Mode-Küche

Über Mode-Blogger, Markennamen und das Verhalten von Geschäftsleuten.

Fashion-Blogs zählen nicht zu meinen vorrangigen Interessen. Content und Fotos dort relativieren sich mit dem Hintergrundwissen, dass Bekleidungsstücke oder Beauty-Accessoires, die dort vorgestellt werden, großzügig vom Hersteller gesponsort sind, inklusive der Einladung zu Events und Fashion-Weeks und der Absicht, dass darüber positiv gebloggt werden soll, – was meistens ja auch erfolgt.

Interessant ist an den Fashion-Blogs für mich jedoch, dass dort in der Regel recht junge Menschen – meist junge Frauen – quasi ihr eigenes Online-Magazin betreiben. Einige können zudem recht gut schreiben und haben ein gutes Gespür für Gestaltung, Layout und Fotos. So sehen Fashion-Blogs oft sehr viel besser aus als andere Blogs. Private Mini-Magazine, dazu ziemlich professionell gestaltet. Mit guten Amateur-Fotos, die sich manchmal frisch vom Stil der Modefotografie abheben. Dazu Storytelling und das Ganze meist inszeniert als One-Woman-Show. Fashion-Blogs sind ein sehr gutes Beispiel dafür, wie einfach Publishing heute ist und wie einfach – quasi zum Nulltarif – es möglich ist, ein kleines Online-Magazin zu produzieren, das allemal semiprofessionelle Ansprüche erfüllt.

Über eines dieser Fashion-Blogs wurde ich vor einigen Tagen auf das Blog → fashion-kitchen.com von Ann-Christin aufmerksam und auf die →Querelen, die sie im Moment mit einer Firma hat, die sich die Markenrechte des Blog-Namens Fashion Kitchen gesichert hat. Jetzt möchte diese Firma die Bloggerin zu Unterlassung der weiteren Verwendung des Namens zwingen, bzw. wird sie vermutlich mit hoch angesetztem Streitwert verklagen. Das deutsche Markenrecht macht’s möglich.

Solche Fälle interessieren mich immer, weil dieses Thema rund um Marken und Namen auch meine Arbeit betrifft. Dieses Interesse verstärkt sich noch, wenn ich erfahre, dass Unternehmen gegen Privatleute, Kleinunternehmer oder Blogger vorgehen, die sich gerade mal an der Schwelle vom privaten Projekt zum gewerblichen Angebot bewegen, auch wenn die Blogs und Internetangebote manchmal umfangreich sind und aufgrund einer hohen Fan-Community recht gut bei Google gelistet sind.

Vor ca. zehn Tagen las ich in einem Blog, die Firma hätte sich den Namen des Fashion-Blogs nachträglich registrieren lassen, mit dem Ziel, danach gegen die Bloggerin vorzugehen. So dreist war es wohl nicht, – so etwas gibt es auch, jedoch anderswo. Trotzdem erscheint mir das Verhalten dieser Firma Shitstorm-verdächtig. Ich habe etwas recherchiert und komme zu dem Ergebnis, dass es kleinere Versäumnisse und Ungeschicklichkeiten sowohl bei der Fashion-Bloggerin als auch natürlich bei der Firma gab, die ihr dir jetzt den Namen streitig macht. Alles sicher ohne rechtliche Bedeutung, im guten Umgang miteinander jedoch sehr wohl wesentlich.

Die Bloggerin hat sich nicht um die .de-Variante mit ihrem Blognamen gekümmert. Muss sie ja auch nicht, blöd ist nur, dass die Firma diese quasi weggeschnappt hat. Wäre die .de-Variante (am besten mit und ohne Bindestrich) für das Blog registriert worden, dann hätte diese Firma frühzeitig Kontakt aufnehmen müssen, und nicht erst nach 3 Jahren. Oder sie hätte möglicherweise die Idee mit diesem Markennamen von vornherein begraben, denn wer wählt einen Markennamen, zu dem es keine Internet-Adresse mehr gibt? Ok, als Blogger muss man nicht alle möglichen Domains und Varianten der Internet-Adresse sichern. Prüfen, ob sie schon vergeben sind, sollte man dagegen schon. Erstens weiß man dann, mit wem man sich eventuell in Namens-Konkurrenz begibt, und zweitens, falls die anderen Varianten der Internet-Adresse (z.B. mit .de, .com, .net, .info, etc.) noch frei sind, so ist es eine Überlegung wert, die wichtigen gleich zu registrieren, vor allem angesichts der geringen Monatskosten von unter einem Euro pro Domain. So vermeidet man, dass jemand anderes unter einer dieser Varianten ein anderes Angebot errichtet, sich später vielleicht noch einen Markennamen dazu eintragen lässt und einem danach den Blognamen streitig macht.

