schon rum ist« nerde ich heute lieber digital rum, um doch noch die roten vier Kerzen ins Wohnzimmer zu bekommen. So habe ich einen digitalen Adventskranz kreiert. Nicht nur für uns, auch für Sie, falls ihre Wohnung noch unweihnachtlich anmutet und ihre westdeutsche Mittelschichtsverwandtschaft christlicher Prägung sich zum Besuch angesagt hat.

Einfach das MacBook aufklappen oder den Computer der Wahl starten, diesen Internetlink aufrufen und fertig. Sie finden bestimmt noch ein Internetradio mit Adventsliedern und die Kekse bringt dann hoffentlich Ihr Besuch mit.

Viele Vorzüge hat der digitale Adventskranz. Er nadelt nicht. Er zeigt Ihrem nicht computeraffinen Besuch, was man mit Computern alles machen kann und dass das teure MacBook Pro in Ihrer Studentenbutze oder in Ihrem Atelier sinnvoll eingesetzt ist. Weiterhin brauchen Sie keine Streichhölzer zum Anzünden zu kaufen. Ich wäre nicht @GrafTypo, wenn nicht ganz automatisch am zweiten Advent dort zwei Kerzen brennen würden und am dritten drei. Sie müssen also nicht einmal überlegen, der wievielte Advent gerade ist und outen sich nicht als Advents-Banause, der am dritten Advent erst zwei oder schon alle vier Kerzen anzündet.

Mit einem Browser, der die Internetseite im Kioskmodus, d.h. im Vollbildmodus ohne Symbolleisten, anzeigt, sieht es so wie auf dem Foto aus – ohne störende Adresszeile. Der Google-Chrome-Browser kann diesen »Präsentationsmodus« darstellen. Verwenden Sie entweder Chrome oder googlen Sie einfach, wie Ihr Browser im Kioskmodus funktioniert. Oder laden Sie sich einen speziellen Kioskbrowser, mit dem Sie den Link zum digitalen Adventskranz aufrufen. Auf dem iPad funktioniert der erweiterte Vollbildmodus zum Beispiel mit dem Atomic-Web-Browser.

Dann feiern Sie mal schön Advent und lassen es sich gut gehen.

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Die grünen Bleistifte

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Dinge, mit denen wir aufwuchsen…

Jeder kennt sie, die grünen Bleistifte der 9000er Serie von Faber Castell. Diese Stifte gab es schon seit Anfang letzten Jahrhunderts und damit zu meiner Kinderzeit schon viele Jahrzehnte. Heute gibt es sie immer noch. Damals™ hatten sie eine etwas hellere Farbe: »jägergrün« oder »Napier green«. Seit den 80ern sind sie im edel anmutenden dunkelgrün zu haben, man könnte es »British Racing Green« oder nach der Schokoladen-Verpackung »After-Eight Grün« nennen.

So manches westdeutsche Schulkind hatte zumindest einige dieser jägergrünen Stifte in Schule und Kunstunterricht. Vertraute Dinge der Kindheit, die es heute noch immer gibt, wenn auch heute etwas anders und mit der Wortmarke Faber-Castell in Kapitälchen statt wie früher A.W. Faber in Versalien. Die alten Jägergrünen liegen freilich noch in mancher westdeutschen Schublade, denn ein normal harter Bleistift verbraucht sich oft über Jahrzehnte nicht, wenn man ihn nicht ständig benutzt oder ihn zu Tode spitzt.

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Als Kind besaß sich eine ganze Reihe dieser Bleistifte in mehreren Härtegraden. Ich war schon immer etwas »pen and paper addicted« und mein Vater brachte dieses und jenes aus dem Büro mit. Ein paar Mal bekam ich auch eine leere Blechschachtel, in der es damals™ diese besseren Bleistifte in Papier eingeschlagen zu kaufen gab. Die Schachteln lagen wohl schon gute 10 Jahre im Büro, bevor sie endlich leer waren und ich sie bekam. Hervorragend eigneten sich diese Blechschachteln als kleines Stiftetui. Einige davon habe ich später im Studium verschlissen. Man konnte darin sehr gut einen Bleistift, einen Kugelschreiber, Spitzer, Radiergummi und noch zwei Farbstifte aufbewahren. Mindestens eines dieser »Stiftetuis« gibt es noch in meinem Fundus. Das letzte habe ich wohl vor guten 25 Jahren verwendet und hatte es innen mit dem gelben Filzvlies eines Spültuches ausgeschlagen, da mir die Stifte in der Blechschachtel zu sehr klapperten. Das funktionierte prima und sah dazu ganz gut aus.

