Mit zunehmender Verbreitung von Mobile Devices werden bestimmte Dinge, an die man sich über Jahrzehnte gewöhnt hat, weniger. Holzmedien aller Couleur eben. Dazu gehört auch der klassische Buchkalender. Fast jeder von uns hatte ihn, den Terminkalender in Buchform, meist im DIN-A5-Format. Jahrelang besaß ich ihn auch, meist klassisch schwarz oder in dunklen Farben – und ich achtete jedes Jahr darauf, einen zu bekommen, bei dem Samstag und Sonntag auf zwei Blättern waren. Den Kalender benutzte ich dann zum Vormerken von Terminen, aber auch, um mir Notizen zu machen, quasi als Tagebuch. Bestimmte Daten wie Schulferien, Feiertage, etc. waren mit diesem Buch zudem schnell und sicher erkundet. Außer Haus mitgenommen habe ich die Agenda nur selten. Sie lag immer griffbereit in Reichweite des Schreibtisches. Ab und zu habe ich mir ein gutes Exemplar aus Leder gegönnt, aber manches Jahr gab es auch gute Werbegeschenke, ebenfalls aus Leder. Dazu meist noch ein paar Exemplare in der Qualität, in der man sie beim Bürodiscounter oder jetzt auch in den Postfilialen kaufen kann. Werbegeschenke von gewerblichen Dienstleistern waren das, oft mit typographisch lieblos geprägtem Werbeaufdruck in scheußlicher Goldfarbe. Jedoch allemal gut zum Weiterverschenken, denn Kinder von Nachbarn und Bekannten waren meist dankbare Abnehmer, konnten sie den Buchkalender mit der häßlichen Prägung doch als Malbuch benutzen oder damit Chef spielen, glücklich, etwas zu haben, was sonst nur Erwachsene haben. Früher gab es also Buchkalender galore.
Anders in diesem Jahr. Zwar gab es Jahresendgeschenke, aber kein Buchkalender war dabei. Vermutlich bin ich aus einigen Verteilern für Werbe- und Weihnachtsgeschenke gefallen, wo solche Dinge wie ein Buchkalender noch verschenkt werden, die für einen Digital Resident leicht anachronistisch sind. Warum sollte man auch heute noch so etwas verschenken? Damit der Beschenkte im günstigsten Fall sagt »Gut gemeint« und den Kalender weiterverschenkt oder im ungünstigeren Fall der Rundablage zuführt, weil er längst mit synchronisierten digitalen Kalendern arbeitet und seit Jahren keinen Termin mehr handschriftlich eingetragen hat? Nun, die Buchagenda als Werbegeschenk kann schnell altbacken wirken. Firmen schenken also etwas anderes zum Jahresende. Und mir als Digital Resident wohl sowieso? Hat hier das Targeting endlich geklappt?
Nicht so ganz, ich vermisse es nämlich gerade, das Buch mit dem Kalendarium, das in Reichweite des Schreibtisches liegt. In dem ich nachschauen und etwas notieren kann, während ich telefoniere, ohne das Telefon vom Ohr zu nehmen. Freilich, ich könnte den Freisprech-Modus einschalten, während ich im digitalen Kalender des iPhones blättere. So, dass das Gespräch jeder mithört. Oder ich könnte den synchronisierten Kalender auf meinem iPad benutzen, dann könnte ich das Telefon am Ohr lassen. Klar, kann man alles machen. Die wahre Freude ist die schnelle Notiz im digitalen Kalender nicht. Mit der Hand habe ich sie sowieso schneller geschrieben.
Ende letzten Jahres dachte ich, ich kaufe mir für dieses Jahr wieder so eine Papier-Agenda, als ich in der vorweihnachtlichen Warteschlange der örtlichen Post stand, wo diese Buchkalender verkauft wurden. Ich habe mich schnell dagegen entschieden. „Ach, was willst Du damit? Staubfänger, braucht kein Mensch mehr und nimmt nur wieder etwas Luft zum Atmen.“, dachte ich. Nur konsequent, dass mir keiner damit als Werbegeschenk zum Jahreswechsel kam.
Ok, ich brauche sie jetzt doch noch, die Papier-Agenda. Ich gehe gleich kurz eine kaufen. Es ist fast Ende Januar, wahrscheinlich gibt es sie jetzt zum Sonderpreis.