Bibliothek

bibliothek

Menschen, die mit Büchern zu tun haben, sei es nun, weil sie regelrechte Bücherwürmer sind oder – wie ich – aus anderen Gründen damit zu tun haben, eben weil sie Bücher gestalten, verlegen, produzieren oder restaurieren oder einfach ein Faible für die Schwarzkunst vergangener Zeiten haben, werden von diesem Bild regelrecht getriggert. Eine schöne alte Bibliothek, mit reihenweise aufgestellten Regalmetern an Büchern, Gängen, bogenförmigen Durchgängen und einem großen Lesepult. Freilich, so eine Location trifft man immer mal wieder, aber doch recht selten.

Für die Rückfahrt vom Riesengebirge – aus der Zeitschleife – wollten wir eine andere Strecke nehmen als für den Hinweg, in Görlitz Station machen und dort einen Kaffee trinken. Görlitz und Zgorzelec kenne ich einigermaßen gut. Schon einige Male habe ich hier einen Kurzurlaub verbracht, bin zweimal hier den Halbmarathon gelaufen und vor 3 Jahren haben Miz Kitty und ich unser erstes polnisches Schlösserhopping hier gestartet. Die Neugier und das Sightseeingbedürfnis hielt sich also, was Görlitz anbetraf, sehr in Grenzen. Wir hatten eher das Bedürfnis nach Kaffee und Kuchen in schöner Atmosphäre, am Untermarkt rund um die Börse oder in der Neißstraße.

Die Görlitzer Innenstadt war wieder so, wie ich sie seit Jahren kenne. Ein schön restauriertes Ensemble aus barocker Zeit, mit mit einer Hand voll Touristen und Rentnern darin. Der Bär steppt woanders. Die Neißstraße ist zur Zeit im Bau und alle Lokale dort, die zum Teil nach hinten raus schöne Gärten haben, sind geschlossen. Vermutlich lohnt sich das Geschäft nicht in der Baustelle, mindestens nicht am Dienstag Nachmittag. Auch Lucie Schulte am Untermarkt – vor drei Jahren hatten wir uns dort ganz wohl gefühlt – hat am Nachmittag geschlossen. Einen Kaffee und ein Stück Küchen haben wir trotzdem am Untermarkt bekommen.

Während wir die Neißstraße hinunter laufen, springt mir vor dem Ameiß’schen Haus ein Aufsteller mit dem Bild der Bibilothek ins Auge. In diesem Haus, in der Nummer 30, ist das Görlitzer Kulturhistorische Museum. Ins Museum möchten wir nicht gerade am sonnigen Dienstag Nachmittag, denn die gesamte Stadt ist hier Museum genug, wohl aber möchte ich einmal diese Bibliothek von innen sehen. Also gefragt, wie wir dort hinein kommen. „Indem Sie mir eine Eintrittskarte abkaufen“, sagt die freundliche Dame an der Rezeption. Ich kaufe gkeich zwei. Die Karten gelten für das Museum und eine Mitarbeiterin führt uns durch die einzelnen Etagen des Ameiß’schen Hauses.

In dem Barockhaus ist schon seit 1804 die Oberlautsitzische Akademie der Wissenschaften ansässig, und es gibt neben der historischen Bibliothek einige interessante Sammlungen: ein Physikalisches Kabinett, ein Graphisches Kabinett, ein Naturalienkabinett, ein Altertümerkabinett, eine Gesteins- und Mineraliensammlung und das Gesellschaftsarchiv.

Viele Dinge gibt es dort zu sehen. Hier und dort haben wir uns etwas festgehakt. So wurde aus dem „Wir gehen mal kurz in die Bibliothek“ ein längerer Museumsbesuch.

 

Rrängelstraße

kraenzelstrFehleinsatz Fraktur

In Görlitz wollte man vor ein paar Jahren Eupoäische Kulturhautptstadt werden. Nein, Essen ist es geworden, denn mit diesen Straßenschildern wird man keine Europäische Kulturhauptstadt. Peinlich, schwer lesbar und von der Wortsilhouette katastrophal zum Erfassen im Straßenverkehr. Hashtag: #gehtgarnicht.

Liegt es am Fehleinsatz Fraktur, dass die große Teile der Altstadt bewohnerlos sind? Haben die Wohnungs-Interessenten nicht zurück in Wohnungen gefunden, der Straßenschilder wegen? Die Japaner, diese höflich videographierenden Europabesucher, haben gerade die Antiqua-Buchstaben-Formen auswendig gelernt und Görlitz gegrüßt sie mit diesen auf alt getrimmten Fraktur-Straßenschildern – wie übrigens nicht der einzige Ort im Osten. Die frakturübliche »st«-Ligatur mit langem »s« ist dabei vermutlich im Aufbau-Ost irgendwo auf der Strecke geblieben.

Nun, ich bin öfter in dieser schönen Stadt und kann sie lesen, diese Straßenbezeichnungen. Die Landkarten-App des Smartphones werde ich daher nicht vergeblich nach der »Rrängelstraße« durchsuchen, sondern finde zielgerichtet in die »Kränzelstraße« zurück.