Nun, warum schreibe ich das alles und was hat es mit der abgebildeten, voll gefüllten Bleistiftschachtel zu tun? Herr Schneck, dessen Blog Miz Kitty letztens umgezogen hat, hat mir diese Schachtel geschickt. Sehr gefreut habe ich mich darüber, hängen doch an diesen jägergrünen Stiften Kindheitserinnerungen. Die gefüllte Schachtel stammt aus dem Stuttgarter Architekturbüro des Vaters und Großvaters von Herrn Schneck. Wissen Sie, was ich jetzt tue? Ich spitze sie nach und nach mit dem hammerschlaggrünen Kurbelanspitzer, ebenfalls von Faber-Castell, Baujahr 1970 und schreibe oder zeichne damit. Echte jägergrüne Analog-Apps. Herzerfreu. Danke, Herr Schneck. Eigentlich haben diese Bleistifte einen Spitzer aus Sterlingsilber mit Clip verdient. Den bestelle ich jetzt. Erklären Sie mich für verrückt ob des Preises. Es ist ein Liebhaberstück und man kann dort nicht nur die mitgelieferten holzfarbenen einstecken.

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…und viel mehr dahinter:

Nicht nur westdeutsche Kindheitserinnerungen bringt die Bleistiftschachtel von Herrn Schneck hervor. Es verbirgt sich jede Menge deutsche Wirtschaftsgeschichte darin.

Da ist zuerst einmal die Marke Faber-Castell. Faber, die Bleistift-Dynastie aus dem fränkischen Ort Stein bei Nürnberg. Seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind Bleistiftmacher dort ansässig, allen voran die Fabers, aus deren Familie sich neben »A.W. Faber-Castell« die Unternehmen »Johann Faber« und, heute noch sehr bekannt, »Eberhard Faber« entwickelten. Nürnberg und Bleistifte, das scheint zusammen zu passen. Auch Staedler kommt aus Nürnberg, Sie wissen schon: die blauen Bleistifte mit dem schwarzen Kopf.

Weiter steckt Wirtschaftsgeschichte vergangener Zeiten in den jägergrünen Bleistiften: Von den Anfängen der Faber’schen Bleistiftproduktion im langsam beginnenden industriellen Zeitalter über den erfolgreichen Lothar Faber, einen Macher, der die Marke »A.W. Faber«, mit den Initialen seines Großvaters, prägte und bekannt machte, eine sibirische Graphitmine kaufte und vom bayrischen König Maximilian II geadelt wurde, bis hin zu seiner Enkelin Ottilie. Diese heiratete 1898 den Grafen Alexander zu Castell Rüdenhausen. Er führte die grüne Farbe für die Bleistifte ein, die Farbe seines Regiments. Markenbildung Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Verbindung zwischen neuem Adel und altem Adelsgeschlecht führte zum Namen Faber-Castell, war persönlich jedoch nicht erfolgreich. Ottilie trennte sich nach 20 Ehejahren von ihrem Mann und ließ sich scheiden – äußerst unüblich für diese Zeit. Ausführliches über die Zeit, die Gesellschaft und die Personen können Sie in der Romanbiografie von Asta Scheib über Ottilie von Faber lesen.

Und nicht zuletzt gibt es da den Graf Anton Wolfgang von Faber-Castell, Jahrgang 1941, der dem Unternehmen seit den achtziger Jahren vorsteht und mit Geschick mit der Marke »Graf von Faber-Castell« ein Marktsegment besetzt hat, dass Liebhaber schöner Dinge anspricht, die auch etwas teurer sein dürfen.

Wer Bleistifte nicht wie Türklinken benutzt (sie also täglich gebraucht, aber selten den Unterschied wahrnimmt) und sich für Geschichte und Gesellschaft interessiert, für den lohnt es sich, einmal im Netz über die Faber’sche Bleistiftdynastie zu lesen.

 

 

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Interrobang & Co.

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Zufällig kam ich vor kurzem mit dem einem Interrobang in Berührung. Bestimmt habe ich es schon einmal als Symbol gesehen, jedoch nicht aktiv wahrgenommen. Wie, Sie wissen nicht, was ein →Interrobang ist?! Ha, da war es gerade schon in meiner Frage. Es ist die Kombination von Fragezeichen und Ausrufezeichen. Damit wird einer Frage Ausdruckskraft verliehen. Freilich, diese seltene Kombination gibt es schon lange, u.a. in Comics. Etwas ungewohnter ist dagegen, das Ausrufezeichen und das Fragezeichen übereinander zu platzieren, so dass ein neues Satzzeichen entsteht, das Interrobang.

