Reisen

Palast-Stop im Herbst

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Palac Ptaszynka w Rybokartach.

Manchmal überkommt es mich, und ich habe das Bedürfnis, ans Meer zu fahren. Einmal auf’s Wasser schauen, soweit der Horizont reicht. Für uns Berliner ist die Ostsee quasi das Synonym zu Meer. Diese ist nur gute 200 km von der Hauptstadt entfernt und in einem Sonntagsausflug bequem zu erreichen. So eine Tour haben wir am letzten Wochenende gemacht. Dieses Mal sollte es an die polnische Ostseeküste gehen. Weil wir beide etwas gesundheitlich angeschlagen waren, haben wir gleich eine Übernachtung eingeplant, um nicht an einem Tag hin- und zurückfahren zu müssen. Dass es wieder in Richtung Polen ging, hat mehrere Gründe. Nicht nur, dass ich dieses Land mag, dass es schön ist, zu sehen was sich hier entwickelt, sondern es gibt noch einen ganz banalen Grund. Noch ist hier vieles preiswerter als in Deutschland. Das müssen wir nutzen.

Also los zur polnischen Ostseeküste. Vor guten zehn Jahren war ich ein paar Mal in Reval in Hinterpommern. Vor dem zweiten Weltkrieg war dieser Ort schon ein Ostsee-Badeort. Badeort im Sinne von Kurort und nicht im Sinne von im Wasser planschen. Heute ist es ein typisch polnischer Ferienort. Einer der Ostseeorte, in denen im Sommer viele polnische Urlauber pulkartig aufeinanderhocken. Jetzt im Herbst ist dort jedoch nicht viel los. Wir könnten am Strand spazieren gehen und zum Beispiel zur Kirchenruine in Trzęsacz (Hoff) fahren. Die Übernachtung wollten wir jedoch nicht direkt in Rewal buchen, sondern vielleicht etwas gediegener unterkommen. Also die Booking-App geöffnet und geschaut, welche Orte in der Nähe bzw. im Umkreis von ca. 20 km sind und wo es eine interessante Unterkunft gibt. Schnell finde ich den Palac Ptaszynka w Rybokartach, das ehemalige Schloss Ribbekardt, Kreis Greifenberg in Pommern. Eine schöne Ergänzung zu unserem Palast-Hopping im Sommer. Dazu das Doppelzimmer für 180 Zloty und eine gute Bewertung bei Booking.com. In wenigen Minuten ist die Unterkunftssuche für den Ostseetrip beendet. Viel verkehrt machen kann man für diesen Preis nicht. An der deutschen Ostseeküste bekommt man dafür ein Zimmer in der Jugendherberge, wenn überhaupt. Schnell erreichen wir das Gutshaus via Autbahn und polnische Landstraßen und werden vom Schlosshund begrüßt. Neben der freundlichen Besitzerin mit ihren Töchtern sind wir allein dort. Freilich, das Zimmer ist kein Luxus, jedoch fehlt es an nichts – abgesehen vom WiFi, dass bei meiner Unterkunftssuche für eine Nacht aber bewusst kein Kriterium war. Einige Zeit machen wir es uns erst einmal vor der Heizung gemütlich und genießen den melancholischen Herbstblick auf auf den kleinen See hinter dem Palast. Dann schauen wir uns kurz draußen um und gehen runter zum See.

Es ist Nebensaison und die Restaurants in diesen Schloss-Unterkünften sind geschlossen. Also fahren wir im Dunkeln über die polnischen Landstraßen Richtung Meer. Nach Rewal. Gourmet-Restaurants finden sich hier nicht. Wir bekommen im California jedoch ganz guten Fisch. Das California ist ein Restaurant mit Tanzfläche, im Sommer wohl eher eine Disco. Jetzt im Herbst vergnügen sich ein paar Best-Ager und Jüngere und tanzen Disco-Fox nach polnischen Schlagern. Sehr amüsant. Schade, dass Miz Kitty sich noch etwas auskurieren muss. Sonst hätte sie ran müssen zum Disco-Fox. Der Rhytmus ist eher mein Ding als ihrs. Im California hängen übrigens eine ganze Reihe Schwarz-Weiß-Fotos, die dieses Haus, das ehemalige Kurhaus des Ostsee-Badeortes, vor dem zweiten Weltkrieg zeigen.

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Herbstausblick aus dem Palac.

 

Schreibgeräte & Kontor

Können Sie knicken

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Wozu leere Kugelschreiberminen gut sind.

