Gefunden

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CDU-Wähler

Vor der Bundestagswahl gab es in den Blogs, die ich regelmäßig lese und bei Twitter mehrfach politische Statements, von argumentativ nachvollziehbar bis hin zu ziemlich plumpen Überzeugungsversuchen. Mir war das etwas zu viel, und ich habe den ein oder anderen Beitrag bzw. Tweet schnell überlesen. Kein Problem, ich lese schnell und dachte, das legt sich nach der Wahl. Das Ergebnis ist eindeutig, knappe 42 Prozent haben die CDU gewählt. Heute ist Tag 8 nach der Wahl und in der letzten Woche ging es munter weiter in der Filterblase der Blogs. Man fragt sich, wer sie sind, die CDU-Wähler. →Hier und →hier und →dort sucht man oder ist schon fündig geworden. Man wundert sich ob des Wahl-Ergebnisses, passt es doch nicht in die Filterblase der Netz-Community.

Nun, wer hat die CDU gewählt? Ganz einfach: Bei fast 42 Prozent der Wählerstimmen und guten 70 Prozent Wahlbeteiligung hat statistisch ziemlich genau jeder vierte Wahlberechtigte CDU gewählt. Zählen Sie doch einfach Ihre Mitmenschen ab.

1—2—3—CDU-Wähler. Gut, so einfach ist die Suche nicht. Ich kann etwas weiterhelfen. Ich bin einer dieser CDU-Wähler, einen haben Sie also gefunden.

In den letzten 30 Jahren habe ich schon alle Parteien gewählt, die im Bundestag vertreten waren, von der Linken bis zur FDP. Dieses Mal habe ich mich für die große bürgerliche Regierungspartei entschieden, für die Fortsetzung der Regierung von Angela Merkel also.

Dass die politische Linie sich soo stark von der großen Konkurrenzpartei SPD unterscheidet, glaube ich indes nicht, denn das Regieren dieser Republik mit ihren internationalen Verflechtungen ist ähnlich dem Steuern eines Tankers, von dessen Kommandobrücke man weder die Bugspitze noch das Heck richtig erkennen kann. Entsprechend langsam und manchmal wenig wahrnehmbar ist das Regierungshandeln, unabhängig davon welche Partei gerade regiert. Sicher gibt es einen Spielraum, und die SPD und CDU bespielen ihn unterschiedlich, oft jedoch kaum mit einem Unterschied im Ergebnis für den einzelnen Bürger. Ist man direkt von einer neuen Gesetzgebung betroffen, dann jedoch im Detail mit großer persönlicher Relevanz.

Weder das Ehegatten-Splitting noch noch meine private Krankenversicherung und noch einige andere zur Disposition stehende Dinge möchte ich aufgeben. Warum sollte ich das auch befürworten, bietet beides in meiner momentanen Lebenssituation doch ein paar Vorteile. Das heißt ja nicht, dass ich nicht möchte, dass z.B. alle eine gute Gesundheitsversorgung haben, und dass es allen Menschen in diesem Land gut geht. Für genau die Themen, die für mich persönlich relevant sind, erscheint mir die CDU im Moment der verlässlichere Garant zu sein.

Lange Zeit erkannte ich die SPD als eine Partei an, die sich für die sozial Schwächeren einsetzt. Im Studium habe ich sie gewählt, wie fast jeder in dieser Lebensphase links gewählt hat, dem allgemeinen Anspruch nach Weltverbesserung durch Sozialnivellierung folgend, den man mit Anfang zwanzig meist hat.

Mindestens seit Hartz-4 hat diese Partei jedoch bei mir verloren. Das ging nicht anders, werden Sie sagen, ohne Hartz-4 wären Transferleistungen nicht mehr dauerhaft finanzierbar gewesen. Das stimmt, nur wenn die Ausführung so ist, wie sie jetzt ist, dann frage ich mich ernsthaft, ob die CDU das nicht besser, verträglicher und fördernder für die Leistungsorientierten der Transferleistungsempfänger hinbekommen hätte. Googlen Sie mal, welche Steine die Arbeitsagentur guten, ehrgeizigen, leistungsbereiten, aber finanziell armen Oberstufenschülern in den Weg legt.

Warum die CDU für mich im Moment der verlässlichere Garant ist? Zwei Dinge beeinflussen mich bei meiner Wahl. Erstens möchte ich meinen persönlichen Status perspektivisch verbessern oder zumindest sichern und zweitens möchte ich eine Regierungspolitik, die so weit wie möglich zum Ergebnis hat, dass es allen gutgeht. Ok, das wollen alle Parteien, und jede meint, sie kann es am besten. Die SPD hat das für ihre ureigenste Klientel der sozial Schwächeren nicht geschafft. Hartz-4, Arbeitsagentur und Löhne um die 3,50 Euro – gegen die kein wirksames Instrument installiert wurde – sind Stichworte. Die CDU hat es immerhin geschafft, dass es weiten Teilen der bürgerlichen Mitte im europäischen Vergleich doch relativ gut geht. Offensichtlich haben das viele Wähler honoriert und wünschen sich das mit Verlässlichkeit auch weiterhin so. Zudem hat die Partei mit Angela Merkel eine integrative Politikerin, der die SPD niemand Adäquates entgegensetzen kann. Kanzlerkandidaten, die verlauten lassen, als Bundeskanzler wäre das Gehalt zu niedrig, wirken wenig verlässlich – vor allem, wenn sie einer Partei angehören, die sich auf die Fahnen geschrieben hat, auch die weniger gut Betuchten zu vertreten.

Sicher gibt es Themen wie Netzpolitik, Datenspeicherung und Datenschutz, sowie der Umgang mit der NSA-Schnüffelei, in denen beide großen Parteien bisher nur dilettieren. Im Parteienvergleich haben hier vielleicht nur die Piraten eine Kompetenz. Ernsthafte Unterschiede kann ich in diesem Themenfeld jedenfalls nicht zwischen der CDU und der SPD erkennen – zumindest nicht Unterschiede, die für mich wahlentscheidend wären. Die Piraten haben sich nicht als regierungsfähig erwiesen und Netzpolitik mag in Filterblasen wichtig sein, ist sonst jedoch nur eine Scheibe von vielen.

So, einen CDU-Wähler haben Sie nun gefunden, einen von knapp 42 Prozent derjenigen, die gewählt haben. Ich kenne noch einige andere.

 

6 Gedanken zu „Gefunden“

  1. Bei fast 42 Pro­zent der Wäh­ler­stimmen und guten 70 Pro­zent Wahl­be­tei­li­gung hat sta­tis­tisch ziem­lich genau jeder vierte Wahl­be­rech­tigte CDU gewählt.

    „Ziemlich genau“ wäre es allerdings auch fast jeder dritte Wahlberechtigte. Genauer fände ich die Formulierung „3 von 10 Wahlberechtigten“.

  2. Da haben Sie recht, ich hatte es nur grob überschlagen und habe dann etwas abgerundet und suchte eine Formulierung nach dem Schema Ene–Mene–Mu–und–Du–wählst–CDU.
    Besser müsste es also heißen:
    1–2–CDU-Wähler.
    Dann lassen sie sich also noch leichter finden.

  3. Na, da sehen Sie mal… Hoffe, der Schreck in der Morgenstunde war nicht groß ;) — Jetzt, wo die Kopie mit dem Original regieren muss.

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