Dieses Zeichen erinnerte mich spontan an mein Hyphomma. Ich unterrichtete vor knapp 10 Jahren einen Kurs mit Azubis zum Mediengestalter. Im Rahmen der Prüfungsvorbereitung wiederholten wir Mikrotypografie und Makrotypografie rauf und runter, und ich hatte den Eindruck, dass in diesem Kurs richtig gute, intelligente Azubis waren, die in Schriftsatz und Typografie schon sehr fortgeschritten waren und sich zudem kein X für ein U vormachen ließen.

Noch einmal ging es um Satzzeichen, Divis, Viertelgeviertstrich, An- und Abführungszeichen, etc. Freilich, sie wussten gut damit umzugehen. Spontan kam mir die Idee, sie noch einmal zu testen. Ach ja, das Hyphomma sollten Sie auch richtig einsetzen können. Das muss der Setzer natürlich verwenden, auch wenn es nicht im Manuskript steht. Hyphomma? Wie, kennen Sie nicht? Schnell skizzierte ich das Zeichen an die Tafel und erklärte, dass es sich um die Kombination des normalen Bindestriches und eines Komma handelte. Quasi ein Semikolon, nur mit einem Bindestrich statt des Punktes über dem Komma. Daher auch der Name, zusammengesetzt aus →Hyphen und →Comma. Man würde es benutzen, wo das Komma eine zu kurze Pause symbolisiere, der Halbgeviertstrich jedoch eine zu lange. Alles hatte ich mir blitzschnell ausgedacht. Wie jetzt? Hyphomma? Hatten die Azubis nie gehört. Damit sie nun schnell erkennen sollten, dass das Hyphomma reine Fiktion und meine Erfindung war, schob ich schnell nach, das Hyphomma läge in einem höheren Unicode-Bereich, gleich hinter Klingonisch. Ok, Kurve gekriegt. Einige grinsten, gaben genauso unwirkliche Statements, wo man das Hyphomma denn noch benutzen müsse, die ich wiederum ergänzte. Fein, die haben verstanden, dass Hyphomma reine Fiktion ist, die lassen sich kein X für ein U vormachen. Gut so. Am nächsten Kurstermin bekam ich dann jedoch mit, dass einige sich Notizen über das Hyphomma und seine Verwendung im Schriftsatz gemacht hatten. Oh, ich musste also eine offizielle Ansage machen:

Hyphomma gibt es nicht.

Wirklich nicht? Vieleicht kennen Sie dieses Zeichen? Ich kann mir gut vorstellen, dass auch dieses Zeichen eines der 60.000 Unicode-Zeichen ist, wofür es auch immer stehen mag. Aber ich kann nicht alle Unicode-zeichen kennen, auch wenn es keine Klingonen-zeichen sind. Wenn es das Hyphomma gibt, lassen Sie es mich wissen und teilen mir mit, wie es richtig heißt und welche Unicode-Position es hat.

 

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Plagt dich Kummer oder Ärger…

Vor einigen Wochen war ich nach langer Zeit wieder in Ostwestfalen. In Bielefeld, meiner Geburtsstadt. Natürlich kommen bei so einem Besuch viele Kindheitserinnerungen auf und manchmal gehören dazu ganz subtile Kleinigkeiten. So sprang mir während unserer Kneipentour mit den Bielefelder Flaneuren ein Bierdeckel ins Gedächtnis, den es im Haushalt meiner Großeltern gab und von dem ich schon als Kind fasziniert war. Es ist ein Bierdeckel der →Brauerei Dittmann aus Langenberg, in der Nähe von Gütersloh.

»Plagt dich Kummer oder Ärger, trinke Dittmanns Langenberger« heißt der flotte Spruch auf den Deckel. Flott, naja Sie wissen schon, in den 50ern und 60ern wurde einfarbig gedruckt und der Durchschnittsbürger verstand sowieso kein Englisch. Da musste man sich als Werber etwas einfallen lassen um in Erinnerung zu bleiben. Gerne griff man in dieser Nierentischära auf Slogans mit Ohrwurmqualität zurück, mit Reim und Witz. Diese Ohrwurmqualität hat der Spruch auf dem Deckel sicherlich. Richtig getoppt wird er jedoch durch die Illustration, durch dieses rundliche Gesicht eines in die Jahre gekommenen Mannes, der griesgrämig schaut, offensichtlich geplagt von Kummer und Ärger. Und zack, dreht man den Deckel um 180°, so wird aus dem trüben Gesicht plötzlich ein freundlich lächelndes.

