Trzęsacz (Hoff)

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Die Rückwand der Kirche

Über den Ausflug an die polnische Ostseeküste hatte ich schon in meinem letzten Beitrag geschrieben. Bei deutlich wärmeren Temperaturen als am Vortag geht es am Sonntag Mittag nach dem Frühstück im Palac Ptaszynka noch einmal nach Rewal, zur Kirchenruine Trzęsacz (Hoff), einen guten Kilometer westlich von Rewal.

Die Ruine ist eine Sehenswürdigkeit. Kirchenruine ist vielleicht etwas übertrieben, denn von der Kirche steht nur noch ein Teil der Rückwand. Anders als bei den zahlreichen Ruinen in Polen sind hier nicht Kriegsereignisse die Ursache, sondern ganz einfach die Natur und der Lauf der Dinge. Vor Jahrhunderten stand die Kirche 2 km von der Küste entfernt. Die Ostsee nahm sich das Land und rückte immer näher an den Bau heran, bis 1874 der letzte Gottesdienst dort war. Die Kirche wurde geräumt und der Natur freigegeben. 1901 war dann schon die vordere Wand komplett eingestürzt.

Es handelt sich hier um einen Ort, zu dem viele Menschen immer wieder hinfahren (u.a. Lionel Feininger hat diese Ruine gemalt). Hat man die Ruine vor zehn Jahren noch über ein einfaches Treppengestell vom Strand aus erreicht, so gibt es heute eine übergroße Aussichtsplattform inklusive einer leicht futuristisch anmutenden Zufahrtsstraße mit in den Boden eingelassenen Leuchten. EU-Finanzierung macht’s möglich. Etwas viel Aufwand um die Reste einer durch Naturgewalt ins Meer gestürzten Kirche, die schon lange zuvor nicht mehr in Berieb war. Dass das Meer manchmal landeinwärts rückt und sich so manches holt, ist Lauf der Dinge und zuweilen auch ganz gut so, entstehen so doch neue Dinge. Dass solche Prozesse Touristen und Einheimische anlocken, ist schön. Naturgemäß sind diese Prozesse jedoch irgendwann beendet. Muss man diese natürlichen Vorgänge dann mit viel Aufwand so stoppen, damit ihre Reste – hier die Kirchenrückwand – noch ein paar Jahrzehnte länger zu besichtigen sind?

Vielleicht ist es aber ganz gut für Sie, wenn Sie in Berlin oder in Norddeutschland wohnen und die polnische Ostseeküste noch nicht kennen. Dann ist Trzesac (Hoff) auf jeden Fall ein Ausflugspunkt. Rewal ist nicht weit. Im Sommer ist es vermutlich sehr crowded und unkommod dort, im Herbst und Winter können Sie dort jedoch kilometerweit spazieren gehen und die Ostsse genießen – ganz ohne die deutsche Kurtaxe.

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Größenverhältnisse: Die Kirchenruine und ihre Aussichtsplattform.

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Kirchenruine von Trzęsacz / Hoff (unbekannter Künstler)

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Kontinuität: Jedes Mal, wenn ich nach Rewal komme, liegen diese typischen Fischerboote im Sand. Immer wieder ein interessantes Fotomotiv mit Urlaubsgefühlen. Schöner wie hier natürlich an einem sonnigen Herbstnachmittag und nicht nur mit dem iPhone fotografiert.

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Genau. Da können Sie sich dann hinter stellen und ein Facebook-Foto machen. Oder Sie machen es mit Photoshop.

 

Palast-Stop im Herbst

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Palac Ptaszynka w Rybokartach.