Die Mine meines Kugelschreibers quittierte vor einiger Zeit ihren Dienst. Längst habe ich eine neue eingesetzt und habe bei der alten etwas nachgeholfen, damit sie wirklich leer ist. Ich habe sie sozusagen restentleert, so dass die winzige Kugel garantiert keine Tinte mehr hinausbefördert. Es gibt nämlich noch einen Verwendungszweck für diese leere Mine. Damit lässt sich »richtig gut knicken«. Genauer gesagt geht es darum, stärkeres Papier oder Karton so vorzubereiten, dass es sich problemlos knicken, falten, oder wie Menschen aus der Medienbranche richtig sagen, falzen lässt.

Damit der Falz bei stärkerem Papier und Karton schön wird, muss dort vorher eine kleine Rille eingedrückt werden. Dafür kann man ein Falzbein benutzen. Dieses Knochenwerkzeug ist in vielen Haushalten mit bastelaffinen Menschen vorhanden, kostet es doch nur ein paar Euro. Mancher drückt diese »Rille vor dem Knicken« auch mit einem Brieföffner in Papier oder Karton. Das funktioniert manchmal ganz gut, denn viele Brieföffner haben durchaus Falzbeinqualitäten, d.h. eine gerundete, stumpfe Spitze, die das Papier beim Drüberziehen nicht beschädigt. Aber Achtung: Ist die Spitze spitz schmal oder gar scharf, dann wird die Papieroberfläche beschädigt und die Falzkante sieht unschön und laienhaft aus.

Was hat das jetzt mit der Kugelschreibermine zu tun? Die gibt es vermutlich in falzbeinlosen Haushalten eher. Damit lässt sich hervorragend eine schmale Rille ins Papier pressen, zieht man sie mit etwas Druck am Lineal entlang. Anders als bei Falzbein und Brieföffner reibt die Mine nicht über das Papier, sondern die Miniaturkugel rollt locker über die Oberfläche (ohne Tinte herauszubefördern, wie beim Schreiben). Das ist schön, denn dadurch wird die Papieroberfläche viel weniger beschädigt, als wenn ein Werkzeug darüber reibt.

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Mit jeder leeren Mine eines Billigkugelschreibers funktioniert das natürlich nicht, wohl aber mit gut entleerten Metall-Kugelschreiberminen, besonders mit Minen der Strichstärke B, bei denen die Miniaturkugel etwas größer ist. Leere Minen der der Strichstärke F eignen sich daher nur bedingt. Falls Sie also nicht im Besitz eines Falzbeins sind, werfen Sie die leere Kugelschreibermine nicht weg. Damit können Sie ganz gut knicken. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Mine wirklich leer ist und nicht plötzlich Tinte austritt, während man gerade am Lineal entlang die Rille ins Papier zieht.

Und sonst… kann man mit der leeren Mine, im Kugelschreiber eingesetzt, ziemlich gut »blind« schreiben, d.h. ohne Tinte, wohl aber mit gutem Druck. Vieleicht eine Alternative für den nächsten Liebesbrief oder die nächste Widmung in einem Buch.

Richtige »Profi-Rillen«, wie sie in der Buchbinderei oder Druckerei entstehen, bekommt man mit Falzbein, Brieföffner oder Kugelschreibermine natürlich nicht hin. Wie das geht, und was man bei gelieferten Druckprodukten beachten sollte, das schreibe ich im nächsten Beitrag.

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Zu den beiden unteren Bildern: Breitere und schönere Rillen lassen sich mit Hilfsmitteln erzielen, die Rillen enthalten, und quasi eine Matritze bilden, wie z.B. das Aluminium-Lineal. 

Schreibgeräte & Kontor

Richtige Rillen

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Die leere Kugelschreibermine aus meinem letzten Beitrag hilft vielleicht, wenn man schnell eine persönliche Klapp-Karte aus einem Stück Karton erstellt. Für Kinder und Enkelkinder ist das sicher ein hilfreicher Tipp, um selbst gemachte Karten zu Weihnachten »etwas schöner zu knicken«. In Druckerei oder Buchbinderei wird die Rille freilich professionell hergestellt. Alle möglichen Klappkarten, Klapp-Visitenkarten, Bonus- und Mitgliedskarten haben diese Rillen, die man so nicht mit Lineal und Falzbein machen kann – erst recht nicht bei dickerem Karton, d.h. größeren Grammaturen wie z.B. 300 oder 400 g/m². Rillen ist daher nicht nur die Mehrzahl von Rille, sondern beschreibt eine buchbinderische Ausrüstarbeit.