Diese Illustration, die ganz einfach durch Spiegeln bzw. um 180° drehen von grimmig zu freundlich wechselt, faszinierte mich schon als Kind und fasziniert mich heute immer noch. Leider kann ich den Gestalter nicht ermitteln. So ein Gesicht zu zeichnen, dass nur durch einfache Spiegelung bzw. Drehung um 180° den Ausdruck von böse nach heiter wechselt, ist nämlich nicht so trivial, wie es vielleicht erscheint. Hier ist es gut gelungen. Ich habe eine kleine Animation erzeugt (ein animiertes GIF-Bild), alle 5 Sekunden mit dem Wechsel zwischen grimmig und heiter.

Nicht nur grafisch ist der Deckel ein Zeitzeugnis längst vergangener Jahrzehnte. Mit simplerer Technik, anderen Werten und anderem Tempo. Die Welt der fünfziger und sechziger Jahre. Als der Lohn noch in der Tüte ausgezahlt wurde und es in den Städten noch richtige Eckkneipen gab. Als mancher am Zahltag erst einmal einen über den Durst trank und Wirt und Wirtin noch Therapeutenfunktion hatten. Eine Welt, in der Rauchen zum guten Ton gehörte und man barocke Körper und Gesichter den hageren vorzog, die »ja nichts zuzusetzen haben«, wie es allgemein hieß. Schauen Sie sich Ludwig Erhardt an, der auch körperlich recht gut das westdeutsche Wirtschaftswunder repräsentierte.

Als moderner Mensch 3.0, der sich gesund ernährt, ausreichend bewegt, auf Idealgewicht und BMI achtet und niemals zu Suchtmitteln zwecks Stimmungsverbesserung greift, muss Ihnen dieser Bierdeckel zweifelsohne wie aus einer Dinosaurier-Zeit erscheinen und zudem nicht politisch korrekt, mit der Aufforderung, Kummer und Ärger ganz einfach mit Bier zu begegnen. Stimmt, nach gentrifizierten-3.0-Lebensmaßstäben wäre der Deckel ein Fall für den Werberat. Früher hat das jedoch niemanden interessiert. Die Brauerei gibt es schon seit 1974 nicht mehr.

Ach ja, den →Deppen-Apostroph gab es damals schon, und es gibt es heute immer noch. Typographisch über Jahrzehnte nichts dazugelernt.

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Wiedergeburt

als Lampe

Nun, so geht es denn. Nicht jedem läuft die hübsche Maria Magdalena hinterher, während er bereits auf Höhenflügen ist. Der hier – Sie kennen ihn aus Film und Fernsehen – ist auch längst wiederauferstanden. Als Lampe im Park, gesehen im Rosengarten des Berliner Weinbergsparks. So leuchtet er denn wohl erst einmal eine Weile vor sich hin.

Ach, Blödsinn, gibt’s doch alles nicht, sagen Sie? Ok, dann hat da vielleicht ein Lampendesigner einfach zu viel Star Wars geschaut.

 

 

 

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Name, Marke, Internet-Adresse

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In den letzten 18 Jahren – solange wie ich im Internet aktiv bin – habe ich viele Internet-Adressen registriert und einige inzwischen recht etablierte Markennamen gehen auf meine Ideen zurück. Mit diesem Beitrag möchte ich Ihnen einige Tipps für die Auswahl eines Namens für ein Projekt, ein StartUp, ein Blog oder einfach als Nickname in Social-Media-Communities geben.

Schall und Rauch – egal

Nein, keineswegs. Nur ganz schmerzbefreite und uneitle Zeitgenossen nennen ihr Projekt oder ihr Blog einfach so, wie es ihnen gerade in den Sinn kommt, z.B. DA25GVK, was vielleicht einer Nummer auf einem Schlüssel oder entspricht, den sie gerade in Hand haben. Zwar einzigartig und kurz, aber eben nicht sehr einprägsam. Dazu beliebig und ohne Botschaft, auf neudeutsch »ohne Message«. Namen wie »Blumenfee247« oder »Partisan80« sind freilich individueller und enthalten eine Botschaft, die genauer betrachtet aus einer Selbstkundgabe besteht. Wenig einzigartig ist jedoch das Anhängen einer Zahl, weil zum Beispiel »Blumenfee« oder »Partisan« ohne Nummer schon vergeben waren.