Manchmal überkommt es mich, und ich habe das Bedürfnis, ans Meer zu fahren. Einmal auf’s Wasser schauen, soweit der Horizont reicht. Für uns Berliner ist die Ostsee quasi das Synonym zu Meer. Diese ist nur gute 200 km von der Hauptstadt entfernt und in einem Sonntagsausflug bequem zu erreichen. So eine Tour haben wir am letzten Wochenende gemacht. Dieses Mal sollte es an die polnische Ostseeküste gehen. Weil wir beide etwas gesundheitlich angeschlagen waren, haben wir gleich eine Übernachtung eingeplant, um nicht an einem Tag hin- und zurückfahren zu müssen. Dass es wieder in Richtung Polen ging, hat mehrere Gründe. Nicht nur, dass ich dieses Land mag, dass es schön ist, zu sehen was sich hier entwickelt, sondern es gibt noch einen ganz banalen Grund. Noch ist hier vieles preiswerter als in Deutschland. Das müssen wir nutzen.

Also los zur polnischen Ostseeküste. Vor guten zehn Jahren war ich ein paar Mal in Reval in Hinterpommern. Vor dem zweiten Weltkrieg war dieser Ort schon ein Ostsee-Badeort. Badeort im Sinne von Kurort und nicht im Sinne von im Wasser planschen. Heute ist es ein typisch polnischer Ferienort. Einer der Ostseeorte, in denen im Sommer viele polnische Urlauber pulkartig aufeinanderhocken. Jetzt im Herbst ist dort jedoch nicht viel los. Wir könnten am Strand spazieren gehen und zum Beispiel zur Kirchenruine in Trzęsacz (Hoff) fahren. Die Übernachtung wollten wir jedoch nicht direkt in Rewal buchen, sondern vielleicht etwas gediegener unterkommen. Also die Booking-App geöffnet und geschaut, welche Orte in der Nähe bzw. im Umkreis von ca. 20 km sind und wo es eine interessante Unterkunft gibt. Schnell finde ich den Palac Ptaszynka w Rybokartach, das ehemalige Schloss Ribbekardt, Kreis Greifenberg in Pommern. Eine schöne Ergänzung zu unserem Palast-Hopping im Sommer. Dazu das Doppelzimmer für 180 Zloty und eine gute Bewertung bei Booking.com. In wenigen Minuten ist die Unterkunftssuche für den Ostseetrip beendet. Viel verkehrt machen kann man für diesen Preis nicht. An der deutschen Ostseeküste bekommt man dafür ein Zimmer in der Jugendherberge, wenn überhaupt. Schnell erreichen wir das Gutshaus via Autbahn und polnische Landstraßen und werden vom Schlosshund begrüßt. Neben der freundlichen Besitzerin mit ihren Töchtern sind wir allein dort. Freilich, das Zimmer ist kein Luxus, jedoch fehlt es an nichts – abgesehen vom WiFi, dass bei meiner Unterkunftssuche für eine Nacht aber bewusst kein Kriterium war. Einige Zeit machen wir es uns erst einmal vor der Heizung gemütlich und genießen den melancholischen Herbstblick auf auf den kleinen See hinter dem Palast. Dann schauen wir uns kurz draußen um und gehen runter zum See.

Es ist Nebensaison und die Restaurants in diesen Schloss-Unterkünften sind geschlossen. Also fahren wir im Dunkeln über die polnischen Landstraßen Richtung Meer. Nach Rewal. Gourmet-Restaurants finden sich hier nicht. Wir bekommen im California jedoch ganz guten Fisch. Das California ist ein Restaurant mit Tanzfläche, im Sommer wohl eher eine Disco. Jetzt im Herbst vergnügen sich ein paar Best-Ager und Jüngere und tanzen Disco-Fox nach polnischen Schlagern. Sehr amüsant. Schade, dass Miz Kitty sich noch etwas auskurieren muss. Sonst hätte sie ran müssen zum Disco-Fox. Der Rhytmus ist eher mein Ding als ihrs. Im California hängen übrigens eine ganze Reihe Schwarz-Weiß-Fotos, die dieses Haus, das ehemalige Kurhaus des Ostsee-Badeortes, vor dem zweiten Weltkrieg zeigen.

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Herbstausblick aus dem Palac.