Für Einzelstücke und Kleinauflagen gibt es Rillgeräte (früher sagte man auch Rillapparat), in denen mittels Rillbalken und Rillmesser die Rille in den Karton gepresst wird. Die Rillnut als Matritze gibt der Rille eine schöne Form. Rillmesser und Rillnut müssen in ihrer Dicke/Breite natürlich zum Karton passen der gerillt werden soll. Sonst entsteht keine schöne Rille. Eines muss man nämlich wissen. Falzt man einen dickeren Karton, so ist beim zusammengeklappten Produkt die äußere Länge länger als die innere Länge. Außen wird das Material also gedehnt, innen gestaucht. Dieses Stauchen des Materials würde eine unansehnliche Kante im Falz ergeben. Das läßt sich durch eine von der richtigen Seite hineingepresste Rille vermeiden. Die Rille muss dazu von der Seite in den Karton gepresst werden, die beim geschlossenen Produkt die Außenseite ist. Genau umgekehrt, als man es ohne weiteres Nachdenken machen würde. Nur so ergibt sich zusammengeklappt innen und außen eine schöne Kante.

Manchmal sieht man leider Druckprodukte, die von der falschen Seite gerillt sind. Dafür mag es Gründe geben (z.B. für den Verwendungszweck ungünstiges Material). Oft ist es hingegen pure Nachlässigkeit, Unkenntnis oder Arbeitsvereinfachung, wenn die falsche Seite gerillt wird. Viele Kunden wissen es nicht und sind mit der falschen Rille und dem nicht so schönen Falz zufrieden.

Neben der bewährten Technologie, die Rille mit dem Rillbalken ins Papier zu pressen, gibt es das rotative Rillen, das jedoch oft nicht so schöne Ergebnisse gibt. Der Karton läuft hier zwischen zwei rotierenden Rundwerkzeugen durch (vgl. Abbildung).
Diese Einrichtung gibt es schon lange in Druckmaschinen und kommt außerdem in Weiterverarbeitungsmaschinen zum Einsatz. Prinzipiell funktioniert das schon. Dass das Ergebnis manchmal zweitklassig ist, ist sicher auch dem Effekt geschuldet, dass die Rilleinrichtung manchmal miserabel eingerichtet wird. Von der Rille auf der faschen Seite im Endprodukt bis hin zum Einsatz eines Werkzeugs mit für das Material viel zu großer Nut ist die Streubreite der Fehler groß.

Wenn Sie Ihr nächstes Druckprodukt geliefert bekommen, achten Sie auf den Falz — und jetzt ziehen Sie am besten gleich einen Aktenordner aus Ihrem Büroregal. Schauen Sie sich an, wie die Scharniere zwischen Rücken und den beiden Deckeln gefertigt sind. Ganz einfach, mit jeweils einer superdicken Rille. Hier eben nicht in Visitenkarten-Karton gepresst, sondern um ein vielfaches breiter in 3 mm dicke Pappe. So schön wie die Innenseiten, so soll’s bei jeder Klappkarte im Falz aussehen, nur viel kleiner.

Vielleicht kennen Sie diesen Vorgang des Rillens schon lange und nennen es Nuten. Das sagen viele, wodurch die Bezeichnung fachlich nicht richtiger wird. Ganz einfach: beim Nuten wird Material abgetragen, beim Rillen nicht. Dass man bei einer Klappkarte mit 300-g/m2-Karton kein Material abtragen muss, damit sich ein schöner Falz ergibt, das weiß jeder. Geschenkt, der falsche Begriff. Verwenden Sie meinethalben Nuten statt Rillen. Sonst würden wir uns gar nicht verstehen.

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Design & Typo · Schreibgeräte & Kontor

Die grünen Bleistifte

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Dinge, mit denen wir aufwuchsen…

Jeder kennt sie, die grünen Bleistifte der 9000er Serie von Faber Castell. Diese Stifte gab es schon seit Anfang letzten Jahrhunderts und damit zu meiner Kinderzeit schon viele Jahrzehnte. Heute gibt es sie immer noch. Damals™ hatten sie eine etwas hellere Farbe: »jägergrün« oder »Napier green«. Seit den 80ern sind sie im edel anmutenden dunkelgrün zu haben, man könnte es »British Racing Green« oder nach der Schokoladen-Verpackung »After-Eight Grün« nennen.

