Adventskranz

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Digital, nadelt nicht – #sosimple

Heute ist der erste Advent, und spätestens jetzt ist auch mit viel Ignoranz klar, dass bald Weihnachten ist. Viele Jahre war mir dieser Weihnachtstrubel zuwider. Ich bin diesbezüglich jedoch nicht allein. Vielen Menschen ist dieses Vorweihnachtsgehuddel nicht angenehm. Ich persönlich bin beeinflusst durch die Weihnachtsvorbereitungen in meiner Ursprungsfamilie. Alles musste dort perfekt sein. Dazu nicht ein Adventsgesteck, sondern in jedem Raum eines, damit alles schön weihnachtlich wird, für das große »Fest der Liebe«. Vielen aus meiner Generation geht es genauso, mit unseren westdeutschen Müttern, die ihrem Job als Hausfrau nachgingen.

Natürlich gab es in meinem Umfeld auch Familien, die immer ein richtig großes Weihnachtsfest feierten, oft der Familientreff des Jahres. In unserer kleinen Familie war das nicht so. Alle sahen sich sowieso jeden Tag. So hatte das Weihnachtsfest selten richtige Herzlichkeit und die Weihnachtsvorbereitungen waren oft mehr mit selbst gemachtem Stress und Gerädertheit verbunden, als mit Gelassenheit und Freude. Die Familien mit vielen Geschwistern der Kinder und Eltern habe ich immer beneidet. Bei ihnen war vieles sichtbar weit weg vom Perfektionismus, was bei den vielen Personen auch gar nicht anders gehen konnte. Bei uns war es anders. Bei uns war alles schön. Scheinbar. So hab ich die Weihnachtsvorbereitungen und das Weihnachtsfest in meiner Kindheit und Jugend nicht in positiver Erinnerung.

Nach meinem Auszug zum Studium befreite ich mich sofort von diesem Weihnachtsgedöns. Mit einer Ausnahme, denn eine meiner Freundinnen war christlich engagiert, gab es in all meinen Studentenwohnungen und -WGs keinen Weihnachtsbaum und kein Adventsgesteck. Im Laufe der Jahre wurde mein Umfeld erwachsen und ich auch. Freunde und Bekannte bekamen Kinder und manch einer kam tatsächlich aus so einer Großfamilie, wo Weihnachten »nach Hause« zu fahren einem großen Familientreffen gleichkommt, auf das sich die Betreffenden schon Wochen vorher freuen. Andere unternehmen in der Vorweihnachtszeit mit den eigenen Kindern viel und freuen sich daran, wie sich ihre Kinder darüber freuen. Über Helloween, Martinssingen, Laternenumzüge, Kekse backen, Adventsgestecke basteln, gemeinsames Adventsingen mit Kindern und Eltern und über das Basteln von Weihnachtsgeschenken. Alles das, was in meiner Kindheit oft mit Stress, Ungeduld und dem Druck, nichts falsch zu machen, verbunden war. Durch die Erfahrungen, dass es Menschen gibt, denen diese Zeit etwas bedeutet und die sich herzlich ungestresst und ohne Anspruch nach irgendetwas, mindestens nicht nach Perfektion, darüber freuen, kann ich diese Zeit heute selbst ganz gut genießen.

Meine letzte Beziehung konnte mit Weihnachten genauso viel anfangen ich damals noch, nämlich fast gar nichts. Jetzt wohne ich schon drei Jahre mit Miz Kitty zusammen und bin längst mit ihr verheiratet. Sie als Weihnachtsenthusiastin zu beschreiben wäre um 180 Grad verdreht. Sie hat viele Jahre Weihnachten recht außergewöhnlich verbracht. So kommt es, dass hier zwar Weihnachtskekse und Stollen gebacken werden, – weil gut, lecker und selbstgemacht – wir jedoch am ersten Advent weder einen Adventskalender noch Adventskranz oder -gesteck haben.

Freilich, hier gibt es Kerzen und Teelichter galore. Brauchen wir jetzt noch einen Adventskranz mit Tannennadeln, Zapfen und die Kerzen in kitschigem Rot? Manchmal konterkariere ich solche Situationen. Zum Beispiel, indem es dann doch den kitschigen Adventskranz mit roten Kerzen, Schleifchen, Nadelgewächs und Zäpfchen gibt. Das tue ich in diesem Jahr nicht. Während Kitty gerade sagt, »Können wir morgen noch kaufen,… ist morgen billiger, weil der erste Advent schon rum ist« nerde ich heute lieber digital rum, um doch noch die roten vier Kerzen ins Wohnzimmer zu bekommen. So habe ich einen digitalen Adventskranz kreiert. Nicht nur für uns, auch für Sie, falls ihre Wohnung noch unweihnachtlich anmutet und ihre westdeutsche Mittelschichtsverwandtschaft christlicher Prägung sich zum Besuch angesagt hat.

