ALTE NOTIZEN · Tools & Technik

Digitales Mixtape

Ein Mixtape? Das kennt ihr bestimmt noch im Original, wenn ihr über 40 seid. Mixtapes, das waren die selbst bespielten Musikkassetten, auf die man die gerade aktuellen Hits und die Musikstücke des eigeneren Geschmacks mit dem Cassettenrecorder aufnahm. Zum selbst Hören, für die Kellerparties der 70er und 80er oder oft auch für die Liebste oder den Liebsten als individuelles Geschenk. Extra für dich aufgenommen. Und was der für coole Mucke hört. Ja, ist alles lange her.

Nicht selten waren die Aufnahmen schrappelig, was einerseits an den Aufnahmequellen und andererseits an der zur Verfügung stehenden Technik lag. Kaum einer, zumindest kein Jugendlicher, konnte sich damals ständig neue LPs oder Singles kaufen. So wurde aus dem Radio aufgenommen oder, indem man den Cassettenrecorder mit dem Plattenspieler des Freundes zusammenstöpselte, der gerade die angesagten Singles hatte, die man auf die Cassette überspielen wollte.

Das akustische Ergebnis war nach heutigen Maßstäben oft unterirdisch. Die Technik passte doch nicht ganz zusammen oder man nahm ein Stück aus dem Radio auf, in dessen Ende die damals ach so angehimmelte Radiomoderation gnadenlos reinquatschte. Manchmal wurden die Musikkassetten auch gleich neben den Lautsprecherboxen gelagert, was der Qualität schnell abträglich war.

So war das damals™. Und ehrlich gesagt waren wir trotzdem stolz wie Bolle auf unsere dumpf-schrappeligen Mixtapes. Erst recht, wenn wir eines geschenkt bekamen, das jemand extra nur für uns zusammengestellt hatte. Ganz sicher war vom kreativen Prozess her auch mehr dran als im Zusammenklicken einer Playlist, die Musik aus dem Internet aufruft. Vor allem auch, was die Beschriftung, Bemalung, Gestaltung der Inlaycard der Kassettenschachtel betraf. Zudem gab man etwas Abgeschlossenes weiter, die Kassette mit Musik darin, die in jedem Kassettenrecorder abgespielt werden konnte. Ohne Internetverbindung, ohne dass die Musik plötzlich weg ist, weil irgendein Server gelöscht wurde.

Mit den ersten Mixtapes und dem Cassettenrecorder waren es jedenfalls schöne Zeiten. Später dann mit Walkmann, noch später mit den ersten selbstgebrannten CDs. Die DiscMan-Epoche habe ich dann zwar schon nicht mehr mitgemacht; ich hatte damals anderes vor.

Mixtape reloaded

Weil ich nicht den Mainstream-Musikgeschmack habe, höre ich Musik entweder via Streaming-Dienst oder – immer öfter – via Musikvideos in YouTube. Letztesres macht mir mehr Spaß, weil es nicht nur ein cleanes, atmosphärenbefreites Runterrattern der Streaming-Playlist ist, sondern viel mit dem Wühlen in YouTube-Tiefen zu tun hat. Immer wieder reinhören und nochmal in ein anderes Video mir dem gleichen Stück reinhören, um das mit dem besten Ton zu finden und das dann meiner YouTube-Playlist hinzufügen. Ich finde dieses Suchen und hier und da reinhören, oft auch in Stücke, die ich vorher gar nicht auf dem Schirm hatte, herrlich entspannend.

Bei dem ständig, minütlich, größer werdenden YouTube-Angebot findet man von fast jedem Musikstück ein Video mit akzeptabler Tonqualität. Allerdings: Manches Video ist genauso schnell wieder gelöscht, wie es da war, wohl aus Copyright-Gründen. Daher sind YouTube- Playlists mit Musikvideos etwas begrenzter Schaum, denn die richtig guten (was auch den Ton betrifft) Videos sind oft schnell wieder weg.

Eine Streaming-Playlist taugt ohnehin nicht, um unterwegs auf dem iPhone oder Smartphone Musik zu hören; nicht einmal mit LTE-Flatrate funktioniert das, wenn man im Funkloch sitzt. Außerdem: Es ist ein blödes Gefühl, Musik zu hören, die man nicht wirklich auf dem Gerät hat, die einem quasi unterm Arsch weggezogen werden kann, wenn die Datei auf dem Streaming-Server gelöscht wird.