So manches westdeutsche Schulkind hatte zumindest einige dieser jägergrünen Stifte in Schule und Kunstunterricht. Vertraute Dinge der Kindheit, die es heute noch immer gibt, wenn auch heute etwas anders und mit der Wortmarke Faber-Castell in Kapitälchen statt wie früher A.W. Faber in Versalien. Die alten Jägergrünen liegen freilich noch in mancher westdeutschen Schublade, denn ein normal harter Bleistift verbraucht sich oft über Jahrzehnte nicht, wenn man ihn nicht ständig benutzt oder ihn zu Tode spitzt.

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Als Kind besaß sich eine ganze Reihe dieser Bleistifte in mehreren Härtegraden. Ich war schon immer etwas »pen and paper addicted« und mein Vater brachte dieses und jenes aus dem Büro mit. Ein paar Mal bekam ich auch eine leere Blechschachtel, in der es damals™ diese besseren Bleistifte in Papier eingeschlagen zu kaufen gab. Die Schachteln lagen wohl schon gute 10 Jahre im Büro, bevor sie endlich leer waren und ich sie bekam. Hervorragend eigneten sich diese Blechschachteln als kleines Stiftetui. Einige davon habe ich später im Studium verschlissen. Man konnte darin sehr gut einen Bleistift, einen Kugelschreiber, Spitzer, Radiergummi und noch zwei Farbstifte aufbewahren. Mindestens eines dieser »Stiftetuis« gibt es noch in meinem Fundus. Das letzte habe ich wohl vor guten 25 Jahren verwendet und hatte es innen mit dem gelben Filzvlies eines Spültuches ausgeschlagen, da mir die Stifte in der Blechschachtel zu sehr klapperten. Das funktionierte prima und sah dazu ganz gut aus.

Nun, warum schreibe ich das alles und was hat es mit der abgebildeten, voll gefüllten Bleistiftschachtel zu tun? Herr Schneck, dessen Blog Miz Kitty letztens umgezogen hat, hat mir diese Schachtel geschickt. Sehr gefreut habe ich mich darüber, hängen doch an diesen jägergrünen Stiften Kindheitserinnerungen. Die gefüllte Schachtel stammt aus dem Stuttgarter Architekturbüro des Vaters und Großvaters von Herrn Schneck. Wissen Sie, was ich jetzt tue? Ich spitze sie nach und nach mit dem hammerschlaggrünen Kurbelanspitzer, ebenfalls von Faber-Castell, Baujahr 1970 und schreibe oder zeichne damit. Echte jägergrüne Analog-Apps. Herzerfreu. Danke, Herr Schneck. Eigentlich haben diese Bleistifte einen Spitzer aus Sterlingsilber mit Clip verdient. Den bestelle ich jetzt. Erklären Sie mich für verrückt ob des Preises. Es ist ein Liebhaberstück und man kann dort nicht nur die mitgelieferten holzfarbenen einstecken.

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…und viel mehr dahinter:

Nicht nur westdeutsche Kindheitserinnerungen bringt die Bleistiftschachtel von Herrn Schneck hervor. Es verbirgt sich jede Menge deutsche Wirtschaftsgeschichte darin.

Da ist zuerst einmal die Marke Faber-Castell. Faber, die Bleistift-Dynastie aus dem fränkischen Ort Stein bei Nürnberg. Seit der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts sind Bleistiftmacher dort ansässig, allen voran die Fabers, aus deren Familie sich neben »A.W. Faber-Castell« die Unternehmen »Johann Faber« und, heute noch sehr bekannt, »Eberhard Faber« entwickelten. Nürnberg und Bleistifte, das scheint zusammen zu passen. Auch Staedler kommt aus Nürnberg, Sie wissen schon: die blauen Bleistifte mit dem schwarzen Kopf.

Weiter steckt Wirtschaftsgeschichte vergangener Zeiten in den jägergrünen Bleistiften: Von den Anfängen der Faber’schen Bleistiftproduktion im langsam beginnenden industriellen Zeitalter über den erfolgreichen Lothar Faber, einen Macher, der die Marke »A.W. Faber«, mit den Initialen seines Großvaters, prägte und bekannt machte, eine sibirische Graphitmine kaufte und vom bayrischen König Maximilian II geadelt wurde, bis hin zu seiner Enkelin Ottilie. Diese heiratete 1898 den Grafen Alexander zu Castell Rüdenhausen. Er führte die grüne Farbe für die Bleistifte ein, die Farbe seines Regiments. Markenbildung Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Verbindung zwischen neuem Adel und altem Adelsgeschlecht führte zum Namen Faber-Castell, war persönlich jedoch nicht erfolgreich. Ottilie trennte sich nach 20 Ehejahren von ihrem Mann und ließ sich scheiden – äußerst unüblich für diese Zeit. Ausführliches über die Zeit, die Gesellschaft und die Personen können Sie in der Romanbiografie von Asta Scheib über Ottilie von Faber lesen.

