Responsive Colors

FARBEN, DIE IMMER GUT AUSSEHEN

Fast ein Vierteljahrhundert beschäftige ich mich mit der Gestaltung von Printmedien. Seit ich mit Desktop Publishing zu tun habe, war eines immer besonders wichtig: Farbe und deren möglichst korrekte Ausgabe im Druck.

Anfangs habe ich noch die Dinge mit frühen QuarkXpress-Versionen oder CorelDraw zusammengemurkelt, jedes Bild im CMYK gescannt und das Layout dann nach einigen farblichen Hin-und-her-Anpassungen und Ausdrucken auf den Tintenstrahldruckern der ersten Generation so lange angepasst, bis der Tintenstrahler – für -strahler hatten wir übrigens ein vulgäreres Wort mir P – die richtige Farbe aufs Papier brachte. Dieser Ausdruck ging dann als farbverbindlich und möglichst zu erreichen in eine »meiner« Druckereien. D.h. zu den Dienstleistern, die mit meinen Daten klar kamen und sich bemühten, die Farbigkeit des Musters zu erreichen. Vielleicht haben sie sich nicht einmal besonders bemüht, sondern hatten einfach gute Drucker, die ihre Maschinen kannten und einzustellen wussten.

Mit der Zeit setzte es sich allgemein durch, dass jede Druckerei ein Layout-PDF farblich möglichst gleich druckt. ICC-Profile zogen flächendeckend in jede Software und sogar in jede Datei ein. Kalibrierte oder zumindest was Farbausgabe betrifft, bessere Monitore stehen heute in fast jedem Grafikbüro. Die Druckereien verordneten sich den Prozessstandard Offsetdruck (PSO), der inzwischen auch im hintersten Winkel der Republik angekommen ist. Wir können nun Printmedien gestalten, mit der Sicherheit, dass sich unser Layout farblich 1:1 reproduzieren lässt, nahezu egal in welcher Druckerei. Drucksachen farbig zu gestalten und zu drucken, so dass das Ergebnis auf verschiedenen Papieren und in verschiedenen Druckhäusern gleich aussieht, ist unspektakulär schnödes Daily Business.

ALLES FIXE IDEEN

Bei Drucksachen haben wir’s gern eineindeutig. Seitenzahl, Seitengröße, Schriftart, Text, Bildplatzierung, und auch die Farbe. Die Exaktheit in Papier, die man digital im PDF konservieren kann. Da weiß man, was man hat; und wie’s genau auszusehen hat. Mit Einzug des Internets und ersten scheußlichen Frontpage-Versuchen übertrugen sich diese fixen Ideen aufs neue Medium. Mit HTML-Layout-Tabellen und Slices wurde alles pixelgenauestens an seinen Platz gebracht. Wir imitierten die Gestaltung von Printmedien. Alles immer schön an 1024 px Bildschirm-Breite orientiert, damit die Internetseiten auf den uralten 17″ bis 19″-Monitoren gut aussahen. Irgendwann gab es faktisch keine Monitore mit weniger als 1024 px mehr. Auf den breiteren wurde das Layout dann schön in die Mitte gestellt, natürlich wieder pixelgenau, versteht sich.

Mobiles Internet? Klar, das gibt es schon lange. WAP-Internetseiten auf dem Mobiltelefon waren für mich jedoch nie interessant, das Angebot war ja ziemlich schmal. Interessant wurde mobiles Internet für mich erst mit dem MDA 1, mit dem richtige HTML-Seiten aufgerufen werden konnten. Eben unsere schön gestalteten Internet-Seiten mit dem fixed Layout, hier jetzt mit vertikalem und horizontalem Scrollbalken. Die Ansicht manchmal etwas zerschossen, aber immerhin, Internet in your pocket. Etwas später bekam ich eine Nokia Klappstulle 9310 und perfektionierte mich im vertikal- und horizontal-Scrollen. Die Klappstulle war immerhin schon Businessman-Symbol, und da war’s doch hip, sich mit dem Sehschlitz-Display per Hin-und-her-Scroll im Internet zu bewegen.

IN JEDEM KONTEXT GUT – RESPONSIV

Das änderte sich alles relativ schnell mit dem iPhone. Spätestens seit der zweiten Generation sind mobile Websites ein Thema. Und mit Erscheinen des iPads und Etablierung anderer Smartphones und Tablets noch mal mehr. Da können wir jetzt keine fixed-Layout-Websites mehr für alle möglichen Bildschirmgrößen und Devices machen. Das wären zu viele Versionen. Nun, die Lösung ist bekannt und einfach. Responsive Webdesign. Sicher ein Modethema in 2011/2012 und inzwischen umgesetzt – nicht immer, aber immer öfter, fast kalter Kaffee. Wir konzipieren, gestalten, programmieren die Internetseiten einfach so, dass sich das Layout an verschiedenste Bildschirmgrößen anpasst – und immer gut aussieht. Diese fixe Idee vom fixed Layout, die war gestern.

RESPONSIVE COLORS

Ja, und was ist jetzt mit der Farbdarstellung? Die ist unterschiedlich, aber so was von unterschiedlich bei den vielen Smartphones und Tablets. Selbst wenn man nur die Geräte mit dem Apfel vergleicht. Was also tun? Am besten gleich so gestalten, dass Farbabweichungen keine Rolle spielen. Farben wählen, die in Kombination immer gut aussehen und wiedererkennbar sind, auch wenn das Blau vom Königsblau mal zum Preußischblau mutiert. Styleguides mit umfangreichen Farbfestlegungen verlieren ihre Bibelaura. Die Zukunft der Farbgestaltung kann nur Responsive Colours heißen. Farben und Farbauswahlsysteme, die für sich und in Kombination auch bei relativ starken Farbverschiebungen noch gut und passend anmuten – in unterschiedlichstem Kontext und auf unterschiedlichsten Geräten.

Blau, einprägsam blau. Königsblau oder Preußischblau ist doch egal …