Der gemeine Unternehmer, Blogger oder Social-Media-Aktivist möchte es hingegen individuell und unique. Möglichst selbstsprechend, einprägsam, mit einer guten Sprachmelodie und mit der passenden Botschaft darin – und zudem natürlich die passenden Internet-Adressen dazu. Damit fängt dann das kreative Namens-Suchen an, manchmal auch das Drama Namenswahl.

Schon vergeben, gibt es schon

Da es jede Internetadresse und in den Social-Media-Communities jeden Namen nur einmal gibt, sind viele Namen heute leider schon vergeben. In Vor-Internetzeiten interessierte es niemanden, wenn es in Braunschweig einen Teppichreinigungs-Dienstleister gab, der sich »Heimstaubsaugdienst« nannte und sich den Claim »schnell und sauber« zugelegt hatte und es im weit entfernten Koblenz eine andere Reinigungsfirma gab, die ebenfalls mit »Heimstaubsaugdienst, schnell und sauber« firmierte. Vielleicht wussten beide Firmen nicht einmal voneinander und für die Braunschweiger Kunden war der Koblenzer Heimstaubsaugdienst so was von egal wie der Sack Reis in China. Das hat sich mit dem Internet massiv geändert. Kaum jemand benutzt noch Telefonbücher und hebt Anzeigen auf. Die Kombination aus Smartphone, Internet und Google bahnt den schnellen Kontakt zum Braunschweiger Teppichreiniger zwei Straßen weiter – und der ist berechtigt ärgerlich, wenn mit seinem Namen der Koblenzer Konkurrent gefunden wird. Die weltweite Präsenz im Netz erlaubt keine gleichen Namen. Technisch nicht, und auch vom Anspruch der Einzigartigkeit her nicht. Das macht die Namenswahl oft kompliziert.

‚Nen »geilen Namen« gefunden

Hat man nach mehrfachen Denkspiralen wieder einmal einen »geilen Namen« gefunden, liefert Google schnell die Antwort, ob man mit seiner Idee zurückgepfiffen wird (weil: gibt es schon) oder, ob der Name bisher nirgends verwendet wird und die dazu passenden Internetadressen auch noch frei sind. Ist das tatsächlich so, hat man wirklich eine einzigartige Idee gehabt und fragt online das →Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts ab. Vor allem bei Kunstworten ist das wichtig (die eventuell mal als Produktnamen registriert wurden und nicht mehr im Internet präsent, aber eben geschützt sind). Diese Recherchen sind schnell gemacht und gleich danach sollten alle relevanten Internet-Adressen (z.B. mit .de- und .com-Endung) beim Web-Hosting-Dienstleister des Vertrauens registriert werden (z.B. bei 1und1, Variomedia, Host Europe, etc.).

Internet-Adressen registrieren

Wie gerade beschrieben, ist es absolut übliche Praxis, dass bei jeder neuen Namens-Idee geprüft wird, ob die Internet-Adressen dazu noch frei sind. Ist davon auch nur eine Variante schon vergeben, weiß man zumindest, dass diese Namens-Idee auch jemand anderes hatte und muss schauen, wie man weiter vorgeht.

Im deutschsprachigen Raum sind die Varianten mit .de und .com von zentraler Bedeutung. In Österreich ist natürlich noch die Variante mit .at-Endung und in der Schweiz die mit .ch relevant. Dort allerdings immer auch die .de-Variante. Besteht der Name aus einer Kombination mehrerer Wörter, die jemand in der üblichen Schriftsprache mit Leerzeichen dazwischen schreiben würde, dann sollten auch die Varianten der Internet-Adressen mit Bindestrich gesichert werden. Nicht, weil man sie selbst benutzen würde, sondern damit sie nicht mehr von jemand anderem mit der gleichen Namensidee registriert werden können, der entweder dreist ist oder schlecht recherchiert hat und sich einfach die erstbeste Variante zu seiner Namensidee sichert, und das ist eben zufällig die Variante mit Bindestrich. Das sollte besser nicht passieren. Aus gleichem Grund sollten auch die Varianten mit Umlauten (statt der üblichen Ersetzungen mit ae, oe, ue) registriert werden.