Also doch die YouTube-Videos runterladen, offline speichern und in MP3s umwandeln. Die MP3s könnten dann aufs iPhone übertragen werden. Ja, das geht so einfach. Hätte nur fast nichts mehr mit der Mixtape-Idee zu tun. Da ich weder iTunes noch die iOS-Music-App gerne mag, habe ich mir etwas anders ausgedacht: Es gibt nämlich das M4B-Dateiformat, in dem sich mehrere MP3s in einer einzigen (großen) Datei verpacken lassen. Mit Inhaltsverzeichnis, festgelegter Reihenfolge und Coverbild. Das Format wird üblicherweise für Hörbücher genutzt und kann auf dem iOS-Gerät (iPhone, iPad) mit der iBooks-App (wie ein Hörbuch auch im Hintergrund, während man eine andere App nutzt) und auf dem Android-Gerät mit einem Audiobook-Reader der Wahl abgespielt werden. Wäre das nicht ideal für ein digitales Mixtape? Ist es. Einzig das Abspielen in zufälliger Reihenfolge geht nicht, aber das ist nicht die Idee des Mixtapes, ausgewählte Musik in einer bestimmten Abfolge zusammenzustellen.

Digitales Mixtape im M4B-Format

Das zu erstellen, ist relativ einfach. Für den Mac gibt es dafür die Software Audiobook Builder zum Preis von zur 5,49 Euro (also zum Preis von anderthalb Latte Macchiato in Hipstertown). Damit kann man hervorragend Audiobooks, Hörbücher, Podcast-Sammlungen oder digitale Mixtapes erstellen.

Bevor die MP3s jedoch zusammengefügt werden, sollten sie auf eine gefühlt gleiche Lautstärke gebracht (d.h. „normalisiert“) werden, damit man
nachher beim Hören nicht störend große Lautstärkeunterschiede hat und immer wieder die Lautstärke nachregeln muss.

Einen beispielhaften Workflow mit den Programmen, mit denen ich auf dem Mac arbeite und mit denen ich ganz gute Erfahrungen gemacht habe, habe ich euch im folgenden Video zusammengestellt.

Zusammengefasst zum Speichern auf dem Smartphone als Gedächtnisstütze (einfach das Bild sichern):

An Stelle der genannten Programme gibt es viele andere Möglichkeiten, die zum gleichen Ergebnis führen: Für das Runterladen der Videos und zum Umwandeln in MP3s könnt ihr die Programme eurer Wahl verwenden (es gibt zahlreiche YouTube-to-Video- und YouTube-to-MP3-Tools, die allesamt letztlich das gleiche machen). Geschmackssache also. Ebenso Geschmackssache, ob ihr erst das YouTube-Video sichert und dann erst in MP3 umwandelt oder ein Tool benutzt, das sofort die Tonspur als MP3 speichert und das Video gar nicht sichert. Für das Normalisieren gibt es auch zahlreiche Tools. Das in meinem Workflow genannte ist nur eine Möglichkeit. Wichtig ist jedoch, dass das Normalisieren wirklich erfolgt (sonst dreht ihr später am Lautstärkezeiger).

Viel Spaß beim Mixtape erstellen

Und ihr wisst: Raubkopien sind verboten. Musikvideos runterladen und konvertieren manchmal auch. Da macht ihr euch bitte schlau, was erlaubt ist. Denn ihr seid verantwortlich für das, was ihr tut. Wenn ihr nicht sicher seid, dass alles rechtskonform ist, dann wisst ihr jetzt mit meiner Anleitung, wie man theoretisch ein digitales Mixtape im M4B-Format erstellen könnte, aber ihr lasst es einfach. Denn für Schäden die euch und anderen entstehen, indem ihr meine Anleitung zum erstellen eines digitalen Mixtapes befolgt, hafte ich ganz sicher nicht, sondern ihr selbst in vollem Umfang. Trotzdem: Viel Spaß!

ALTE NOTIZEN · Der Tag im Bild

Elbeschwimmen

Wie immer war das Dresdner Elbeschwimmen auch in diesem Jahr wieder ein schöner Spaß. Langsam in der Elbströmung vom Blauen Wunder bis zum Fährgarten Johannstadt gleiten und dabei die Elbhänge mit ihren Schlössern vorbeiziehen lassen, es ist ein Vergnügen. Nächstes Jahr ist das 20. Elbeschwimmen. Wir sind wieder dabei.
Wer etwas mehr über das Elbeschwimmen wissen möchte: Hier, ich habe darüber schon ausführlich gebloggt.