Und nicht zuletzt gibt es da den Graf Anton Wolfgang von Faber-Castell, Jahrgang 1941, der dem Unternehmen seit den achtziger Jahren vorsteht und mit Geschick mit der Marke »Graf von Faber-Castell« ein Marktsegment besetzt hat, dass Liebhaber schöner Dinge anspricht, die auch etwas teurer sein dürfen.

Wer Bleistifte nicht wie Türklinken benutzt (sie also täglich gebraucht, aber selten den Unterschied wahrnimmt) und sich für Geschichte und Gesellschaft interessiert, für den lohnt es sich, einmal im Netz über die Faber’sche Bleistiftdynastie zu lesen.

 

 

Gesellschaft

Nimm zwei. Machen Sie sich autark!

Es gibt Dinge, die sind klar wie Kloßbrühe und müssen trotzdem immer wieder gesagt werden. Dazu gehört die Regel, sich niemals von einem Dienstleister abhängig zu machen.

Seit gestern Abend funktioniert das Internet bei uns nur temporär und unzuverlässig. Mal geht es, mal wieder nicht. Offensichtlich gibt es Probleme mit der DSL Verbindung, die nicht an unserem Router liegen, sondern ihre Ursache in der Vermittlungsstelle haben. Ohne Internet ist es unkommod und ich benutze ich gerade mein iPhone als persönlichen Hotspot. Glücklicherweise gibt es hier LTE-Geschwindigkeit und so kann ich ziemlich flott Emails schreiben, etwas twittern und im Netz lesen. Die Ressource DSL-Internet wird damit zumindest nicht zum bestimmenden Element und sorgt nicht für einen Knock Out aus dem www und der digitalen Welt. Nun, den technischen Fehler wird Magenta-Grau morgen wohl behoben haben. Fürs erste, denn irgendwie häufen sich kleine Aussetzer in letzter Zeit. Gut, wenn man da mehr oder weniger autark ist und noch einen zweiten Internetzugang hat, wenn es auch nur ein LTE-Stick oder ein Smartphone ist.

Das Thema lässt sich auf viele andere Bereiche erweitern. Technische Fehler sind insofern harmlos, als dass sie schnell vom jeweiligen Dienstleister korrigiert werden und der zumindest ein Interesse daran hat, dass die Dinge wieder funktionieren (selbst, wenn es manchmal nicht sofort zielführend ist). Schlimmer ist es, wenn die Kommunikation und Chemie aus irgendwelchen Gründen nicht meht stimmt, man sich z.B. um eine Rechnung streitet, Lastschriften geplatzt sind, etc. Schnell kann der Dienstleister seine Leistungen sperren, und zwar alle, die man bei ihm gebucht bzw. abonniert hat — berechtigt oder unberechtigt ist gar keine Frage, denn den Schaden hat man erst einmal selbst. Das gleiche kann übrigens auch passiern, wenn der Dienstleister sich plötzlich insolvent aus dem Wirtschaftleben verabschiedet.

Nimm zwei. Machen Sie sich nicht von einem Dienstleister abhängig.

  • Zwei Girokonten bei verschiedenen Banken — das gilt auch für Finanzanlagen.
  • Zwei Internetzugänge
  • Zwei Webhoster (wer wirklich drauf angewiesen ist)
  • Keine all-in-one-Lösungen bei einem Dienstleister
  • Versicherungen nicht alle bei einer Gesellschaft (vor allem nicht, wenn ggf. die Situation entstehen kann, selbst Ansprüche einklagen zu müssen. Blöd, wenn dann die Rechtsschutz-Versicherung bei der gleichen Gesellschaft ist, die man verklagen möchte).
  • Zwei …

Beliebig lässt sich diese Liste auf alle möglichen Lebensbereiche erweitern. Alle großen Unternehmen haben das längst erkannt und für wichtige Komponenten mehrere Zulieferer. »Alles bei einem« bedeutet oft, dass dieser eine eben schnell den Hahn zudrehen kann. Und dann geht plötzlich nicht nur das Handy nicht mehr, sondern Festnetz, Internet und Webhosting ebenso nicht mehr.

Nimm zwei. Machen Sie sich autark!

 

Der Tag im Bild

TO GO & TO DO

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In eigener Sache: 

to go & to do: Eine neue Rubrik der Netznotizen.