Beispiel

Betreibt jemand ein Restaurant oder eine Schneiderei und hat sich den Namen »Modeküche« ausgedacht, sollte er im Idealfall folgende Internet-Adressen registrieren:

  • modekueche.de
  • modekueche.com
  • mode-kueche.de
  • mode-kueche.com
  • modeküche.de
  • modeküche.com
  • mode-küche.de
  • mode-küche.com

evtl. auch noch

  • modekueche.at
  • modekueche.ch
  • mode-kueche.at
  • mode-kueche.ch
  • modeküche.at
  • modeküche.ch
  • mode-küche.at
  • mode-küche.ch

evtl. auch noch

  • modekueche.info
  • mode-kueche.info
  • modeküche.info
  • mode-küche.info

und vielleicht auch noch die Varianten mit .net und .eu

Das sind dann 28 Varianten, die freilich allesamt auf die gleichen Internetseiten umgeleitet werden. Macht ca. 28 Euro monatlich, da eine Internetdadresse ca. 1 Euro im Monat kostet. Für Privatleute und Blogger überdimensioniert, für Firmen jedoch sicher kostenmäßig kein Problem – und eine Sicherheit, den Namen weitgehend im Internet besetzt zu haben.

Besteht der Name nicht aus einer Wortkombination und sind keine Umlaute vorhanden, reduziert sich die Zahl der Varianten. Hat man sich statt Modeküche den simplen Namen ModeXY ausgedacht, reicht es, folgende Varianten der Internetadresse zu registrieren:

  • modexy.de
  • modexy.com
  • modexy.at
  • modexy.ch
  • modexy.info
  • modexy.net
  • modexy.org
  • modexy.org

Acht Varianten. Für unter 10 Euro im Monat zu haben und der Name ModeXY ist im Netz besetzt.

Damit nicht Blogger kommen und sich mit dem ausgedachten Namen einfach ein Blog bei den großen Blogdienstleistern Blogspot und WordPress einrichten, sollte man das schnell selbst tun und sich z.B. modekueche.wordpress.com oder modexy.wordpress.com sichern – das ist schnell gemacht und kostenlos dazu.

Ich wollte doch nicht das halbe Internet mieten.

Ich wollte doch nur eine Internet-Adresse für mein Blog. Dieses generalstabsmäßige Registrieren aller wichtigen Varianten wie ich es hier einmal für die Modeküche gezeigt habe, wirkt in etwa so, wie den Spatz mit der Kanone zu erschießen. Für Firmen, Start-Ups, größere Projekte oder auch für ein Blog, das nach Höherem strebt und sich als eine Marke aufbauen will, ist es jedoch sinnvoll, da man so mit geringen Kosten verhindert, dass namensgleiche Konkurrenten auftreten, die sich später im schlimmsten Fall den Namen als Marke eintragen lassen und einen selbst ins Off kicken wollen. Verhindern kann man so etwas freilich nie, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich gering, dass jemand sich nun ausgerechnet einen Namen zulegt, zu dem es keine Internet-Adresse mehr gibt, bzw. nur noch die mit den exotischen Endungen. Schon aus diesem Grunde sind die paar Euro im Monat gut investiert.

Für private oder nichtkommerzielle Internet-Angebote, die nur ihre bekannten Stammleser haben und nicht darauf angewiesen sind, im Netz per Google gefunden zu werden, mag das alles zu aufwendig sein. Richten Sie dann eine Internet-Adresse ein und leben damit, dass Sie vielleicht gleichnamige Konkurrenten haben und Sie im schlimmsten Fall den Namen wieder ändern müssen.

Gute Namen

Zum Ende dieses Beitrags kurze Hinweise zur Namenswahl:

  • Gute Namen sind kurz und einprägsam.
  • Gute Namen sind schön zu sprechen und haben eine ansprechende Sprachmelodie.
  • Gute Namen schreiben Menschen, die den Namen noch nie gehört haben, ohne weitere Hinweise intuitiv richtig.
  • Die Internet-Adresse ist in jeder Email-Adresse enthalten. Blöd, wenn man buchstabieren muss, auch weil z.B. hippe englische Begriffe enthalten sind.
  • Eine gute Internet-Adresse und Email-Adresse versteht ein Gesprächspartner problemlos am Telefon und schreibt sie automatisch richtig – ohne Buchstabieren.

Felix Punkt Mustermann Ätt Modeküche Punkt De Ee — Mit Uh Ee? — Schreibs, wie Du willst, kommt immer an.