ALTE NOTIZEN · Design & Typo

graftypo in super

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An diesem Wochenende war ich in Weimar. Der Buchstaben wegen. Nein nicht der von Goethe und Schiller, sondern ich war beim dritten Walbaum-Wochenende der Pavillon-Presse, einem kleinen Druckkunst-Museum in Weimar. Benannt nach Justus Erich Walbaum, dem Gestalter und Schriftgießer der klassizistischen Antiqua, die seinen Namen trägt. Also nicht nur die Herren G. und Sch. hatten es in Weimar mit Buchstaben.

Das Walbaum-Wochenende bestand aus Vorträgen und Diskussionen zum Thema Schrift in der DDR. Heute haben wir dann noch ein Plakat gedruckt und gesetzt.

graftypo in super?– Na klar, gesetzt in der Schrift Super Grotesk. Immer und immer wieder wurde sie verwendet, bis zur Wende. In der alten BRD gab es sie nicht. Laien halten sie ohnehin für eine Futura. Es ist quasi die DDR-Futura. Darüber und über DDR-Typo demächst noch ein ausführlicher Beitrag hier im Blog.

Freilich können Sie auch in graftypo ist super korrigieren. Die Bedeutung ist dann eine ganz andere, aber doch ebenso zutreffend ;)))

ALTE NOTIZEN · Gesellschaft

Im Vortrag in der ersten Reihe …

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8 Gründe, im Vortragsraum vorn zu sitzen.

Letztens besuchte ich eine Veranstaltung mit mehreren Vorträgen. Ich freute mich auf interessante Referenten und Themen, was eigentlich normal ist bei einer Veranstaltung, die ich intrinsisch motiviert aus Interesse besuche. Wir waren etwas zu früh. Im Vortragsraum saßen gerade mal eine Handvoll Menschen. Freie Platzwahl also. „In die erste oder in die zweite Reihe?”, sagte ich fragend zu meiner Begleitung. Nein, das wäre viel zu weit vorn. Nach einigem hin und her und nachdem ich erklärt hatte, dass es für mich gute Gründe gibt, vorn zu sitzen, zogen wir in die zweite Reihe.

Das Phänomen, dass sich Zuhörer möglichst weit weg vom Referenten hinsetzen, ist bekannt. Wirkliche Gründe dafür konnte ich in meiner kurzen Internet-Recherche zu diesem Thema nicht finden. Bemerkt und diskutiert wird es aber durchaus, zum Beispiel hier oder hier.

„Vorn sitzen die Streber”, heißt es in einem Thread des Internet-Portals gutefrage.net. Ist es ein Trauma der Schulzeit, das Menschen dazu bewegt, sich im Vortragsraum so hinzusetzen, dass sie weder optimal den Redner noch seine Präsentation wahrnehmen können. Das ist doch widersinnig. Oder verkriechen sie sich auf auf die hinteren Plätze, um den Vortragenden nicht abzulenken, ihm gegenüber gar nicht in Erscheinung zu treten und ihn in ein Loch reden zu lassen. Das ist genau so widersinnig, schließlich hält er den Vortrag für sein Publikum, freiwillig und mit Motivation (vom Vortrag stotternder Examenskandidaten einmal abgesehen). Was gibt es also für einen Grund, sich bewusst auf Abstand hinten hin zu setzen? Oder in die unscheinbare Mitte, dort, wo man später, wenn sich der Vortragsraum gefüllt hat, vielleicht von raumgreifenden Menschen umringt ist, die einem die Luft zum Atmen, mindestens aber die Sicht nehmen. Mein Platz ist dort nicht. Rational gibt es keinen Grund für dieses Dahintenhocken. Es sei denn, Sie wollen untertauchen. Nur, ein Vortrag ist kein guter Ort dafür. Ein dunkles Kino oder Theater wäre dafür doch der bessere Ort.

Habe ich die Platzwahl, ist die erste oder die zweite Reihe meine – und vielleicht demnächst auch Ihre, nachdem Sie meinen Text gelesen haben. Im Hörsaal mit einer tribünenartigen Bestuhlung wird es nicht die erste oder zweite sein, dort aber bevorzugt immer die Reihe, in der ich auf Augenhöhe mit dem Referenten sitze. Vorn ist mein Platz jedoch immer, denn dafür gibt es gute Gründe. Zusammengefasst:

1.

Wenn ich eine Veranstaltung freiwillig und aus Interesse besuche, möchte ich möglichst viel davon mitnehmen und dem Vortrag sowie der digitalen Präsentation optimal folgen können. Das funktioniert vorn besser.