Die Stammleser, die mich schon länger als @GrafTypo kennen, können sich vielleicht noch an GrafTypo’s Empfehlungen erinnern, ein kleines Projekt, das ich vor mehr als drei Jahren gestartet hatte. Jede Woche gab es 10 Tipps aus unterschiedlichen Bereichen, was man in Berlin machen kann, bzw. wohin man ausgehen kann, manchmal Mainstream, manchmal sehr weit weg davon. Das Projekt hatte ich Smartphone-orientiert und minimalistisch aufgesetzt. Die Resonanz war für meinen damaligen Bekanntheitsgrad ganz gut. Insgesamt keine schlechte Idee, nur gingen mir irgendwann die Tipps aus, und eine Woche schien immer schneller vorbei zu sein. So ließ ich GrafTypo’s Empfehlungen schleifen, allerdings auch aus anderen Gründen. Weil die Tipps nichts mit Typo zu tun hatten, war der Name etwas irreführend und Berlin to go & to do sollte ein Nachfolgeprojekt werden, das jedoch nie an den Start ging. Warum auch ein singuläres Empfehlungs-Projekt, wo es zig Social Media-Communities gibt, die genau das machen, damals noch Qype und heute allen voran Yelp. Klar, da war die minimalistische Idee mit der Beschränkung auf 10 und nicht mehr Tipps, aber das war’s dann auch schon.

So richtig war das Thema to go & to do jedoch nie vom Tisch. Jetzt ist es eine Rubrik der Netznotizen. Keine Regelmäßigkeit mehr, keine 10 Tipps pro Woche, sondern in unregelmäßigen Abständen Beiträge und Reviews mit individuellen Empfehlungen. Dinge, die mir gefallen und die auch meinen Lesern gefallen könnten – und genauso Dinge, die mir und vermutlich auch meinen Lesern nicht gefallen.

Ähnlich wie »kurz berichtet« erscheinen die Beiträge der neuen Rubrik »to go & to do« nicht auf der Hauptseite der Netznotizen, sondern sind über das Menü und über die rechte Spalte aufrufbar. Der Pilot-Beitrag über den Mitte Stylewalk erscheint ausnahmsweise auf der Hauptseite.

Seien Sie also gespannt auf meine Tipps und Reviews aus der Hauptstadt, und schauen Sie in der neuen Rubrik Berlin to go & to do ab und zu vorbei.

Gesellschaft

Blogger Relations Kodex

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Unabhängig – überparteilich – konfessionell nicht gebunden

So stand es als Untertitel auf den Lokalzeitungen in meiner Kindheit. Was unabhängig an sich bedeutet, wusste ich als Schulkind bereits, was eine Partei ist ebenso und auch, das konfessionell die Bedeutung von evangelisch oder katholisch hat. Nur, was hatte das mit einer Tageszeitung zu tun, da standen doch Nachrichten drin, Todesanzeigen, die meiner Großmutter las und eigentlich ziemlich wenig über Parteien. Was bedeutete also unabhängig, überparteilich und konfessionell nicht gebunden?

Einer der Erwachsenen hat es mir damals erklärt. Die Journalisten, die in der Zeitung schreiben, bekämen kein Geld dafür, dass sie ganz bestimmte Sachen schreiben oder sogar für Geld bewusst falsche Informationen schreiben würden. Sie wären unabhängig in dem, was sie schreiben. Mit überparteilich und konfessionell nicht gebunden habe es auf sich, dass Zeitungen früher oft das Sprachrohr von Parteien gewesen sein und deren Meinung als die einzig richtige verkündet hätten; außerdem gebe es Zeitungen, die der Meinung der Kirche besonders nach ständen und bestimmte Informationen so veröffentlichten, dass sie zur Meinung der evangelischen oder katholischen Kirche passten, z.B., auch indem einfach Informationen weggelassen würden. Eine Zeitung mit dem eingangs genannten Anspruch wäre jedoch von allem unabhängig. Mein kindlicher Wissensdurst war befriedigt. Vor allem die Aussage, dass man in einer Zeitung gar nicht lügen, also gezielt Falschinformationen verbreiten muss, sondern dass es reicht, durch einfaches Weglassen oder Übertreiben von Einzelheiten eine bestimmte Meinung bei den Lesern zu erzeugen, dass beeindruckte mich nachhaltig.

Die Geschichte der nächsten 40 Jahre kennen Sie: Boom der Tageszeitungen, das nicht ernst genommene Internet, Blogs, SocialMedia, MobileComputing, etc. Das Ergebnis ist meine Maxime: »Nie war Publishing so einfach wie heute«.