Und selbst

Habe ich für dieses Blog nur die Adresse netznotizen.com registriert. Sehr wohl habe ich jedoch darauf geachtet, wer sich hinter netznotizen.de verbirgt. Ein älteres, nicht mehr aktives Projekt der niedersächsischen Literaturbüros. Weder ein Konkurrenz-Angebot noch ein Betreiber, der mir diesen Namen streitig macht.

 

 

 

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Mode-Küche

Über Mode-Blogger, Markennamen und das Verhalten von Geschäftsleuten.

Fashion-Blogs zählen nicht zu meinen vorrangigen Interessen. Content und Fotos dort relativieren sich mit dem Hintergrundwissen, dass Bekleidungsstücke oder Beauty-Accessoires, die dort vorgestellt werden, großzügig vom Hersteller gesponsort sind, inklusive der Einladung zu Events und Fashion-Weeks und der Absicht, dass darüber positiv gebloggt werden soll, – was meistens ja auch erfolgt.

Interessant ist an den Fashion-Blogs für mich jedoch, dass dort in der Regel recht junge Menschen – meist junge Frauen – quasi ihr eigenes Online-Magazin betreiben. Einige können zudem recht gut schreiben und haben ein gutes Gespür für Gestaltung, Layout und Fotos. So sehen Fashion-Blogs oft sehr viel besser aus als andere Blogs. Private Mini-Magazine, dazu ziemlich professionell gestaltet. Mit guten Amateur-Fotos, die sich manchmal frisch vom Stil der Modefotografie abheben. Dazu Storytelling und das Ganze meist inszeniert als One-Woman-Show. Fashion-Blogs sind ein sehr gutes Beispiel dafür, wie einfach Publishing heute ist und wie einfach – quasi zum Nulltarif – es möglich ist, ein kleines Online-Magazin zu produzieren, das allemal semiprofessionelle Ansprüche erfüllt.

Über eines dieser Fashion-Blogs wurde ich vor einigen Tagen auf das Blog → fashion-kitchen.com von Ann-Christin aufmerksam und auf die →Querelen, die sie im Moment mit einer Firma hat, die sich die Markenrechte des Blog-Namens Fashion Kitchen gesichert hat. Jetzt möchte diese Firma die Bloggerin zu Unterlassung der weiteren Verwendung des Namens zwingen, bzw. wird sie vermutlich mit hoch angesetztem Streitwert verklagen. Das deutsche Markenrecht macht’s möglich.

Solche Fälle interessieren mich immer, weil dieses Thema rund um Marken und Namen auch meine Arbeit betrifft. Dieses Interesse verstärkt sich noch, wenn ich erfahre, dass Unternehmen gegen Privatleute, Kleinunternehmer oder Blogger vorgehen, die sich gerade mal an der Schwelle vom privaten Projekt zum gewerblichen Angebot bewegen, auch wenn die Blogs und Internetangebote manchmal umfangreich sind und aufgrund einer hohen Fan-Community recht gut bei Google gelistet sind.

Vor ca. zehn Tagen las ich in einem Blog, die Firma hätte sich den Namen des Fashion-Blogs nachträglich registrieren lassen, mit dem Ziel, danach gegen die Bloggerin vorzugehen. So dreist war es wohl nicht, – so etwas gibt es auch, jedoch anderswo. Trotzdem erscheint mir das Verhalten dieser Firma Shitstorm-verdächtig. Ich habe etwas recherchiert und komme zu dem Ergebnis, dass es kleinere Versäumnisse und Ungeschicklichkeiten sowohl bei der Fashion-Bloggerin als auch natürlich bei der Firma gab, die ihr dir jetzt den Namen streitig macht. Alles sicher ohne rechtliche Bedeutung, im guten Umgang miteinander jedoch sehr wohl wesentlich.

Die Bloggerin hat sich nicht um die .de-Variante mit ihrem Blognamen gekümmert. Muss sie ja auch nicht, blöd ist nur, dass die Firma diese quasi weggeschnappt hat. Wäre die .de-Variante (am besten mit und ohne Bindestrich) für das Blog registriert worden, dann hätte diese Firma frühzeitig Kontakt aufnehmen müssen, und nicht erst nach 3 Jahren. Oder sie hätte möglicherweise die Idee mit diesem Markennamen von vornherein begraben, denn wer wählt einen Markennamen, zu dem es keine Internet-Adresse mehr gibt? Ok, als Blogger muss man nicht alle möglichen Domains und Varianten der Internet-Adresse sichern. Prüfen, ob sie schon vergeben sind, sollte man dagegen schon. Erstens weiß man dann, mit wem man sich eventuell in Namens-Konkurrenz begibt, und zweitens, falls die anderen Varianten der Internet-Adresse (z.B. mit .de, .com, .net, .info, etc.) noch frei sind, so ist es eine Überlegung wert, die wichtigen gleich zu registrieren, vor allem angesichts der geringen Monatskosten von unter einem Euro pro Domain. So vermeidet man, dass jemand anderes unter einer dieser Varianten ein anderes Angebot errichtet, sich später vielleicht noch einen Markennamen dazu eintragen lässt und einem danach den Blognamen streitig macht.