2.

Sitzt man näher am Geschehen, bekommt man in der Regel mehr Details mit. Auf hinteren Plätzen ist das suboptimal. Kleine Schrift einer Präsentation kann manchmal nur schwer entziffert werden. Allgemein ist der Konzentrationsaufwand hinten höher, vor allem, wenn der Vortragsraum gut besetzt ist.

3.

Große Menschen, die vor mir sitzen, versperren mir die Sicht zum Redner und zu den Details am unteren Rand einer Bildschirmpräsentation, manchmal auch zu beidem.

4.

Störgeräusche (welcher Art auch immer: in der Tasche kramen, flüstern, hin- und herrutschen) sind erfahrungsgemäß im mittleren und hinteren Bereich eines Vortragsraums viel größer als vorn.

5.

Habe ich nach dem Vortrag eine Frage oder Anmerkung und möchte Kontakt mit dem Vortragenden aufnehmen, ist der Weg kürzer, wenn ich vorn sitze. Ich bin näher dran und schneller im inneren Kreis der Fragenden. – Oder ist das schon „Streber“? Egal, ich habe den Ehrgeiz, dem Vortrag gut folgen zu können und ggf. auch mit dem Referenten und anderen in Diskussion darüber zu treten.

6.

Auf Veranstaltungen, auf denen man sich in irgendeiner Weise, vielleicht auch nur vom Sehen, kennt, nimmt das Publikum sich natürlich gegenseitig war. Der Platz in der grauen Menge der Mitte oder in der vorletzten Reihe ist dann suboptimal.

7.

Verteilte Handouts erreichen die letzte Reihe manchmal gar nicht mehr. Entweder weil es nicht genug sind, oder weil sie vorher steckenbleiben. Griffmuster und Demo-Modelle kommen hinten erst an, wenn der Vortragende thematisch längst woanders ist.

8.

Du bist, wo du sitzt. Das gilt nicht nur im Meeting, sondern auch im Vortragsraum – und allgemein in jedem Publikum. Aus eigener Erfahrung: Setze ich mich in die erste oder zweite Reihe, werde ich viel eher als interessiert und dazugehörig wahrgenommen, wodurch sich positive Nebeneffekte ergeben. Der Kontakt zum Referenten ist schneller und besser, andere Zuhörer kommen eher und schneller auf mich zu, um sich zum Beispiel zu vernetzen oder nur ein paar Smalltalk-Worte zu wechseln. Ein Glas habe ich auch meist schneller in der Hand als Hinterbänkler, vermutlich, weil ich von den Damen mit den Sekt-und-Saft-Tabletts schneller und deutlicher wahrgenommen werde.

Acht gute Gründe also, nicht nur bei ARD und ZDF vorn zu sitzen, sondern auch im Vortragsraum.

Quelle und Urheber des Bildes:
Blick in den Vortragsraum der Stiftung Demokratie Saarland Architektur & Interior Design: Wolfgang Rost, Dipl.-Ing.

ALTE NOTIZEN · Design & Typo · Typo-Fotos

STER-Supersale

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Typografische Lösungen, die nicht funktionieren. 

Immer wieder gibt es die Gestaltungsvariante, dass ein Buchstabe in einem Logo, einer Wortmarke oder in einem Text durch ein grafisches Symbol ersetzt wird. So etwas funktioniert – fast nie.

Oft hat dieses Symbol, da es sich vom Rest der Schrift unterscheiden soll, einen deutlich anderen Duktus, eine ganz andere Anmutung als die Schrift selbst, in der es einen Buchstaben gut ersetzen soll. Es wirkt wie ein Fremdkörper. Die Lesbarkeit und schnelle Erfassbarkeit des Textes bleiben auf der Strecke. So wie in diesem Beispiel des Oster-Supersale der Galleria Kaufhof.

Die Schlussfolgerung kann nur lauten: Finger weg von diesen Logo-, Wortmarken- und Textgestaltungen, in denen ein Buchstabe durch ein grafisches Symbol ersetzt wird.

Freilich kann man sich die mangelhafte Lesbarkeit und Erfassbarkeit schönreden oder auf namhafte Grafik-Designer und Agenturen verweisen, die es auch tun. Nur, das Ergebnis wird objektiv nicht besser, nur weil viele andere den gleichen Fehler machen. Tun Sie es also nicht.

In diesem Sinne: Frohe ?stern.