Die Firma, die die Bloggerin jetzt recht rüde angeht, kommt aus einer Branche, in der Markenentwicklung, Namensrecherche und Registrierung von Internet-Domains zu den Standardkompetenzen gehören. Sie wird mit Sicherheit das Fashion-Blog und die dazu gehörende, nicht mehr verfügbare .com-Domain schon sehr frühzeitig entdeckt haben, genauso wie sie die zum Verkauf stehende .com-Domain ohne Bindestrich (→fashionkitchen.com) schon frühzeitig entdeckt haben wird. Vermutlich hat man einem damals noch wenig präsenten Blog keine Bedeutung beigemessen, schwingt jetzt jedoch, nachdem das Fashion-Blog etabliert ist, die große Juristenkeule mit hoch angesetztem Streitwert. Natürlich erst jetzt, wo der Name Fashion Kitchen und die Bloggerin dahinter in der Fashion-Blog-Community bekannt ist und von Google sehr gut gefunden wird, – und jede andere URL aus den gleichen Wortbestandteilen schnell auf den hinteren Plätzen der Google-Liste landet. Ungeschickt, dem Blog keine Bedeutung beizumessen – oder war es Strategie? Nach dem Motto: Blogger? Sind eh Privatperson, kann man einschüchtern, ihnen schnell mit Juristen-Drohung Namen und Internet-Domain abjagen und ein gutes Google-Ranking gleich mitnehmen.

Verhalten von Geschäftsleuten

Und im Speziellen von diesem Unternehmen. Die Firma will die Fashion-Bloggerin zur Unterlassung der weiteren Namensverwendung zwingen und fordert rückwirkend eine Gebühr ein. Juristisch mag das einwandfrei sein, moralisch und im Sinne eines akzeptablen Umgangs unter Geschäftsleuten oder von Geschäftsleuten mit Privatleuten ist es – ja, unterirdisch.

Anstatt auf Kooperation und frühzeitige Einigung zu setzen, lässt man die Zeit verstreichen und treibt so den Streitwert in die Höhe. Vermutlich nicht, ohne vorher gecheckt zu haben, wie denn so die Verhältnisse der Bloggerin sind, d.h. welchen juristischen Apparat sie im Hintergrund hat oder eben nicht. Schauen Sie sich beide Angebote – das Fashion-Blog und das Angebot der betreffenden Firma – einmal an. Dort gibt es ähnliche Zielgruppen, da wäre doch Kooperation mit gegenseitiger Verlinkung und eventuell sogar Blog-Beiträgen möglich gewesen – und ist immer noch möglich. Shitstorm und Internet-Community haben ja schon so manches möglich gemacht. Und mancher, der sich rüde benimmt, hat den plötzlichen Sinneswandel und pfeift seine Juristen zurück, wenn die eigenen Kunden weg bleiben.

Gut und richtig, dass die Bloggerin sich nicht einschüchtern lässt und ihren Blog-Namen sowie die Internet-Domain nicht freigibt. Vielleicht ist der Spendenaufruf in ihrem Blog etwas früh und von Aktionismus geprägt, vielleicht aber auch aus purer Angst angesichts der Summe des Streitwertes erfolgt. Sollte sie tatsächlich verurteilt werden – was ja keineswegs sicher ist – bin ich auch dabei und spende, allerdings jetzt noch nicht im voraus.

Ross und Reiter

Nun möchten Sie sicherlich noch gerne wissen, um welche Firma es sich handelt, die der Bloggerin den Namen streitig machen möchte.

Recherchieren Sie schnell selbst. Im Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA), →hier. Geben Sie den Begriff fashionkitchen (ein Wort) ein und schauen Sie, ob es Treffer gibt. Zusätzlich können Sie die .de-Variante der Internet-Adresse des Fashion-Blogs aufrufen und im Impressum schauen, wer sich dahinter verbirgt.
Und dann entscheiden Sie, auf welche Hochzeiten Sie nicht mehr gehen…, erzählen das weiter, und teilen es digital.