Die Firma, die die Bloggerin jetzt recht rüde angeht, kommt aus einer Branche, in der Markenentwicklung, Namensrecherche und Registrierung von Internet-Domains zu den Standardkompetenzen gehören. Sie wird mit Sicherheit das Fashion-Blog und die dazu gehörende, nicht mehr verfügbare .com-Domain schon sehr frühzeitig entdeckt haben, genauso wie sie die zum Verkauf stehende .com-Domain ohne Bindestrich (→fashionkitchen.com) schon frühzeitig entdeckt haben wird. Vermutlich hat man einem damals noch wenig präsenten Blog keine Bedeutung beigemessen, schwingt jetzt jedoch, nachdem das Fashion-Blog etabliert ist, die große Juristenkeule mit hoch angesetztem Streitwert. Natürlich erst jetzt, wo der Name Fashion Kitchen und die Bloggerin dahinter in der Fashion-Blog-Community bekannt ist und von Google sehr gut gefunden wird, – und jede andere URL aus den gleichen Wortbestandteilen schnell auf den hinteren Plätzen der Google-Liste landet. Ungeschickt, dem Blog keine Bedeutung beizumessen – oder war es Strategie? Nach dem Motto: Blogger? Sind eh Privatperson, kann man einschüchtern, ihnen schnell mit Juristen-Drohung Namen und Internet-Domain abjagen und ein gutes Google-Ranking gleich mitnehmen.

Verhalten von Geschäftsleuten

Und im Speziellen von diesem Unternehmen. Die Firma will die Fashion-Bloggerin zur Unterlassung der weiteren Namensverwendung zwingen und fordert rückwirkend eine Gebühr ein. Juristisch mag das einwandfrei sein, moralisch und im Sinne eines akzeptablen Umgangs unter Geschäftsleuten oder von Geschäftsleuten mit Privatleuten ist es – ja, unterirdisch.

Anstatt auf Kooperation und frühzeitige Einigung zu setzen, lässt man die Zeit verstreichen und treibt so den Streitwert in die Höhe. Vermutlich nicht, ohne vorher gecheckt zu haben, wie denn so die Verhältnisse der Bloggerin sind, d.h. welchen juristischen Apparat sie im Hintergrund hat oder eben nicht. Schauen Sie sich beide Angebote – das Fashion-Blog und das Angebot der betreffenden Firma – einmal an. Dort gibt es ähnliche Zielgruppen, da wäre doch Kooperation mit gegenseitiger Verlinkung und eventuell sogar Blog-Beiträgen möglich gewesen – und ist immer noch möglich. Shitstorm und Internet-Community haben ja schon so manches möglich gemacht. Und mancher, der sich rüde benimmt, hat den plötzlichen Sinneswandel und pfeift seine Juristen zurück, wenn die eigenen Kunden weg bleiben.

Gut und richtig, dass die Bloggerin sich nicht einschüchtern lässt und ihren Blog-Namen sowie die Internet-Domain nicht freigibt. Vielleicht ist der Spendenaufruf in ihrem Blog etwas früh und von Aktionismus geprägt, vielleicht aber auch aus purer Angst angesichts der Summe des Streitwertes erfolgt. Sollte sie tatsächlich verurteilt werden – was ja keineswegs sicher ist – bin ich auch dabei und spende, allerdings jetzt noch nicht im voraus.

Ross und Reiter

Nun möchten Sie sicherlich noch gerne wissen, um welche Firma es sich handelt, die der Bloggerin den Namen streitig machen möchte.

Recherchieren Sie schnell selbst. Im Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA), →hier. Geben Sie den Begriff fashionkitchen (ein Wort) ein und schauen Sie, ob es Treffer gibt. Zusätzlich können Sie die .de-Variante der Internet-Adresse des Fashion-Blogs aufrufen und im Impressum schauen, wer sich dahinter verbirgt.
Und dann entscheiden Sie, auf welche Hochzeiten Sie nicht mehr gehen…, erzählen das weiter, und teilen es digital.