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Auf dem Weg zum Zug

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… fotografiert

Das Netz ist inzwischen voll damit. Schriftzüge, Schilder und Beschriftungen – neudeutsch und englisch Lettering – erfreuen sich großer Beliebtheit. Auch ich habe einiges an Typo-Fotos auf meiner Festplatte, die noch auf eine Veröffentlichung warten. Gestern war ich auf der Buchmesse in Leipzig und spät abends sehe ich im Laufschritt auf dem Weg zum Zug – der letze nach Berlin – diese Fassadenbeschriftung, offensichtlch aus älteren Zeiten. Die Löcher für die Neonröhren sind noch vorhanden, die Röhren jedoch längst verschwunden. Nicht außergewöhnlich, aber dennoch fotografierenswert. Auch, wenn das Licht denkbar schlecht war, mit blendender Straßenlaterne auf der einen Seite, ich fotografierte die Beschriftung aus alten Zeiten. Wer weiß, vielleicht ist sie weg, wenn ich das nächste mal wieder in Leipzig bin. Also: Moseline.

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Gestickt

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Heimtypo mag ich nicht wirklich, das schrieb ich Ihnen bereits hier. Ausnahmen gibt es natürlich, zum Beispiel bestickte Handtücher. So habe ich am letzten Wochenende wieder etwas Typo in ein Handtuch gestickt. Die Bicolor-Schrift, die ich verwendet habe, ist zumindest nicht alltäglich. Man kann heute in DTP-Zeiten zwar schnell jede Computerschrift in Pfade umwandeln, die einzelnen Buchstaben zerschneiden und in unterschiedlichen Farben sticken. Könnte ich. Mache ich vielleicht später, dann jedoch mit einer komplett handgezeichneten Schrift.

Viel einfacher und ohne den Aufwand des Zerschneidens vektorisierter Buchstaben ist die zweifarbige Wortmarke @graftypo entstanden. Es handelt sich um die Schrift Zebra. Sie wurde vom Schriftgestalter Karlgeorg Höfer entworfen und später vom Schriftenlabel P22 digitalisiert. Diese Schrift funktioniert so, dass es neben einer allgemeinen, einfarbigen Version zwei Schriftschnitte (bzw. Schriftdateien) Zebra A und Zebra B gibt. Beide enthalten von jedem Buchstaben nur einen Teil. Platziert man über ein in Zebra A gesetztes Wort dasselbe Wort in Zebra B, so ergänzen sich die Buchstabenteile und es ergeben sich Buchstaben, die aus zwei unterschiedlichen Farben bestehen – so wie meine @graftypo-Wortmarke.

Karlgeorg Höfer hat die Schrift Zebra vor mehr als 50 Jahren entworfen und 1965 wurde sie von der Schriftgießerei D. Stempel AG als Bleilettern für den Buchdruck produziert. Die Bicolor-Anmutung wurde erreicht, indem Teile der Buchstaben als feine Linien schraffiert wurden. Gedruckt ergibt sich so ein Wechselspiel aus  dunklen und hellen Buchstabenteilen. Daher der Name der Schrift: Zebra. (Siehe auch die Notiz zu Zebra bei typografe.info)

Die Schrift Zebra kenne ich schon sehr lange. Auch Karlgeorg Höfer ist mir ein Begriff als einer der Altmeister der Schriftgestaltung und Kalligrafie. Zudem sehen Sie alle, werte Leser, täglich und immer eine von ihm entworfene Schrift, auf den Kfz-Kennzeichen der bundesdeutschen Autos. Diese uns damals als fälschungssicher präsentierte hat er nämlich auch entworfen.

Dass ich nun gerade für mein Handtuch auf Zebra kam, hat folgenden Hintergrund:  Vor einer guten Woche traf ich eine Berufskollegin, die im Bereich Kalligrafie, Schrift und Druchgrafik unterwegs ist. Sie hatte mit dem Kalligrafenpinsel eine schnelle Notiz geschrieben. Ich schaute hin, und – Gehirnratter, Synapsenverknüpfung – ich sah …, na klar, ein klein wenig von Zebra. Vielleicht auch nur, weil die Kollegin mir früher einmal erzählt hatte, sie hätte vor vielen Jahren an der Werkkunstschule Offenbach bei Karlgeorg Höfer studiert und er wäre einer ihrer Impulsgeber für die Beschäftigung mit Schrift und Kalligrafie gewesen.

So habe ich nach langer Zeit wieder einmal Berührung mit Zebra gehabt. Gedacht, gestickt, … Vermutlich ist es die einfachste Möglichkeit, eine Bicolor-Schrift zu sticken.