Einfach das MacBook aufklappen oder den Computer der Wahl starten, diesen Internetlink aufrufen und fertig. Sie finden bestimmt noch ein Internetradio mit Adventsliedern und die Kekse bringt dann hoffentlich Ihr Besuch mit.

Viele Vorzüge hat der digitale Adventskranz. Er nadelt nicht. Er zeigt Ihrem nicht computeraffinen Besuch, was man mit Computern alles machen kann und dass das teure MacBook Pro in Ihrer Studentenbutze oder in Ihrem Atelier sinnvoll eingesetzt ist. Weiterhin brauchen Sie keine Streichhölzer zum Anzünden zu kaufen. Ich wäre nicht @GrafTypo, wenn nicht ganz automatisch am zweiten Advent dort zwei Kerzen brennen würden und am dritten drei. Sie müssen also nicht einmal überlegen, der wievielte Advent gerade ist und outen sich nicht als Advents-Banause, der am dritten Advent erst zwei oder schon alle vier Kerzen anzündet.

Mit einem Browser, der die Internetseite im Kioskmodus, d.h. im Vollbildmodus ohne Symbolleisten, anzeigt, sieht es so wie auf dem Foto aus – ohne störende Adresszeile. Der Google-Chrome-Browser kann diesen »Präsentationsmodus« darstellen. Verwenden Sie entweder Chrome oder googlen Sie einfach, wie Ihr Browser im Kioskmodus funktioniert. Oder laden Sie sich einen speziellen Kioskbrowser, mit dem Sie den Link zum digitalen Adventskranz aufrufen. Auf dem iPad funktioniert der erweiterte Vollbildmodus zum Beispiel mit dem Atomic-Web-Browser.

Dann feiern Sie mal schön Advent und lassen es sich gut gehen.

4 Gedanken zu „Adventskranz“

  1. Hm, ich würde auch heute noch sonstwas für ein großes Fest in Familie geben. Ich komme aus einer großen Familie, trotzdem war Weihnachten bei uns eher krampfig. Heute hat niemand mehr etwas miteinander zu tun. Nun, das wiederum finde ich dann doch sehr ok…

    Trotzdem, ein großes Fest nett dekoriert und ganz ohne Geschenke finde ich auch heute noch erstrebenswert. Auch ohne Familie. Aber es will ja keiner…

  2. Vielen Dank für die Anmerkung. Ich denke, es kommt immer auf die Menschen selbst an. Kann mir also gut vorstellen, dass das, was in unserer Kleinfamilie (meine Ursprungsfamilie) nicht klappte, in größeren Familien genauso nicht funktioniert, während es wieder andere Kleinfamilien gibt, die zusammenhalten wie Pech und Schwefel. Schön fand ich die Weihnachtsfeste während meiner Hamburger Zeit, wo wir uns zu sechs oder zu acht trafen und im Freundeskreis gefeiert haben.

  3. Hihi, der Adventskranz ist also genau das Richtige für mich. Danke schön!

    Allerdings bin ich von MizKitty und der Kaltmamsell nun völlig geflasht und habe das Projekt Christstollen-Backen für dieses Jahr in Vorbereitung, kam nur heute leider nicht dazu.

    Weihnachten kommt mir immer zu fix, ich würde es gern in den Januar oder Februar verlegen, dann kann man mit dem ganzen fiesen Grau da draußen eh nix Besseres anfangen. An Weihnachten bin ich noch nicht in Weihnachtsstimmung. Aber kurz vorher hole ich dann doch meine Prenzlwichser-Krippe (bedruckte Holzstücke, sehr pur) und meine Bürsten-Tannen wieder raus. So bleibt die Deko auch Ästheten-kompatibel.

    Ach, ich habe das Rumsitzen mit meiner Ursprungs-Vater-Mutter-Kind-Familie recht bald nach Studienbeginn für mich abgeschafft. Schöne Tage mit Freunden oder vielen Leuten, von denen auch einige ruhig miteinander verwandt sein dürfen, verbringe ich in der Weihnachtszeit dagegen gern. Und weil ich mich letztes Jahr in Berlin – wider Erwarten – dann doch etwas „übriggeblieben“ fühlte, geht es dieses Jahr auf die große Insel in der Ostsee. In bewährter Runde, mit frischem Hund und in bewährte Orte. Auch ein schönes Weihnachtsritual …

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