Richtige Rillen

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Die leere Kugelschreibermine aus meinem letzten Beitrag hilft vielleicht, wenn man schnell eine persönliche Klapp-Karte aus einem Stück Karton erstellt. Für Kinder und Enkelkinder ist das sicher ein hilfreicher Tipp, um selbst gemachte Karten zu Weihnachten »etwas schöner zu knicken«. In Druckerei oder Buchbinderei wird die Rille freilich professionell hergestellt. Alle möglichen Klappkarten, Klapp-Visitenkarten, Bonus- und Mitgliedskarten haben diese Rillen, die man so nicht mit Lineal und Falzbein machen kann – erst recht nicht bei dickerem Karton, d.h. größeren Grammaturen wie z.B. 300 oder 400 g/m². Rillen ist daher nicht nur die Mehrzahl von Rille, sondern beschreibt eine buchbinderische Ausrüstarbeit.

Für Einzelstücke und Kleinauflagen gibt es Rillgeräte (früher sagte man auch Rillapparat), in denen mittels Rillbalken und Rillmesser die Rille in den Karton gepresst wird. Die Rillnut als Matritze gibt der Rille eine schöne Form. Rillmesser und Rillnut müssen in ihrer Dicke/Breite natürlich zum Karton passen der gerillt werden soll. Sonst entsteht keine schöne Rille. Eines muss man nämlich wissen. Falzt man einen dickeren Karton, so ist beim zusammengeklappten Produkt die äußere Länge länger als die innere Länge. Außen wird das Material also gedehnt, innen gestaucht. Dieses Stauchen des Materials würde eine unansehnliche Kante im Falz ergeben. Das läßt sich durch eine von der richtigen Seite hineingepresste Rille vermeiden. Die Rille muss dazu von der Seite in den Karton gepresst werden, die beim geschlossenen Produkt die Außenseite ist. Genau umgekehrt, als man es ohne weiteres Nachdenken machen würde. Nur so ergibt sich zusammengeklappt innen und außen eine schöne Kante.

Manchmal sieht man leider Druckprodukte, die von der falschen Seite gerillt sind. Dafür mag es Gründe geben (z.B. für den Verwendungszweck ungünstiges Material). Oft ist es hingegen pure Nachlässigkeit, Unkenntnis oder Arbeitsvereinfachung, wenn die falsche Seite gerillt wird. Viele Kunden wissen es nicht und sind mit der falschen Rille und dem nicht so schönen Falz zufrieden.

Neben der bewährten Technologie, die Rille mit dem Rillbalken ins Papier zu pressen, gibt es das rotative Rillen, das jedoch oft nicht so schöne Ergebnisse gibt. Der Karton läuft hier zwischen zwei rotierenden Rundwerkzeugen durch (vgl. Abbildung).
Diese Einrichtung gibt es schon lange in Druckmaschinen und kommt außerdem in Weiterverarbeitungsmaschinen zum Einsatz. Prinzipiell funktioniert das schon. Dass das Ergebnis manchmal zweitklassig ist, ist sicher auch dem Effekt geschuldet, dass die Rilleinrichtung manchmal miserabel eingerichtet wird. Von der Rille auf der faschen Seite im Endprodukt bis hin zum Einsatz eines Werkzeugs mit für das Material viel zu großer Nut ist die Streubreite der Fehler groß.

Wenn Sie Ihr nächstes Druckprodukt geliefert bekommen, achten Sie auf den Falz — und jetzt ziehen Sie am besten gleich einen Aktenordner aus Ihrem Büroregal. Schauen Sie sich an, wie die Scharniere zwischen Rücken und den beiden Deckeln gefertigt sind. Ganz einfach, mit jeweils einer superdicken Rille. Hier eben nicht in Visitenkarten-Karton gepresst, sondern um ein vielfaches breiter in 3 mm dicke Pappe. So schön wie die Innenseiten, so soll’s bei jeder Klappkarte im Falz aussehen, nur viel kleiner.

Vielleicht kennen Sie diesen Vorgang des Rillens schon lange und nennen es Nuten. Das sagen viele, wodurch die Bezeichnung fachlich nicht richtiger wird. Ganz einfach: beim Nuten wird Material abgetragen, beim Rillen nicht. Dass man bei einer Klappkarte mit 300-g/m2-Karton kein Material abtragen muss, damit sich ein schöner Falz ergibt, das weiß jeder. Geschenkt, der falsche Begriff. Verwenden Sie meinethalben Nuten statt Rillen. Sonst würden wir uns gar nicht verstehen.

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