Blogs und Blogger hielt man lange für eine Spezies computerverliebter Menschen, die »irgendetwas ins Internet« schreiben und hat sie als Publisher von Inhalten, die zum Teil recht hohe Reichweiten haben, lange ignoriert. Erst in Zeiten, als der Abstieg der Printmedien unübersehbar ist und als Internetseiten nicht mehr mit gemerkter URL aufgerufen werden, sondern gut und gerne einfach per Suchphrasen via Google, das praktischerweise gleich mit dem URL-Eingabezeile verknüpft ist, erst dann entstand der Hype um Facebook-Likes sowie um Blogs und Blogger. Diese Schnellboote des Publishing, als one-man-show keinem Verleger oder Redakteur verantwortlich, dazu bei Google gut präsent, könnte man sie nicht bewegen, in ihren Texten etwas gezielte PR und Storytelling rund um Marken und Produkte zu machen. Man kann, und viele dieser one-man-shows sind wohl ganz glücklich, dass ab und zu mal ein zu testendes Produkt oder ein paar andere Benefits abfallen.

Das läuft dann so ab, dass ein Gartengerätehersteller plötzlich Blogger mit Gartenblogs im Fokus hat und diejenigen, die einigermaßen gut schreiben und etwas fotografieren können, erhalten den neuen Edelstahlspaten zum Test. Dazu vielleicht noch ein zweites Gartengerät und ein paar Tüten Blumensamen im Welcome-Paket. Den Spaten testet der Blogger, schreibt darüber einen Testbericht inklusive etwas Storytelling und einigen Fotos. Freilich, den Spaten darf er behalten, das Welcome-Paket auch, oder wenn es sich um Tests handelt, wo Produkte im Mittelpunkt stehen, die nicht einfach so verschenkt werden können, gibts vielleicht einen Fuffi oder einen Gutschein. Schon deswegen, weil es ja etwas geschenkt gibt, wird der Blogger zumindest das Produkt nicht komplett negativ darstellen. In den allermeisten Fällen geht diese Rechnung auf. Alle sind happy und es zieht sich durch die Blogs, was für’n tolles Gartengerät dieser Edelstahlspaten doch ist, gleich hinter der Japansäge.

Was ich hier anhand des Gartengerätes erklärt habe, ist im Bereich der Fashionblogs relativ verbreitet und auch das Multicity-Carsharing, über das ich gestern schrieb und das sich inzwischen durch viele Blogs zieht, war so eine Aktion. Freilich, der Blogger bekommt keine Vorgaben, was und wie lang er schreiben soll. Trotzdem ist es natürlich ein schmaler Grat zwischen dem Gefühl, verpflichtet zu sein und dem Wunsch, die Unabhängigkeit zu wahren.

Schnell kann es ganz unbewusst in die Richtung kippen, dass positive Wahrheiten in Verbindung mit dem getesteten Produkt überbetont und negative einfach weggelassen werden. Es würde einen als Hersteller dieses Spatens doch selbst ärgern, wenn der Blogger das Produkt bekommt und sich dann übermäßig negativ dazu äußert – die Sache mit dem geschenkten Gaul und seiner Zahngesundheit. Andererseits mögen es viele Leser ganz und gar nicht, wenn Produkte vorgestellt werden und dieses auf einer Kooperation des Bloggers mit der Marke bzw. dem Produktherstellers beruht. Manchem riecht das zu sehr nach fehlender Unabhängigkeit, wenn klar ist, dass es eine Gegenleistung für den Beitrag gab. Schnell ist der Generalverdacht da, Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit leiden. Ein schmaler Grat, der Fingerspitzengefühl erfordert.

Möchten meine Leser noch meine ernsthaften Ausführungen zu den provinziellen Kleinstädten mit ihrer Mittelmäßigkeit lesen, wenn ich im nächsten Beitrag etwas zu Multicity-Carsharing schreibe, das Ihnen bestimmt nicht das erste Mal in einem Blog begegnet ist und sie mitbekommen haben, dass ich für diesen Text die Registrierung und dreieinhalb Stunden Fahrzeit bekommen habe? Das ist es nicht wert, die Leser meiner Themen zu verlieren. Schwierig, Spagat, bisher schaffe ich ihn.

Auf der anderen Seite nehme ich natürlich gerne Angebote mit, die ich vielleicht selbst so nicht in Anspruch nehmen würde, die jedoch mein Wissen und meinen Horizont erweitern, über die ich vielleicht ohnehin, wenn auch mit anderem Fokus, bald schreiben würde und bei denen ich das Gefühl habe, es lohnt sich generell, sich einmal damit zu befassen.

Und was hat das alles mit dem Blogger Relations Kodex zu tun?

Pony und Blond, eine Agentur in Hamburg, die Kooperationen zwischen Bloggern und Marken bzw. Unternehmen zu ihrem Thema gemacht hat, haben den Blogger Relations Kodex geschaffen. Es geht um die Unabhängigkeit der Blogger, aber auch um generelles Interesse an Kooperationen. Lesen Sie dort. Eigentlich selbstverständliche Dinge, nur in wenigen Sätzen auf den Punkt gebracht.

Dieses auf den Punkt bringen, Visualisieren und Manifestieren in Form eines Badges, den man auf den Seiten des eigenen Blogs platzieren kann, das finde ich eine gute Idee. Erstens hat es für die Leser bzw. Blogbesucher den Vorteil, schnell zu erkennen, dass in diesem Blog auch ab und zu Beiträge erscheinen, denen eine Kooperation mit Marken und Unternehmen zugrunde liegt. Zweitens ist es natürlich ein Signal nach außen, dass grundsätzlich eine Bereitschaft besteht, auch über Dinge zu schreiben, über die man sonst möglicherweise nicht oder in ganz anderem Zusammenhang schreiben würde, die jedoch interessant und beachtenswert sind. Und drittens kann man mit diesem Kodex ganz gut die unbedarften Anfragen kontern, die allen ernstes meinen, man würde für eine geringe Gegenleistung ihre Pressetexte im Blog veröffentlichen.

Schauen wir mal…

wie sich das so entwickelt mit dem Blogger Relations Kodex und ob er eine größere Relevanz in der Bloggeria erreicht. Die Idee ist jedenfalls gut.

Der Tag im Bild

Woche der verpeilten Termine

Die letzte Woche war bei uns, also bei Miz Kitty und mir, eindeutig die Woche der verpeilten Termine, mit einigen anderen Chaos-Einspielungen als Gratiszugabe. Nun, alles nichts schlimmes, im Nachhinein immer amüsant.

Am Montag morgen fuhren wir zum Abbas-Hotel an der Lietzenburger Straße und waren fest davon überzeugt, dass dort die Deutschen Grundstücksauktionen stattfinden würden. Wir hatten uns ein Seegrundstück mit ein paar Ferienlauben darauf angeschaut und wollten jetzt wissen, ob und für wieviel dieses Grundstück einen Liebhaber findet. Miz Kitty schrieb in ihrem Text Schatten und Licht bereits kurz über dieses Grundstück. Auf die Frage, wo es zur Grundstücksauktion geht, sagte die Rezeptionistin: »Ja, aber erst am Donnerstag.«

Neben einem Bloggertest des Multicity-Carsharing mit einem Elektroauto, bei dem gleich bei unserer ersten Fahrt die Code-Karte zum Entriegeln des Fahrzeugs verloren ging, war am Sonntag abend ein Opernbesuch bei angesagt, die Zauberflöte in der Komischen Oper – so dachten wir jedenfalls. Freunde hatten zwei Karten aus gesundheitlichen Gründen zu vergeben, Miz Kittykoma hat sie am Samstagnachmittag abgeholt und für uns beide war klar: Sonntagabend. Aufgehübscht – Kitty wie immer der Eyecatcher schlechthin und ich operngemäß im schwarzem Anzug und mit Fliege – fuhren wir zur Komischen Oper. Den Rest können Sie sich denken: Niemand vor dem Eingang, der Blick auf die Karten, die Vorstellung war Samstag.

Um den angebrochenen Abend fortzusetzen, stehen rund um den Gendarmenmarkt einige Lokale zur Auswahl, das Lutter & Wegner, das Aigner oder die Gendarmerie hatten wir im Visier. Obwohl ich Nummer 1 favorisiere, entschieden wir uns für Nummer 3 und damit richtig falsch. In der Gendarmerie war ich vor mehr als vier Jahren einige Mal einen Absacker trinken und gegessen hatten wir beide noch nicht dort. Also waren wir neugierig, was die Gendarmerie zu bieten hat. Vom Service her war es ein Fehlgriff. Weil wir gerade ein iPhone in der Hand halten, begrüßt uns der Kellner in unserem Operndress mit: »Ah, Generation Facebook…«. Zwei Sterne gab es dafür von mir auf Yelp. Die Bewertung lesen Sie hier.